Interview Online-Magazin „Schwerin-News“ mit Regine Lück, MdL, DIE LINKE

Das Interview mit Regine Lück zur Hartz-IV-Ptoblematik führte Marco Michels1. Fühlen Sie sich, als bisherige Kritikerin der Hartz-IV-Regelsatzhöhe, vollends bestätigt? Wie hoch müsste aus Ihrer Sicht die Höhe der Regelsätze sein?

Ja, ich fühle mich in meiner Kritik durch das Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 zu den Hartz-IV-Regelsätzen bestätigt. Ich gehe davon aus, dass die Regelsätze sowohl für Kinder als auch für Jugendliche und Erwachsene angehoben werden müssen, denn die willkürlichen Streichungen und Kürzungen wurden bei den Erwachsenen vorgenommen und neben dem physischen Existenzminimum muss nach dem Urteil durch die Regelsätze auch ein Mindestmaß an gesellschaftlicher, kultureller und politischer Teilhabe gesichert werden. Im Übrigen hat das BVerG auch festgestellt, dass das Existenzminimum nicht sanktioniert werden darf. Wir fordern sofort 435 Euro als Regelsatz für Erwachsene und 500 Euro mittelfristig; beides plus Kosten der Unterkunft. Insgesamt ist eine bedarfsdeckende, sanktionsfreie Mindestsicherung notwendig.

2. Bleibt es aus Sicht der Linkspartei dabei: „Hartz IV muss weg!“?

Auch auf diese Frage ein klares  „Ja“, Hartz-IV muss weg, muss überwunden werden und mit ihm der politische Ansatz, den Niedriglohnsektor auf Kosten des Staates, also der Steuerzahler, und auf dem Rücken der Beschäftigten wie der Arbeitslosen auszuweiten und zu pflegen. Neben den jährlich vielen 100.000 Widersprüchen und Klagen haben wir nun schon zwei höchstrichterliche Urteile, die Hartz-IV in entscheidenden Elementen als grundgesetzwidrig eingestuft haben: die Arbeitsgemeinschaften und die Regelsätze. Hartz IV hat zur Lösung der Probleme des Sozialstaates nichts beigetragen, sondern diese verschleppt und damit verschärft. Also, es bleibt dabei: Hartz IV muss weg!

3. Wie beurteilen Sie die Situation auf dem Arbeitsmarkt – vor dem Hintergrund von „Hartz IV“?

Fest steht, wir haben ein Fachkräfteproblem. Das hat seine Ursachen in einer zu hohen Zahl von Schul- und Ausbildungsabbrechern, in schlechter Bezahlung und zu hoher Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit. Aus all dem resultiert eine zu hohe Abwanderung und das alles über Jahre hinweg. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise kommt hinzu, die Werften sind in Gefahr. Niedriglohn und 1-Euro-Jobs sind keine Lösung, sie bieten keine Perspektive.

4. Welche Perspektive sehen Sie – arbeitsmarktpolitisch – für Mecklenburg-Vorpommern?

Neben besseren Kitas und Schulen brauchen wir Arbeit für alle, die arbeiten wollen. Wir müssen die Jugend des Landes besser fördern und denen, die zu uns kommen, den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Wir brauchen eine gezielte Unterstützung der Klein- und Mittelständischen Unternehmen, einen gesetzlichen Mindestlohn und einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS). Große Firmen werden nicht nach M-V kommen, aber durch die technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit rückt die Welt näher. Neben dem Tourismus, der Land- und der Nahrungsgüter- sowie der Gesundheitswirtschaft bleiben die Universitäten, der öffentliche Dienst und die Daseinsvorsorge wichtige wirtschaftliche Standbeine für unser Bundesland – und darüber hinaus brauchen wir viele innovative Ideen.