Im Mittelpunkt Short Track

Nachgefragt bei Olympionikin Anna Seidel

Short Track, der Kurzbahn-Eisschnelllauf, ist seit einem Vierteljahrhundert ein Bestandteil Olympischer Winterspiele. In Calgary 1988 noch olympisch demonstriert, wurde Short Track 1992 in Albertville fester Bestandteil Olympischer Winterspiele.

Die Demonstrationswettbewerbe 1988 in Calgary

In der Max-Bell-Arena in Calgary 1988 hatten die Kurzbahn-Eischnellläuferinnen und – Eisschnellläufer ein Heimspiel, ist der Kurzbahn-Eischnelllauf in Nordamerika ähnlich beliebt wie in China, Korea oder Japan.

Doch der erfolgreichste Teilnehmer in Calgary`88 war ein Brite: Wilfred O`Reilly gewann sowohl über die 500 als auch über die 1000 Meter. Lokal-Matadorin Sylvie Daigle setzte sich über die 1500 Meter durch.

Erfolgreichste Short Track-Nation bei den olympischen Demonstrationswettbewerben wurden jedoch die Niederlande mit 2 x Gold, 2 x Silber und 1 x Bronze vor Großbritannien bzw. Südkorea mit jeweils 2 x Gold, Kanada mit 1 x Gold, 6 x Silber und 3 x Bronze, Italien mit 1 x Gold, 1 x Silber und 2 x Bronze, Japan mit jeweils einmal Gold, Silber und Bronze und China mit einmal Gold und 2 x Bronze. Die Zuschauer-Begeisterung erreichte echte olympische Dimensionen und so sollten die Short Tracker ab 1992 zu „richtigen“ olympischen Ehren gelangen.

Erste offizielle olympische Ehren – Albertville 1992

In Albertville standen erst einmal nur vier Wettbewerbe auf dem Programm – jeweils ein Einzel-Wettbewerb und ein Staffel-Wettbewerb bei den Damen und den Herren. Der Koreaner Kim Ki-Hoon sicherte sich zweimal Gold, das US-Girl Cathy Turner erkämpfte jeweils einmal Gold und Silber. Im Damen-Staffel-Wettbewerb triumphierte Kanada mit der 1988er Siegerin Sylvie Daigle.

Zwischen Lillehammer 1994 und Nagano 1998

In Lillehammer 1994 wurde das Short Track-Programm um weitere zwei Entscheidungen erweitert. Erfolgreichste Nation wurde Südkorea mit 4 x Gold, 1 x Silber und 1 x Bronze, vor den USA (1-1-2) und Italien (1-1-0). Die Kanadierin Sylvie Daigle konnte mit der kanadischen Staffel noch einmal Silber gewinnen.

Im japanischen Nagano 1998 nahmen nicht nur Arian Nachbar, Anne Eckner und Katrin Weber vom ESV Turbine Rostock teil, es gab auch zwei Welt- und sechs olympische Rekorde. Erneut war Südkorea erfolgreichste Nation mit 3 x Gold, 1 x Silber und 2 x Bronze, aber auch Kanada konnte mit 2 x Gold und 2 x Bronze mehr als zufrieden sein. Je einmal Gold und Bronze ging an das Gastgeberland.

Die 2000er Jahre – Von Salt Lake City über Turin bis Vancouver

In Salt Lake City 2002 startete dann ein Rostocker Quartett: Arian Nachbar, Ulrike Lehmann, Aika Klein und Andre Hartwig. Trainerin Karin Schmidt und ihr Team beim ESV Turbine Rostock leisten eben seit Jahren an der Ostseeküste ausgezeichnete Arbeit! Medaillen gab es zwar nicht, aber gute Platzierungen … Edelmetall sicherten sich vor allem die Olympionikinnen und Olympioniken aus Ostasien und Nordamerika.

China war in Salt Lake City mit 2 x Gold, 2 x Silber und 3 x Bronze die erfolgreichste Short Track Nation. Über zweimal Gold jubelten ebenfalls die Südkoreaner und Kanadier. Apolo Anton Ohno aus den USA gewann die 1500 Meter. Bei einem Massensturz der Favoriten aus Korea, den USA und Kanada war seinerzeit Australiens Steve Bradbury der glückliche Profiteur, der damit das erste olympische Wintersport-Gold für „Down Under“ holte.

Bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin gab es gleich zwei Drachfach-Sieger. Während Jin Sun-yu aus Südkorea Erste über 1000 Meter, 1500 Meter und in der Staffel wurde, erkämpfte  ihr Landsmann neben seinen Goldmedaillen über 1000 Meter, 1500 Meter und in der Staffel noch einmal Bronze über 500 Meter erkämpfen. Die restlichen beiden Goldmedaillen gehen an China (Wang Meng – 500 Meter) und die USA (Apolo Anton Ohno – 500 Meter).

Erneut nahmen mit Aika Klein, Arian Nachbar sowie mit Andre Hartwig Rostocker Athletinnen und Athleten an den olympischen Wettbewerben teil.

Sehr erfolgreich bei den vorerst letzten Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver waren erneut die Südkoreanerinnen und Südkoreaner. Für sie gab es mit Abstand die meisten Medaillen – mit 2 x Gold, 4 x Silber, 2 x Bronze. China holte allerdings sogar 4 x Gold und Kanada sicherte sich 2 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze. Medaillen vom olympischen Short Track-Eis „schürften“ 2010 ebenfalls die USA mit 2 x Silber, 4 x Bronze und Italien mit 1 x Bronze.

Die besten Athletinnen und Athleten im Kurzbahn-Eisschnelllauf waren vor vier Jahren indes die Chinesin Wang Mang mit dreimal Gold über die 500 Meter, 1000 Meter und mit der Staffel, Zhou Yang (auch China) mit Gold über die 1500 Meter und mit der Staffel bei den Frauen bzw. der Südkoreaner Lee Jung-su mit Gold über 1000 Meter sowie 1500 Meter (dazu Silber mit der Staffel) und der Kanadier Charles Hamelin mit Gold über die 500 Meter und mit der Staffel.

Aika Klein vom ESV Turbine Rostock erlebte in Vancouver ihre dritten Olympischen Winterspiele und war dort die einzige Sportlerin aus einem MV-Verein.

Nun sind auch die Short Track-Blicke nach Sotschi, zu den 22.Olympischen Winterspielen, gerichtet. Erstmals seit 20 Jahren ist damit wohl keine Athletin bzw. kein Athlet vom ESV Turbine Rostock sowie aus einem anderen MV-Verein bei den Winterspielen dabei.

Deutsche Hoffnungen bei den olympischen Wettbewerben im Short Track gibt es dennoch – nur wird dieses Mal anscheinend  nur Dresden die deutschen Farben im Short Track in Sotschi vertreten.

Überraschend qualifizierte sich dabei die erst fünfzehnjährige Anna Seidel vom Dresdner EV für die Winterspiele 2014. Anna war schon Dritte beim Europacup 2013, deutsche Junioren-Meisterin 2013 und löste ihr Olympia-Ticket dank eines sechsten Platzes beim Weltcup im russischen Kolomna Mitte November.

Nach den EM und WM 2013 ist vor Winter-Olympia 2014

Spannend wird es bei den olympischen Short Track-Wettbewerben in Sotschi im Februar 2014 allemal. Die russischen Läuferinnen und Läufer könnten vor heimischem Publikum durchaus für einige Überraschungen sorgen. Auch Kanada wird sich der südkoreanisch-chinesischen Dominanz entgegen stemmen. Und auch Italien, die Niederlande, Italien und die USA wollen natürlich Short Track-Edelmetall in der russischen Olympiastadt.

Bei den letzten Europameisterschaften im Januar 2013 in Malmö setzten sich im Mehrkampf der Niederländer Freek Van der Wart bei den Herren und die Italienerin Arianna Fontana bei den Frauen durch.

Bei den Weltmeisterschaften im März 2013 in Debrecen waren hingegen wieder die „Großen Drei“, insbesondere Südkorea und China, sowie Kanada die Top-Nationen. An Südkorea ging 13 x Edelmetall, davon 6 x Gold, an China 6 x Edelmetall, davon 5 x Gold, und an Kanada 8 x Edelmetall, davon 1 x Gold. WM-Medaillen 2013 erkämpften ebenfalls die Niederlande, Russland, Japan und Großbritannien.

