Hamburg lehnt Olympiabewerbung ab

Knappe Mehrheit gegen Olympia 2024


Nach dem ablehnenden Votum in Hamburg (51,6% Nein- zu 48,4% Ja-Stimmen bei 65,6% Ja- zu 34,4% Nein-Stimmen in Kiel) zur Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Hamburg und Kiel wird die Bewerbungsgesellschaft ihre Aktivitäten einstellen.
Dies kündigte der Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft, Nikolas Hill, am Sonntag an.

„Die Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Kiel haben abgestimmt – das Ergebnis könnte unterschiedlicher nicht sein. Das Ergebnis ist bitter für uns, aber als demokratische Entscheidung schlicht zu akzeptieren. Es ist deshalb klar: Ohne die mehrheitliche Unterstützung der Hamburgerinnen und Hamburger werden wir die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 nicht in unsere Stadt holen. Wir haben immer gesagt, dass die Bewerbung nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie von den Bürgerinnen und Bürgern wirklich gewollt ist und unterstützt wird“, sagt Nikolas Hill.

„Wir danken den Kielerinnen und Kielern für ihr „Ja“ und bedauern, nicht für sie ins Rennen um die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 gehen zu können. Das Referendum fand in einer für den Sport und für die ganze Gesellschaft außerordentlichen Situation statt, aber damit mussten und müssen wir leben, und es bleibt dabei:

Wir akzeptieren ohne Wenn und Aber, dass die Mehrheit derzeit keine Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele will. Schon die erste Phase der Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele hat in Hamburg und Kiel viel bewegt: von einer deutlich gestiegenen internationalen Bekanntheit der beiden Städte bis hin zur Stadtentwicklung und der Stärkung des Sports – es wurde eine Vision geschaffen, von der hoffentlich künftig noch profitiert werden kann. Nun kommt es darauf an, die Stadt Hamburg und den Sport auch ohne die Aussicht auf Olympische Spiele zu entwickeln.“

Insgesamt waren rund 1,3 Mio. Hamburgerinnen und Hamburger sowie 198.000 Kielerinnen und Kieler ab 16 Jahren aufgerufen, über die Bewerbung ihrer Städte für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 zu entscheiden. Die Wahlbeteiligung lag in Hamburg bei 50,1%. In Kiel stimmten 31,7% der Bürgerinnen und Bürger ab. Die Abstimmung per Briefwahl war ab Ende Oktober möglich. Am heutigen Sonntag standen den Bürgerinnen und Bürgern auch Abstimmungsstellen in beiden Städten offen.

Pressemitteilung / Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH

Anja Dittmer

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Kommentar: Kein Olympia 2024 in Norddeutschland…

Nach München sagt auch Hamburg NEIN zu Olympia. Nicht zum olympischen Sport an sich. Es ging den meisten Hamburgern aber um die real existierenden Sportmechanismen, um die verschleuderte Aufrichtigkeit im Umgang mit der olympischen Idee.

Es ist ja nun nicht gerade so, dass den Münchnern und Hamburgern, wie den Deutschen insgesamt, der olympische Geist abhanden kam. Ganz im Gegenteil. Nur waren diese eben mehrheitlich der Auffassung, dass im real existierenden IOC olympisch zu geistlos agiert wird.

Wie war das noch bei den letzten Spielen, seit 1996?! Erst die Spiele eines Getränkeherstellers, der viel auf Zucker setzt, folgend die klinischen Spiele in Nagano, okay Sydney 2000 war dann eher positiv, in der Fortsetzung aber Athen 2004, Turin 2006, Peking 2008, Sotschi 2014 und selbst London 2012. Nicht gerade Olympia im Coubertinschen Sinne!

Insbesondere in Sotschi – wie bei den meisten Winterspielen seit den 1960ern – wurden viele Umwelt-Frevel begangen, unnötige Sportbauten errichtet, deren Nachhaltigkeit eigentlich nicht gegeben ist, Menschen umgesiedelt, mehr oder minder mit Zwang, oder Geld für viel Unsinniges verschleudert.

Und in London: Die olympische Schwimmanlage von London 2012 sollte eigentlich dem Schulsport dienen. Sollte… Realität wurde es nicht.

Alles nicht so schlimm, was tut man nicht alles, damit eine sportliche Party, deren selbst ideeller Wert gegen Null tendiert, ein (Pseudo-)Erfolg wird. Da werden dann mitunter Kostenpläne genannt, an die keiner glauben kann und mag – gerade in Deutschland. Man denke nur an misslungene Großprojekte a la Berliner Flughafen, Cargo-Lifter in Brandenburg, die Elbphilharmonie in Hamburg, Stuttgart 21, den Nürburgring in Rheinland-Pfalz und und und

50 Milliarden US-Dollar kostete „der sportliche Spass“ bei den letzten Spielen 2014 in Sotschi. London 2012 dürfte, mit „Sicherheitsaufwendungen“ „nur“ auf die Hälfte gekommen sein. Die realen Zahlen werden wohl nie bekannt werden.

Ein Milliarden-Aufwand für zweieinhalb Wochen Olympische Spiele plus zwei Wochen Paralympische Spiele. Eine Mehrheit will und kann sich das ganz einfach nicht „leisten“. Es gibt größere Herausforderungen als Sportspiele, deren ideelle Bedeutung immer weniger wird, weil Sponsoren und Funktionäre nur an deren wirtschaftlich-finanziellen Wert glauben.

Warum gingen die Olympischen Spiele im Altertum zugrunde?! Schon vergessen? – Wegen Betrug, Korruption, Bestechung und politischer Einflußnahme… Irgendwie seltsam! Um das geht es auch heute.

Aufrichtiges Olympia in München, Hamburg, Rostock, Berlin oder Leipzig wäre klasse – mit Sportlern, die über den Tellerrand hinaus blicken! Aber zurzeit…

Marko Michels

Foto/Michels: Hamburg ist zweifellos eine Sportstadt – mit vielen traditionsreichen Sportveranstaltungen, wie den Weltcup-Wettkämpfen im Triathlon (Hier die vierfache Olympia-Teilnehmerin Anja Dittmer vom SC Neubrandenburg bei einem früheren Hamburg-Triathlon in Aktion.). Olympia-Wettkämpfe wird es aber keine geben…