Iris Berben zu Gast in Wismar

Am 9. Mai liest die engagierte Schauspielerin aus ihrem Buch „Frauen bewegen die Welt“ in der St. Georgen-Kirche …

IBPowerfrau … Vielleicht ist die Bezeichnung zu allgemein, zu oberflächlich, zu abgedroschen. Aber dennoch: Powerfrau passt vor allem auf eine der besten Schauspielerinnen Deutschlands, auf Iris Berben.

Am 9. Mai um 19.30 Uhr wird sie auf Einladung der Buchhandlung Weiland aus Ihr Buch „Frauen bewegen die Welt“ in der Sankt Georgen-Kirche vorstellen, in der KIrche, die kurz vor Ende des 2. Weltkriehes schwer beschädigt wurde, in der DDR dem Verfall preisgegeben wurde und ein Symbol für die wechselvolle Geschichte Wismars ist.

KHier trafen sich während der nationalsozialistischen Diktatur Anhänger der „Bekennenden Kirche“, um gegen das NS-Regime zu opponieren. Im Wende-Herbst 1989/90 gab es hier Friedensgebiete vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs des real existierenden Sozialismus.

Auch das Leben von Iris Berben verlief sehr wechselvoll, stets unangepasst.

Sie gehörte nie zum „Mainstream“ und ließ sich auch nie von anderen vereinnahmen. Sie hechelte nie irgendwelchen Trends hinterher, hatte auch gar keine Ambitionen Trends zu besetzen. Sie bezog jedoch stets eine klare Position, auch wenn sie damit zunächst zu einer Minderheit gehörte.

Nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 reiste sie nach Israel, Heimat für viele Deutsche jüdischen Glaubens, die den Holocaust überlebt hatten. … Zu einer Zeit, in der in der alten Bundesrepublik noch viele NS-Größen in verschiedenen Bereichen herausragende Funktionen inne hatten, und in der DDR ein Unrechtsregime mit Staatssicherheit und einer „Nationalen Volksarmee“ jeglichen Freiheitswillen unterdrückte. In der Antisemitismus mehr als nur unterschwellig Alltag war und der Staat Israel als „imperialistisch, aggressiv“ tituliert wurde.

Der Holocaust, dieser einzigartige Massenmord in der Menschheitsgeschichte, in dem Deutsche – nicht nur, aber vor allem – Deutsche töteten, nur weil sie einer Religion angehörten, die von den nationalsozialistischen Machthabern kriminalisiert wurde, prägte Iris Berben in ihrem gesamten Leben.

Ihr Einsatz gegen Rechtsextremismus, für mehr Gerechtigkeit und Toleranz begründen sich gerade in ihrer Sympathie und Freundschaft zum Staat Israel. „Wo immer schweres Leid über die Menschen gebracht wird, geht es uns alle an. Vergessen wir nie: Wer Unrecht lange gewähren läßt, bahnt dem nächsten den Weg !“, meinte Willy Brand vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der stalnistisch geprägten Staaten 1989/90 und der deutschen Geschichte des 20.Jahrhunderts auch selbstkritisch.

Dieser Satz hätte durchaus auch von Iris Berben stammen können, die trotz schauspielerischer Erfolge, Auszeichnungen ohne Ende, „Glanz und Glamour“, ihren Blick über den Tellerrand hinaus behielt. – Und die in ihren Rollen immer facettenreich, ungemein wandelbar blieb.

Natürlich bleiben Ihre Auftritte in „Zwei himmlische Töchter“ in den 1970ern an der Seite von Ingrid Steeger und in „Sketchup“ an der Seite von Dieter Krebs in besonders nachhaltiger Erinnerung. Damals war „Comedy“ wenigstens noch witzig und intelligent gemacht, regte zum Nachdenken an – im Gegensatz zu den albernen Plattitüden im deutschen TV, ob privat oder öffentlich-rechtlich, anno 2009 …

BuchIm Jahre 1968 hatte Iris Berben in „Die Detektive“ übrigens ihre erste Kino-Rolle – und natürlich sah auch das Auge nicht nur damals doppelt mit. Eine äußerst attraktive Frau, die sogar Ausstrahlung besitzt und drei Sätze fehlerfrei „geradeaus“ sprechen konnte – das war doch in der staubig, gemütlich konservativen Bundesrepublik ein echtes Frische-Erlebnis.

