Im Fokus: Der Frauen-Handballsport in MV

Zwischen aktuellem Geschehen und Historie

Riesige Freude bei den Handball-Damen des  SV Grün-Weiß Schwerin. Durch ein klares 37:22 (18:9) in der letzten Begegnung in der Ostsee-Spree-Liga der Spielzeit 2016/17 gegen den Rostocker HC stiegen die Schwerinerinnen wieder in die dritte Liga auf.

Vor dem Spiel, das einem echten Finale gleich kam, hatten beide Teams 34 Punkte auf dem Konto, wobei der Rostocker HC das Hinspiel gegen des SV Grün-Weiß Schwerin am 17.Dezember noch knapp mit 30:29 gewonnen hatte.

In der ausverkauften Halle an der Reiferbahn in Schwerin, mit mehr als 400 Zuschauern, dominierten die Schwerinerinnen die Partie von Beginn an.

Das junge Rostocker Team hätte auch bei einem Erfolg in Schwerin auf den Aufstieg in die dritte Liga verzichtet, da nach Ansicht von Trainerin Ute Lemmel die Mannschaft noch weiter reifen muß, um in der dritten Liga erfolgreich bestehen zu können.

Im End-Klassement der Ostsee-Spree-Liga 2016/17 wurde der Rostocker HC Dritter, hinter dem Sieger SV Grün-Weiß Schwerin und dem BFC Preussen. Aus M-V-Sicht wurde der SV Fortuna 50 Neubrandenburg Neunter.

Das Schweriner Team mit Andrea Klasen, Sina Güdokeit, Sophie Huysmann, Lea Schmidtke, Steffi Laas, Kim Dehling, Laura Wichmann, Lisa Slomka, Wendy Künzel, Marie Nawrot, Hannah Jantzen, Eleni Evangelidou, Tini Wolter, Alicia Panzer, Constanze Pötzsch, Hanna Klingenberg, Gina Meinke, Lisa Lorenz und Trainer Tilo Labs feierte den Erfolg ausgelassen und hofft nun auf eine erfolgreiche Saison 2017/18 in der dritten Liga.

Für die TSG Wismar, die in der Staffel Nord der dritten Liga 2016/17 Rang zehn belegten, verlief das Relegationsturnier in Recklinghausen leider nicht sonderlich erfolgreich. Gegen den PSV Recklinghausen gab es ein 21:21 und gegen den TSV Birkenau unterlagen die Wismarerinnen leider klar mit 19:28…

Mittlerweile sind für Frauen-Handball-Vereine aus M-V Plätze in der dritten Liga anscheinend schon das sportliche Maximum…

Das war einmal anders…

WM-Titel für M-V in den 1970ern

Mecklenburg-Vorpommern hat nämlich eine große WM-Tradition im Frauen-Handball, denn der Vergangenheit hatten Mecklenburgerinnen und Vorpommerinnen schon große weltmeisterliche Erfolge feiern können. Zum DDR-Weltmeister-Team 1971 gehörte nämlich auch die gebürtige Rostockerin Hannelore Burosch (SC Empor Rostock).

Vier Jahre später gab es wieder einen Weltmeistertitel für die DDR – mit Ursula Putzier vom SC Empor Rostock, mit der gebürtigen Dresdnerin Eva Paskuy in Diensten des SC Empor Rostock, mit der gebürtigen Perlebergerin Christina Lange, verheiratete Voß, die für den SC Empor Rostock agierte, und wieder mit Hannelore Burosch. In der goldenen weltmeisterlichen DDR-Mannschaft 1978 spielten erneut Hannelore Burosch und Sabine Röther, die gebürtige Rostockerin und Empor-Spielerin.

Auch olympische Medaillen für Rostocker Spielerinnen

Und die Olympia-Medaillen im Frauen-Handball (1976 Silber, 1980 Bronze jeweils für die DDR) wurden auch dank Rostocker Beteiligung errungen. Im silbernen DDR-Team bei Olympia in Montreal 1976 waren Hannelore Burosch, Gabriele Badorek, Eva Paskuy und Christina Voß Leistungsträgerinnen und in der bronzenen DDR-Nationalmannschaft bei Olympia in Moskau 1980 war ebenfalls Sabine Röther dabei.

WM-Gold auch 1993

Vor 24 Jahren, 1993 in Norwegen, konnten das deutsche Team mit drei Mecklenburgerinnen das letzte WM-Frauen-Gold aus deutscher Sicht erobern.

Zur DHB-Auswahl ’93 gehörten seinerzeit die gebürtige Wismarerin Heike Axmann, geborene Dombrowski, von 1983 bis 1990 SC Empor Rostock, die gebürtige Rostockerin Andrea Bölk, geborene Stein, auch von 1983 bis 1990 SC Empor Rostock und die gebürtige Rostockerin Birgit Wagner, verheiratete Peter, bis 1990 ebenfalls beim SC Empor Rostock.

Andrea Bölk schaffte bei den olympischen Frauen-Turnieren 1992 in Barcelona bzw. 1996 in Atlanta mit der DHB-Auswahl zudem die Plätze vier (1992 in Barcelona, zusammen mit Birgit Wagner) und sechs (1996 in Atlanta).

