Halbzeit-Bilanz 2018: Westmecklenburg in Bestform

Die Wirtschaft boomt – nach Aussage der IHK zu Schwerin

Die Wirtschaft in Westmecklenburg zeigt sich im ersten Halbjahr 2018 in einer sehr guten Verfassung. Die hohe Leistungsfähigkeit beschert dem überwiegenden Teil der Unternehmen eine beachtliche Erfolgsbilanz. Doch ein Engpass an geeignetem und bezahlbarem Fachpersonal stellt die weitere Entwicklung in Frage.

Wirtschaft mit starker Erfolgsbilanz

Die Wirtschaft in Westmecklenburg zeigt sich in Bestform. Die aktuelle Geschäftslage wird durch den überwiegenden Teil der Unternehmen in der IHK-Konjunkturumfrage Frühsommer 2018 als deutlich positiv eingeschätzt.

Insbesondere die Industrie, das Baugewerbe und unternehmensnahe Dienstleister sprechen von einer sehr guten Auftragslage. Im Handel bewerten die meisten Unternehmen ihre Situation als stabil.

„Der IHK-Konjunkturklimaindex für Westmecklenburg steigt auf ein neues Spitzenniveau von 135,1 Punkten. Ebenfalls hochklassig ist der Anteil von rund einem Drittel der Unternehmen, die planen ihre Kapazitäten weiter auszubauen“, konstatiert Siegbert Eisenach, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Schwerin.

Auch im Handwerk brummt der Konjunkturmotor weiter auf höchsten Touren. Mittlerweile schätzen 92 Prozent der Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend ein, so viel, wie nie zuvor. Der durchschnittliche Auftragsbestand der Betriebe beträgt schon zehn, im Bauhandwerk bereits vierzehn Wochen.

„Die gute Stimmung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel zu Marktproblemen führen kann“, warnt Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Edgar Hummelsheim. „Der leer gefegte Arbeitsmarkt bietet den Betrieben kaum noch Möglichkeiten, die für die Auftragsbewältigung notwendigen Kapazitäten aufzustocken“.

Wettbewerb um Fachkräfte

Um auch weiterhin die sehr gute Erfolgsbilanz aufrecht erhalten zu können, braucht es demnach Personal.

„Jedes vierte Unternehmen will weiter wachsen und Personal einstellen“, bestätigt Siegbert Eisenach.

Die Gewinnung von Nachwuchs durch die eigene Berufsausbildung ist ebenfalls ein wichtiger Teil der Personalstrategie. Rund 3.000 Schülerinnen und Schüler werden im Sommer die allgemeinbildenden Schulen Westmecklenburgs verlassen. Ein großes Potenzial um eigene Nachwuchstalente zu gewinnen und auszubilden. Allein in der IHK-Lehrstellenbörse stehen für den IHK-Bereich derzeit über 800 Ausbildungsangebote aller Branchen zur Verfügung. 64 Prozent der IHK-Unternehmen sehen den Engpass an geeigneten Fachkräften als Risiko ihrer wirtschaftlichen Entwicklung an.

„Wenn die Unternehmen ihre Ausbildungs- und Facharbeiterstellen nicht besetzen können, entgeht Westmecklenburg wichtige Wertschöpfung. Mittel- bis langfristig könnten der Region somit Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand verloren gehen“, betont Siegbert Eisenach.

Nahezu identisch schätzt die zuständige Handwerkskammer die Lage im Handwerk ein. Für das neue Lehrjahr bewegen sich die bisher neu abgeschlossenen Lehrverträge auf Vorjahresniveau. In der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer sind derzeit über 300 Angebote enthalten. Aus einer aktuellen Umfrage der Handwerkskammer Schwerin geht hervor, dass trotz des Nachwuchsmangels 86 Prozent weiter auf die duale Ausbildung setzen und Lehrlinge gewinnen will. Darüber hinaus wollen viele Betriebe auch die betriebliche Weiterbildung verstärken oder setzen darauf, Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Rund 42 Prozent der Handwerker sind bereit, Flüchtlinge als Praktikanten, Auszubildende oder Arbeitskräfte aufzunehmen.

Immer mehr Betriebe erhöhen die Ausbildungsvergütung oder locken mit Fahrt- und Unterkunftskostenzuschüssen, Unterstützung zum Führerschein, Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder Prämiensystemen.

