Interview mit dem Manager der Wismarer TSG-Handball-Damen, Klaus-Dieter Soldat

Die TSG-Handball-Damen wollen die Klasse in der zweiten Bundesliga halten …

Was im September mit zwei Siegen gegen Oyten und Harrislee – nach dem plötzlichen Trainerinnen-Wechsel – in der handballsportlichen Welt-Kultur-Erbe-Stadt so hoffnungsvoll begann, entwickelte sich leider bis zum 13.Spieltag alles andere als optimal weiter. Im Lokal-Derby gegen den Rostocker gab es nun zu Hause vor 1300 Zuschauern eine 23:25 Niederlage, nachdem die TSG bereits im Hinspiel in Rostock mit 27:28 unterlag. Die 23:25-Heimniederlage am 16.Januar war die siebente Niederlage der Saison. Mit 11:13 Punkten und 341:369 Toren orientiert sich Wismar eher nach unten als nach oben.

Nachgefragt beim Team-Manager Klaus-Dieter Soldat …

„Wir werden die Klasse halten !“

Frage: Herr Soldat, die TSG hatte einen guten Start in die zweite Bundesliga im September des vergangenen Jahres. Zuvor war das Team ein Jahr in der Regionalliga. Aus Ihrer Sicht: Was sind die Gründe für die nicht gerade gute sportliche Situation bei der TSG ?

Klaus Dieter SoldatKlaus-Dieter Soldat: Wenn diese bekannt wären, würden wir sie sofort abstellen. Aber fest steht, die Mannschaft verfügt über ein gutes sportliches Potenzial, kann dieses aber nur bedingt abrufen. Es gelingt ganz einfach zu wenig, über 60 Minuten konstante Leistungen zu erbringen, um die Erfolgsquote zu erhöhen. Spiele wie in Oyten oder Magdeburg beweisen eigentlich, dass wir sportlich mehr drauf haben. Dazu gehören aber Kontinuität, die wir trotz der erfreulichen Integration des eigenen Nachwuchses in das erste Team vermissen lassen.

Frage: Die personelle Situation, das ungünstige wirtschaftliche Umfeld, stellt sich für die TSG sicherlich schwierig dar. Viele Spielerinnen befinden sich neben ihrer handballsportlichen Verpflichtungen in der Ausbildung/im Studium oder sind beruflich oder zudem familiär gefordert. Nicht gerade förderlich für die Gesundheit … Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Situation Ihrer Spielerinnen ?

TSG-SpielerinnenKlaus-Dieter Soldat:
Wir sind personell sicherlich nicht übermäßig, aber ausreichend ausgestattet. Die Spielerinnen haben allesamt ihren Alltag in der Schule, in der Ausbildung, im Studium oder im Betrieb zu erbringen. Insofern machen sie den Sport als Hobby, und dieses erfordert größten Respekt. Die Mannschaft ist alters- und leistungsmäßig so aufgestellt, dass die zweite Bundesliga erfolgreich gestaltet werden kann und sie verkraftet diese Belastung auch. Deshalb stehen uns auch die Sponsoren, die Hansestadt Wismar nach wie vor treu zur Seite.

Frage: Vor dem wirtschaftlichen Hintergrund … Welche sportlichen Ambitionen kann die TSG Wismar hegen? Wird nur der Klassenerhalt in der zweiten Bundesliga für lange Zeit das Thema sein ?

Klaus-Dieter Soldat:
Natürlich wollen wir die Klasse halten, um nächstes Jahr die Qualifikation um die eingleisige zweite Bundesliga in Angriff zu nehmen. Wir sind es unserem Verein, unserer Hansestadt mit ihren vielen am Handball interessierten Einwohnern sowie den unterstützenden Firmen, Personen und sonstigen Sponsoren schuldig. Aber auch die Vorbildwirkung innerhalb des Vereins ist wichtig – für den Kinder- und Jugendsport ohnehin generell.

Frage: Mascha Bratenkowa übernahm zu Saisonbeginn relativ kurzfristig das Trainerinnen Ruder. Wie schätzen Sie Maschas Arbeit ein ? Welche Spielerinnen haben aus Ihrer Sicht in der Saison 2009/10, die bislang durchwachsen verlief, dennoch maßgeblich überzeugt ?

TSG-Trainerin Mascha Bratenkowa und die TSG-MädelsKlaus-Dieter Soldat: Mascha hat die Aufgabe als eine dem Handballsport verbundene Vereinsverantwortliche übernommen. Nach ihrer aktiven Laufbahn war diese Entwicklung konzeptionell entsprechend vorgesehen. Sie hat über viele Jahre erfolgreich das Torwart-Training im Verein geleitet und auch zwei Jahre als Spieler-Trainerin die Bundesligafrauen schon geführt.
Insofern war die kurzfristige Verpflichtung als Trainerin nach dem Verzicht von Diana Sperling die eigentliche Schwierigkeit. Sie ist mit viel Engagement und Fleiß dabei. Allerdings fehlen gegenwärtig die Früchte dieser Arbeit, die sich aber einstellen werden.
Das Vertrauen der TSG-Verantwortlichen ist jedenfalls uneingeschränkt.