Wie die Mutter so die Tochter…

Deren Tochter Emily, Jahrgang 1998, folgt nun ihrer Mutter… Sie spielte bereits bei den U 19-EM, wurde mit dem Verein Buxtehuder SV Dritter bei der Deutschen Meisterschaft der A-Jugend 2015, hatte ihr Bundesliga-Debüt im September 2014 gegen den HC Leipzig, warf dabei gleich vier Treffer und ist mittlerweile – siehe EM 2016 – auch äußerst erfolgreich im National-Team angekommen.

Von M-V nach Leipzig: Anne Hubinger und Nele Reimer

Beim HC Leipzig spielen gegenwärtig auch zwei M-V-Handballspielerinnen – die gebürtige Ribnitzerin Anne Hubinger, Jahrgang 1993, die einst beim SV Motor Barth mit dem Handballsport begann, und Nele Reimer, Jahrgang 1996, einst Akteurin beim SV Warnemünde, bei Eintracht Rostock und beim Rostocker HC. Anne Hubinger ist seit 2012 Stammspielerin im National-Trikot und wird auch sicherlich eine der Leistungsträgerinnen bei den Frauen-WM im Dezember 2017 in Dutschland sein.

Nele Reimer spielte in der U 17-Jugend-Nationalmannschaft, erkämpfte Bronze beim Jugend-Olympia-Festival und könnte – wie Anne Hubinger und Emily Bölk – auch für die WM 2017 berücksichtigt werden.

Übrigens: Auch eine EM-Medaille im Frauen-Handball gelang mit M-V-Beteiligung. Bei der Heim-EM 1994 wurde die deutsche Auswahl mit den bereits erwähnten Andrea Bölk bzzw. Birgit Wagner und mit der gebürtigen Stralsunderin Silke Fittinger Zweite hinter Dänemark.

Eine Schweriner Handballerin mit Olympia-Gold auf dem Eis-Oval

Eine Handballerin, die bis 1952 bei der Betriebssportgemeinschaft Empor Schwerin spielte, schaffte sogar den Wechsel auf das Eis: Helga Obschernitzki, verheiratete Haase, wurde 1960 bei den Olympischen Winterspielen in Squaw Valley als Mitglied des SC Dynamo Berlin Olympiasiegerin über die 500 Meter und Olympia-Zweite über die 1000 Meter im Eisschnelllaufen.

Und die erste Handball-Nationalspielerin des SC Empor Rostock war Ingrid Lemke, Jahrgang 1937, die 1957 ihr erstes Länderspiel für die DDR-Auswahl bestritt und 1960 mit der gesamtdeutschen Auswahl Dritter bei den Feldhandball-WM hinter Rumänien bzw. Österreich und vor Gastgeber Niederlande wurde.

– Andrea Bölk über ihre Laufbahn und Erfolge…

Über ihre olympischen, weltmeisterlichen und weiteren handballsportlichen Erfahrungen äußerte sich Andrea Bölk, bis 1983 bei der TSG Wismar, dann – wie erwähnt – bis 1990 beim SC Empor Rostock und bis 2000 beim Buxtehuder SV,  im Jahre 2008 wie folgt: „… Olympia ist eine Chance, es ist ein riesiges Glück, wenn man dabei sein kann. Gerade im olympischen Dorf gibt es ein familiäres Miteinander, hier werden die olympischen Ideale und Träume wahrhaft gelebt. Und niemand hat `Star-Allüren`. Wenn es einen `Star` gibt, dann ist es das gesamte Olympia-Team. Ich war damals richtig stolz, Deutschland bei den Olympischen Spielen repräsentieren zu dürfen. Es war ein intensives Gefühl, das unter die Haut ging. Olympische Atmosphäre erleben zu dürfen, ist ganz einfach einmalig. Sowohl in Barcelona 1992 als auch in Atlanta 1996 hat es mir ungemein gefallen – das waren an sich schon besondere Momente.“

…Waren die olympischen und weltmeisterlichen Erfahrungen für Andrea Bölk aber ebenfalls die nachhaltigsten?! Hierzu Andrea Bölk: „Sie werden es kaum glauben, aber ganz nachhaltig und ganz besonders schön war für mich der DDR-Meistertitel mit Rostock 1989. Wir waren damals eine junge Truppe und spielten ganz begeistert Handball. Ja, dieser Triumph bleibt für mich ein ganz besonderer. Das WM-Gold zusammen mit Heike war natürlich auch herausragend ebenso wie der Europapokal-Sieg mit Buxtehude 1994.“

Der Erfolg von 1993 – mit den drei Mecklenburgerinnen – war auch eine weitere Bestätigung für die sehr gute Frauen-Handball-Förderung und die sehr guten Handball-Trainer in M-V. Schön früh wurde ebenfalls Heike Axmann für den Frauen-Handballsport „entdeckt“:  „Ich hatte mich schon als Kind sehr für den Handballsport begeistert. In der 3.Klasse wurde ich dann in der Schule gesichtet und bin dann ab der 4.Klasse ins Trainingszentrum in Wismar eingetreten.“, wie die frühere großartige Handballspielerin in einem Interview ebenfalls 2008 berichtete.

Aber genug zurückgeblickt. Jetzt darf, kann und soll der SV Grün-Weiß Schwerin erst einmal feiern…

Text/Foto: Marko Michels