Im Frauen-Mehrkampf war die Chinesin Wang Meng die Beste, die auch Gold über die 500 Meter, die 1000 Meter und mit der Staffel gewann. Der Südkoreaner Sin Da-Woon war hingegen im Herren-Mehrkampf nicht zu schlagen – siegreich blieb er außerdem über 1000 Meter und 1500 Meter.

Das ist allerdings alles Short Track-Historie – in Sotschi werden „die Karten“ auch im Kurzbahn-Eisschnelllaufen neu „gemischt“!

Nachgefragt bei Anna Seidel vom Dresdner EV

Anna über ihren Wettkampf beim Weltcup in Kolomna, ihre Begeisterung für Short Track, die weitere olympische Vorbereitung, ihre Ziele für Sotschi und ihre Wettkämpfe in Rostock

„Ich gab mein Bestes und hatte auch das notwendige Glück …“

Frage: Anna, Deine Short Track-Karriere verläuft ja imponierend. Gerade noch über den Junioren-Meistertitel gejubelt, konntest Du beim Weltcup in Kolomna überraschen. Wie lief der Wettkampf aus Deiner Sicht?

Anna Seidel: Ich fühlte mich sehr fit und konnte unbeschwert in den Wettkampf gehen, da niemand etwas von mir erwartete.

Eine Australierin überholte mich unfair, bekam eine Strafe und ich wurde in das Halbfinale über die 1500 Meter gesetzt. Dort hatte ich das Glück, dass gleich drei Sportlerinnen vor mir stürzten und ich somit Zweite wurde, was bedeutete, dass ich im A-Finale war.

Und das Erreichen dieses Finales war das Qualifikationskriterium für einen Startplatz bei den Olympischen Spielen 2014. Ich habe einfach mein Bestes gegeben und in diesem Lauf war das Glück, was im Short Track auch dazu gehört, auf meiner Seite.

Frage: Wie sieht nun Deine Vorbereitung auf Sotschi aus? Einfach wird es sicher nicht – Du bist ja noch Schülerin …

Anna Seidel: Ich trainiere weiter wie bisher bei meinem Junioren-Trainer. Klar ist es nicht immer einfach, Schule und Sport unter einen Hut zu bringen, aber gerade meine Schulleiterin Frau Becker und meine Lehrer unterstützen mich hier sehr und zeigen außerdem sehr viel Verständnis.

Frage: Eigentlich bist Du „gelernte Leichtathletin“ und bist dann zum Short Track gewechselt. Wie kam es dazu?

Anna Seidel: Nachdem mein Bruder, der damals Eiskunstlauf trainierte, vom Eis kam, gingen die Short Tracker auf die Bahn. Meine Mutter wusste, dass mir Leichtathletik nicht mehr so viel Spaß machte.

Also schlug sie vor,  einfach mal Short Track auszuprobieren, weil da auch alle ziemlich klein und dünn aussahen. Nach ein paar Trainingseinheiten kam ich dann einfach nicht mehr weg vom Eis.

Frage: Welche Hoffnungen verbindest Du nun mit den Winterspielen 2014? Worauf freust Du Dich schon besonders?

Anna Seidel: Ich versuche einfach wieder, mein Bestes zu geben, so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln und das gesamte Feeling dort zu genießen! Ich freue mich schon sehr, im Olympischen Dorf zu wohnen und andere Teilnehmer kennen zu lernen.

Letzte Frage: Neben Dresden und Mainz ist ja auch Rostock eine deutsche Hochburg des Short Tracks. Bist Du dort auch schon bei Wettkämpfen gestartet?

Anna Seidel: Natürlich war ich gerade bei Junioren-Wettkämpfen oft in Rostock. Egal, ob beim traditionellen Hanse-Cup oder bei anderen Wettkämpfen. Gerade die Sportler aus Dresden und Rostock haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander.

Vielen Dank! Alles erdenklich Gute bei der weiteren Vorbereitung auf Sotschi und dann bei den olympischen Wettkämpfen 2014. Auch M-V drückt ganz fest die Daumen!

… Übrigens: Neben den olympischen Wettkämpfen zwischen 7. und 23.Februar 2014 in Sotschi sind die Short Trackerinnen und Short Tracker ebenfalls bei den Europameisterschaften vom 16. bis 18.Januar 2014 in Dresden und bei den Weltmeisterschaften vom 14. bis 16.März in Montreal gefordert.

Marko Michels