Im Fokus – Die IPC-Leichtathletik-WM 2011

Medaillen für Jana Schmidt vom 1. LAV Rostock und die gebürtige Schwerinerin Vanessa Low

IPC-Leichtathletik-WM (IPC = Internationales Paralympisches Komitee  Anm. d. Red.) für Athletinnen sowie Athleten mit Handicap in Christchurch/Neuseeland: Erst gewann die gebürtige Ueckermünderin Marianne Buggenhagen, ihre 50. internationale Medaille im Diskuswerfen. Dann zeigten Jana Schmidt vom 1. LAV Rostock, von Ines Müller trainiert, und die gebürtige Schwerinerin Vanessa Low über 100 Meter ihre Klasse: Jana holte mit deutschem Rekord Silber, Vanessa erkämpfte Bronze.

Dazu der Vizepräsident für Leistungssport des VBRS M-V, Jenns Golzow

„Sie freut sich riesig …“

Frage: Jana Schmidt vom 1. LAV Rostock erkämpfte Überraschungssilber bei den WM in Neuseeland. Was zeichnet aus Ihrer Sicht Jana aus?

Jenns Golzow: Sie ist auf den Punkt konzentriert und hat durch ihre Erfahrung auch das normale Lampenfieber gut im Griff. Sie konnte sich gut auf diesen Wettkampfhöhepunkt gemeinsam mit ihrer Trainerin, Ines Müller, vorbereiten und das zahlt sich jetzt mit diesen hervorragenden Leistungen aus. Ich weiß, dass sie sich persönlich riesig darüber freut. Meinen herzlichen Glückwunsch!

Frage: Wie beurteilen Sie den Verlauf der WM aus der Ferne? Es gab ja schon einiges Edelmetall für Deutschland.

Jenns Golzow: Das sind sehr schöne Ergebnisse für das deutsche Team. Dass der Start so gut gelungen ist, ist wichtig und hat das Team beflügelt. Die Ergebnisse in den vergangenen Tagen zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind, nicht nur in Deutschland, sondern auch in M-V. Die Arbeit ist aber nicht beendet. Im Vergleich zu anderen Nationen sind wir noch nicht so weit, in der Nationenwertung ganz oben zu stehen. Der derzeitige achte Platz ist toll.

Frage
: Jana war ja bereits bei den Paralympics 2008 dabei und strebt auch London  2012 an. Welche weiteren Athleten aus M-V könnten bei den Paralympics 2012 ebenfalls starten, haben zumindest „das Zeug“ dazu?

Jenns Golzow: Jana zeigt klasse Leistungen. Natürlich motiviert das auch unseren Nachwuchs. Inwieweit der eine oder andere für die Paralympics in London 2012 in Frage kommt, ist zu diesem Zeitpunkt schwer zu sagen. Auf jeden Fall hat Nick Weihs neben Jana Schmidt von den Leichathleten die größten Chancen. Die Voraussetzungen müssen aber stimmen und jeder vor allem gesund bleiben. Das ist das Wichtigste!

Qualifikationschancen haben natürlich auch die erfolgreichen Judoka, Carmen und Ramona Brussig, der Handicap-Ruderer, Marcus Klemp, der Schwimmer, Torben Schmidtke sowie die Fechterin Zarife Imeri. Außerdem hoffen wir, dass sich noch der eine oder andere Goalball- und Rugbyspieler für das Nationalteam empfehlen wird. Für unsere Dressurreiter könnten erst die Paralympics 2016 interessant werden.

… Starke Vanessa aus Schwerin, für Leverkusen startend

„Du wächst, in dem Du stürzt und wieder aufstehst!“, meinte einst Kees Verkerk, unter anderem 1968 Olympiasieger, 1966 und 1967 Weltmeister sowie 1967 Europameister im Eisschnelllaufen, rückblickend auf seine Karriere, die von Hoch- wie Tiefpunkten gekennzeichnet war. Doch immer wieder kämpfte sich der „fliegende Holländer“ auf dem Eis-Oval zurück in die Weltspitze. Eine große Leistung. Mit Vorbildwirkung.

Was Kees Verkerk vorlebte und bewies, musste eine gebürtige Schwerinerin unter ungleich schwierigeren Bedingungen im doppelten Sinne schaffen: zurück ins Leben, zurück in den Sport zu finden. Vanessa Low heißt die junge Dame, Jahrgang 1990, aus Schwerin, für den TSV Bayer 04 Leverkusen startend und 2009 bereits Weltmeisterin – im Weitsprung mit Weltrekord – und Vize-Weltmeisterin über 100 Meter.

Rückblende: Juni 2006. In Deutschland herrschte eine ausgelassene Stimmung. Ein Sommer-Märchen hielt das Land zwischen Kap Arkona und Bayrischem Wald in Atem. Es war Fußball-WM-Zeit 2006. Ausverkaufte Stadien und ansteckende Begeisterung beim Publiv Viewing. Deutschland stürmte ins Halbfinale, aber Italien wurde Weltmeister.

Von dieser Begeisterung war woanders wenig zu spüren. Ein schwerer Zugunfall veränderte das Leben einer jungen Frau, einer jungen Sportlerin nachhaltig. Nach einem tragischen Zugunfall mußten der damals Sechzehnjährigen beide Beine amputiert werden. Sie lag zwei Monate im Koma. Da, wo andere zerbrochen wären, schöpfte  Vanessa jedoch neuen Mut. Wollte sich und dem Sport treu bleiben – und kämpfte sich zurück.

Eindrucksvoll. Bis hin zum Weltmeistertitel 2009. Eine riesen-große Leistung. Und ein Sportler-Persönlichkeit, vor der man sich nur verneigen kann! Als Zugaben gab es bei den Junioren-WM 2010 noch Gold über 200 Meter und im Weitsprung und Bronze über 100 Meter. Und aktuell – bei den WM in Christchurch – schaffte Vanessa Bronze über 100 Meter und Rang vier im Weitsprung. Großartige Leistungen von Vanessa – auch dank Trainerin Steffi Nerius von der Insel Rügen.

von Marko Michels