„Unsere Betriebe werben sehr aktiv um Nachwuchs und wir unterstützen sie mit allen Kräften dabei, z.B. mit unserem Service der Passgenauen Besetzung oder durch die Imagekampagnen“ sagt Edgar Hummelsheim.

Wichtig sei, dass in Politik und Gesellschaft die Weichen für eine massive Aufwertung der beruflichen Bildung gestellt würden. Erste Schritte dazu wären die kostenfreie Beförderung von Berufsschülern und die Schaffung von Möglichkeiten für Lernortkooperationen zwischen Berufsschulen und Berufsbildungszentren, um die Ausbildung zu modernisieren.

„Die Digitalisierung wird gerade in den Handwerksbetrieben für neue und attraktive berufliche Perspektiven sorgen, dem müssen wir in der Ausbildung Rechnung tragen“, so Hummelsheim.

Partner im internationalen Wettbewerb

Metropolregion Hamburg und Metropolregion Kopenhagen/Malmö

Seit einem Jahr ist die gesamte Region Westmecklenburg integraler Bestandteil der Metropolregion Hamburg (MRH). Mit der vertieften Kooperation ist nicht nur ein bessere Abstimmung zwischen den einzelnen Spielern verbunden, sondern auch eine bessere Sichtbarkeit auf dem internationalen Parkett. Um fitter für internationale Gäste zu werden, wurde das Projekt „Welcome to MRH“ entwickelt. Die fachliche Expertise für ein erfolgreicheres internationales Marketing und verbesserter Gästezufriedenheit nutzten rund 150 Unternehmer aus Westmecklenburg in drei Workshops.

„Diese Kooperationen werden auch international weiter intensiviert. Die Metropolregion Hamburg arbeitet zukünftig enger mit Dänemark und Schweden zusammen“, bestätigt Siegbert Eisenach.

Im Rahmen der Fehmarnbelt Days Ende Mai unterzeichneten die beiden Metropolregionen „Greater Copenhagen and Skåne“ und Hamburg eine Vereinbarung  mit dem Ziel, das Zusammenwachsen der beiden Wirtschaftsräume durch die feste Fehmarnbelt-Querung vorzubereiten. Als mögliche gemeinsame Wirkungsfelder werden in der Erklärung Themen wie Verkehrsinfrastruktur, Arbeitsmarkt, Forschung, Marketing und Tourismus gemeinsam weiterentwickelt.

„Wir würden uns freuen, wenn sich Mecklenburg-Vorpommern, wie die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, aktiv in diesen Prozess einbringen würde“, so Siegbert Eisenach.

Auch das Handwerk soll von der Zugehörigkeit zur Metropolregion Hamburg profitieren. Das große touristische Potential handwerklicher Manufakturen wird derzeit im Projekt der Metropolregion „ManufakTour“ erschlossen und gebündelt. Damit eröffnen sich den Manufakturen in der Region neue Vermarktungswege bei gleichzeitiger Steigerung der touristischen Anziehungskraft der Region.

„Touristen fragen zunehmend individuelle und in der Region erzeugte Produkte nach. Das klassische Angebot an überall gleichermaßen verfügbaren Souvenirs hat ausgedient“, sagt Edgar Hummelsheim. „Für unsere Handwerksmanufakturen eröffnen sich daraus große Chancen“.

Zukunftsfähig: digital und innovativ

Die digitale Transformation stellt die Wirtschaft vor die Herausforderung, sich ständig weiteren Veränderungs- und Anpassungsprozessen zu stellen. Dabei zeigt sich, dass aller Anfang nicht immer so leicht ist. Welcher Weg für das eigene Unternehmen der beste ist, zeigt sich manchmal erst, wenn er beschritten wird. Wichtig ist, los zu gehen. Mit kleinen Schritten kann manchmal schon viel erreicht werden. Das gilt ebenfalls für die Entwicklung innovativer Produkte und Serviceleistungen.

„Der begonnene Breitbandausbau muss nun zügig umgesetzt werden. Jede Woche die wir länger brauchen, ist ein entscheidender Nachteil im internationalen Wettbewerb. Eine Leistungsfähigkeit von wesentlich mehr als 50 MBit/s muss das Ziel sein. Hier muss der Giga-Bereich erzielt werden.“, fordern Siegbert Eisenach und Edgar Hummelsheim.