Frage:
Frauen-Handball ist in Deutschland nicht unbedingt ein Zuschauer-Magnet. Die deutschen Damen wurden zuletzt Siebente bei den WM; Weltmeister wurde Russland. Zwei Fragen … Was ist das Erfolgsgeheimnis für die große Zuschauer-Resonanz bei den TSG-Spielen ? Und, über den Wismarer Tellerrand hinaus: Wie ist Ihre Meinung zur Situation des Frauen-Handballsportes in Deutschland ?

TSG-SpielhalleKlaus-Dieter Soldat:
Der Frauen-Handballsport dümpelt wie viele anderen Ballsportarten im Niemandsland. Ist leider einfach so, bei den vielen hoch dotierten Sportangeboten kommt diese Sportart nur im Männerbereich wirksam durch. Leider versäumte unsere Frauen-Nationalmannschaft erneut, diese Schieflage trotz guter Voraussetzungen in China wirkungsvoll aufzupolieren.
In Leipzig, Leverkusen, Oldenburg und Blomberg wird Deutschlands Vereinshandball geprägt. Da kommen in Leipzig schon mal zwischen 3000-5000 Zuschauer.

Wismars gute Zuschauerzahlen entspringen wohl der Wismarer Handball-Tradition. Erfreulich dabei das Generationen übergreifende Interesse, denn nach den erfolgreichen DDR-Zeiten (Oberliga/DDR-Liga) ist Wismar nach wie vor eine gute Adresse. Abgesehen vom einjährigen Regionalliga-Intermezzo sind wir in der Bundesliga (Erst-und Zweitliga) zugehörig. Grundstein hierfür war und ist die solide und gute eigene Nachwuchsarbeit.

Zwei Prognose-Fragen zum Abschluß: Wo sehen Sie die TSG am Saison-Ende ? Und: In Österreich steigt ab 19.Januar die Handball-EM … Wie sind die Chancen der DHB-Auswahl ?!

Klaus-Dieter Soldat: Für TSG Wismar wird Platz 7-9 und damit der Klassenerhalt zum Saisonende zu Buche stehen.
Bei der Männer-EM sind Frankreich und Spanien meine Favoriten. Für Deutschland wäre das Erreichen des Halbfinales ein riesiger Erfolg.

Dann alles erdenklich Gute für die nächsten Spiele ! Auf eine bessere Serie !

Die Fragen stellte:
Marko Michels.

Exkurs: Zur Handball-EM der Herren 2009

Stefan SchröderVom 19. bis 31.Januar finden Handball-Europameisterschaften der Herren in Österreich statt. Die DHB-Auswahl unter Bundestrainer Heiner Brand und mit dem gebürtigen Schweriner Stefan Schröder, der sich im Auftaktspiel gegen Polen verletzte, trifft in der Vorrunden-Gruppe C in Innsbruck auf Schweden, Polen und Slowenien. Für Heiner Brand wäre dabei ein Medaillengewinn Grund zur Zufriedenheit. Aber die Konkurrenz ist stark: In der Gruppe A spielen Kroatien, Russland, Norwegen und die Ukraine, in der Gruppe B treffen Österreich, Island, Dänemark und Serbien aufeinander in der Gruppe D wird es die Begegnungen zwischen Frankreich, Spanien, Ungarn und Tschechien geben. Die ersten Drei jeder Gruppe kommen weiter. Läuft für Deutschland alles nach Plan könnten in der Hauptrunde die Franzosen oder Spanier auf das DHB-Team warten.

Seit 1994 werden Europameisterschaften im Handball, sowohl bei den Damen als auch bei den Herren, ausgetragen. Rekord-Europameister bei den Herren ist Schweden mit vier Titeln. Russland, Deutschland (2004), Dänemark und Frankreich waren bislang einmal erfolgreich. Bei den Damen sind die Norwegerinnen mit viermal Gold Rekord-Europameisterinnen, gefolgt von Dänemark (dreimal Gold) und Ungarn (einmal Gold). Deutschland wurde bei der Premieren-EM 1994 im eigenen Land hinter Dänemark Vize-Europameister (Die Premieren-EM 1994 bei den Herren gewann übrigens Schweden.). In der damaligen silbernen DHB-Damen-Mannschaft spielte auch die gebürtige Wismarerin Andrea Bölk.

Erste Spiele der DHB-Auswahl: gegen Polen 25:27, gegen Slowenien 34:34

M.M.

Fotos: 1-4: Michels / 5: HSV /mit freundl.Genehmigung