Das Besondere daran, obwohl seitdem 41 Jahre vergingen: Iris Berben veränderte sich – äußerlich – fast überhaupt nicht. Schön, wenn man den „Jungbrunnen“ gefunden hat 😉 Natürlich spielte sie ebenfalls in etwas seichten  Filmen mit. In Filmen, die man sich zwar auch anschaute, vor allem wegen Iris Berben, über die man aber nur sagen konnte: Warum tat sie sich das an ? Brauchte sie das Geld ? Wollte sie sich ausprobieren ? Oder: Wollte sie mal vor den Kameras so richtig Spass haben ?

Nichts gegen „Ach du lieber Harry !“, aber „na ja“ … Wahrscheinlich war 1980 – zwei Jahre vor dem Ende der sozial-liberalen Koalition – aufgrund des Olympiaboykottes in der alten Bundesrepublik nicht all zu viel los ?!

Natürlich passte sie aufgrund ihrer Anmut und ihres Charmes auch in „Das Erbe der Guldenburgs“, aber insgesamt war die Serie zu versnobbt und verschnupfte einige ihrer Fans. Wer wie Iris Berben aussieht, muss natürlich auch in einem insgesamt gelungenen Film wie „Bin ich schön ?!“ mitspielen.

Die Antwort konnte sich die gebürtige Detmolderin, die als „Hamburger Deern“ aufwuchs, ohnehin ja selbst geben, zumal sie 1978  die Auflagen des „Playboy“ und 1987 bzw. 2002 die Auflagen des „Penthouse“-Magazines mit ihren Fotos exorbitant steigern konnte.

Iris Berben spielte jedoch, bei aller Würdigung ihres Äußeren, vor allem ungemein authentisch, mit viel Hingabe und viel Charakter. Ihre besten Rollen hatte sie jedoch gerade in den letzten vier Jahren, ob in „Die Mauer – Berlin ’61“, als Kommissarin Rosa Roth, die sie bereits seit 1994 mit viel Feingefühl und Charakterstärke spielt, im Dreiteiler „Der Tag wird kommen“, in „Frühstück mit einer Unbekannten“, in „Duell in der Nacht“, in „Der russische Geliebte“, in „Buddenbrooks“ oder in „Krupp – eine deutsche Familie“. – Zweifellos eine subjektive Auswahl, was aber nichts an den großartigen schauspielerischen Leistungen der Iris Berben dort ändert.

Emotional besonders nachhaltig bleiben ihre gegenüberstellenden Lesungen aus den Tagebüchern von Anne Frank und Joseph Goebbels im Jahr 2002 in Erinnerung. Nie konnten Hoffnungen einer Bedrängten (Anne Frank) und die Banalität des Bösen (Joseph Goebbels) eindrucksvoller dargelegt werden.

Iris Berben, die ewig junge und ewig dynamische Frau, die neugierig bleibt, trotz ihrer endlosen Erfahrungen, und immer noch viel Kraft für neue schauspielerische Herausforderungen hat, ist nun zu Gast in der Hanse- und Weltkulturerbe-Stadt.

K… Frauen sollen ja angeblich – hinsichtlich der „Artgenossinnen“ – ziemlich zickig sein: Die „Stutenbissigkeit“ untereinander ist ja legendär. Aber auch Iris Berben steht hier gegen den „Strom altkluger Weisheiten“.

In ihrem Buch „Frauen bewegen die Welt“ stellt sie 24 Porträts nur vermeintlich unbekannter Frauen vor, die sich in ungewöhnlicher Weise um das Gemeinwohl verdient machten. Die nicht – im Gegensatz z.B. zu Iris Berben – im „Blitzlicht-Gewitter“ der Kameras stehen, aber jede Aufmerksamkeit und jede Unterstützung verdient haben.

Aber glücklicherweise hat sich Iris Berben ihren „Blick über den schauspielerischen Tellerrand“ nach wie vor erhalten …

Das wird sie auch am 9.Mai in Wismar zeigen !

M.Michels

_

SBNicht zu vergessen: Am 9. Mai findet von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr auf dem historischen Marktplatz in Wismar ein „Festival der Demokratie“ statt, auf dem sich Vereine, Verbände bzw. Fraktionen Wismars sowie Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider den Fragen der Bürgerinnen und Bürger stellen sowie eine klare Stellung gegen jede Form von politischen Extremismus beziehen werden. mm

F.: Veranstalter (2), M.M. (2), Landtag (1)