Im Fokus: der Dorsch

Experten im Dialog über die Zukunft der Ostseefischerei

Das Rostocker Institut für Ostseefischerei der Bundesforschungsanstalt für Fischerei hat für den 20. und 21. Juni 2007 erstmals zum Baltic Fisheries Dialogue Meeting in die Hansestadt eingeladen. Vertreter der Fischerei und der Wissenschaft versuchen gemeinsam, Lösungsansätze für eine nachhaltigere Nutzung der Fischbestände zu erarbeiten. Schwerpunkt des informellen Treffens ist die westliche Ostsee, daher wurden rund 40 Teilnehmer aus, Dänemark, Polen, Schweden und Deutschland erwartet.

Zum Auftakt begrüßte heute Dr. Gerhard Rudolphi, stellvertretender Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern, die Experten und Interessenvertreter der Fischerei. Eingangs stellte er den Gästen die Fischereistruktur des Landes vor und leitete hieraus die Ansprüche an eine künftige Bewirtschaftung von Dorsch, Hering und Co., aber auch wirtschaftlich wichtiger Süß- und Wanderfischarten in den Küstengewässern ab: „In Mecklenburg-Vorpommern dominiert die Kleine Küstenfischerei mit eher bescheidenen Einkommen, aber mit großer Tradition und wichtigen Funktionen im Bereich Tourismus und Landesentwicklung.“

Weil der Dorsch nach Fangmenge und Erlös „Brotfisch“ Nummer Zwei neben dem Hering und für viele Fischer der wichtigste Wirtschaftsfisch sei, engagiere sich Mecklenburg-Vorpommern bereits seit geraumer Zeit für die Erhaltung und Entwicklung des westlichen Ostseebestandes. „Die durch Ostseefischereikommission und Europäische Gemeinschaft entwickelten Bewirtschaftungsinstrumente haben leider nicht die gewünschten Erfolge gezeitigt. Die Bestandsituation gilt als außerhalb sicherer Grenzen und eine Besserung ist nicht in Sicht“, schätzte Dr. Rudolphi die Situation ein.

Stattdessen ufere die Bürokratie immer weiter aus und der Aufwand bei Fischern und Verwaltung stünde – zumindest hier in Mecklenburg-Vorpommern – mittlerweile in keinem Verhältnis mehr zum wirtschaftlichen Gegenwert. „Wir brauchen neue Ansätze für ein nachhaltiges Management in der Zukunft und eine geeignete Strategie für die sicherlich nicht ganz leichte Übergangszeit“, so der Vertreter des Ministeriums, der erst letzten Freitag auf dem Fischereitag in Stralsund mit heimischen Küstenfischern über Dorschfischerei und andere brennende Themen diskutiert hatte.

„Umso wichtiger ist es, dass Wissenschaftler unabhängig von den offiziellen Gremien der EU in Arbeitstreffen wie diesem nach effektiven Lösungen suchen und dabei auch unkonventionelle Wege gehen“, sagte Dr. Rudolphi und erinnerte an das DorschProjekt des Landes. Gestützt auf Besatz mit vorgestreckten Jungdorschen sollte es in die Zukunftsstrategie einer semiaktiven Bewirtschaftung eingebettet werden. „Den Trägern von Besatz- und anderen finanziell aufwändigen Verfahren sollten entsprechende Nutzungsrechte eingeräumt werden. Wer aktiv und nachweislich etwas für den Bestand tut, muss dafür auch belohnt werden“, so der stellvertretende Staatssekretär.

Mecklenburg-Vorpommern wolle sich in den nächsten Jahren forschungsmäßig und finanziell stark engagieren, benötige aber Unterstützung durch die Nachbarländer. Dr. Rudolphi nutzte das Zusammentreffen mit den Experten aus vier Ländern, um hierfür nachdrücklich zu werben.

Der Baltic Fisheries Dialogue will neue Wege der Kooperation und des Bestandsmanagements diskutieren und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Fischerei auf eine breitere Basis stellen. Dabei geht es um Projekte gemeinsamer Forschung, wie die Vermeidung von Beifängen, oder die aktive Teilnahme der Fischerei an der Datenerhebung für wissenschaftliche Analysen. Der Ostseefischereidialog soll ein weiterer Schritt sein, Vertrauen zwischen den Akteuren aufzubauen und der Fischerei gleichzeitig mehr Verantwortung für die genutzte Ressource zu übertragen.

Am 12. Juni 2007 hatte der Fischereiministerrat die Einfühführung eines mehrjährigen Plans für die Bestandsentwicklung des Ostseedorsches beschlossen. Minister Dr. Till Backhaus hatte sich enttäuscht gezeigt, dass die von Mecklenburg-Vorpommern bereits mehrfach unterbreiteten Vorschläge zur Vereinfachung der Regeln und Verbesserung der Effizienz der Bestandsbewirtschaftung erneut nicht aufgegriffen wurden.

Dem Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) zufolge wird der westliche Dorschbestand der Ostsee mittlerweile so stark genutzt, dass ein erhebliches Risiko für eine Beeinträchtigung seines Reproduktionsvermögens besteht. Beim östlichen Dorschbestand sei das Reproduktionsvermögen ohnehin bereits beeinträchtigt; dieser Bestand wird nach Angaben des ICES derzeit nicht nachhaltig befischt.