Die Wirtschaftskonferenz Westmecklenburg der IHK zu Schwerin befasst sich daher am 12. September mit den Chancen und Herausforderungen in der Arbeitswelt durch den digitalen Wandel. Dazu wird unter anderem Dr. Julia Borggräfe, Abteilungsleiterin Digitalisierung und Arbeitswelt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die „Denkfabrik Digitale Arbeitswelt“ vorstellen. Einen Monat später befasst sich die „Schweriner Wissenschaftswoche“ vom 22. bis zum 26. Oktober mit dem Thema „Arbeitswelten der Zukunft“. Das hochwertige Programm umfasst spannende Vorträge und interaktive Workshops.

Die Digitalisierung und die Förderung von Innovationen werden im Handwerk vor allem durch die Betriebsberater der Handwerkskammer und das kammereigene Bildungs- und Technologiezentrum forciert. Die Betriebe werden individuell und zielgerichtet bei den notwendigen Transformationsprozessen begleitet. Ganz aktuell steht auch die Anpassung an die neue EU-Datenschutzgrundverordnung stark im Fokus der Betriebe.

Qualitätsbewusst: zeigen was man kann

Die hohe Lebensqualität macht gerade für Familien die Region Westmecklenburg zu einem attraktiven Arbeits- und Lebensstandort. Ein hochwertiges Kultur- und Freizeitangebot, mit naturnahen Erholungsräumen am und auf dem Wasser, trifft auf attraktive Arbeitgeber und eine leistungsfähige Infrastruktur. Eine Symbiose die nicht nur die Westmecklenburger lieben, sondern auch immer Touristen schätzen. Doch gerade die sehr guten Perspektiven zum hier Leben und Arbeiten sind noch nicht ausreichend bekannt. Daher werben IHK und Handwerkskammer gemeinsam, um die Standortvorteile der Region für Fachkräfte und Investoren deutlich zu machen. Zu den Partnern gehören zum Beispiel das Regionalmarketing Mecklenburg-Schwerin mit dem Portal Westmecklenburg.de und die Marketinginitiative der Wirtschaft mit der starken Marke „Lebenshauptstadt Schwerin“.

In der internationalen Liga erfolgreich

Im April konnten die Unternehmen wieder auf erfolgreiche Tage bei der Hannover Messe blicken. Zahlreiche Geschäftskontakte und Kundengespräche wurden nicht nur auf dem Landesgemeinschaftsstand Mecklenburg-Vorpommern aussichtsreich angebahnt. Im Rahmen der Messe schloss die IHK zu Schwerin mit dem China Council for the Promotion of International Trade (CCPIT) Hunan, der staatlichen Außenhandelsfördergesellschaft in der zentralchinesischen Provinz Hunan, eine bilaterale Vereinbarung für einen vertieften wirtschaftlichen Austausch zwischen Mecklenburg-Vorpommern und der Provinz Hunan.

„Diese bilaterale Vereinbarung ist nicht nur Ergebnis der Delegationsreise im November 2017, die federführend von der IHK zu Schwerin organisiert wurde. Sie schafft ebenso die wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen, um den chinesischen Markt für die Unternehmen langfristig zu erschließen“, würdigt Siegbert Eisenach.

Dieses Ziel stand ebenfalls im Zentrum des 5. Wirtschaftstags Kasachstan im Februar in Berlin. Der weitere Ausbau der Geschäfte mit der zentralasiatischen Republik ist insbesondere für die Unternehmen aus den Bereichen Infrastruktur, Logistik, Energie und der Ernährungswirtschaft interessant. Selbstverständlich werden auch bei internationalen Veranstaltungen und Messen gezielt die Stärken Mecklenburg-Vorpommerns als Industrie- und Urlaubsstandort herausgestellt.

Aufgrund der sehr starken regionalen und nationalen Nachfrage nach Handwerksleistungen konzentrieren sich die Vermarktungs- und Messeaktivitäten des Handwerks auf Mecklenburg-Vorpommern und Deutschland. Im Mittelpunkt stehen die Internationale Handwerksmesse (IHM) in München, die Handwerksmesse in Leipzig sowie die MeLa in Mühlengeez.

Ausblick auf die 2. Halbzeit 2018

Die Erwartungen der IHK-Unternehmen sind auch für das zweite Halbjahr noch positiv. Allerdings sorgen geopolitische Spannungen für vermehrte Unsicherheiten über die langfristige Stabilität im internationalen Handel. Zudem steht der stationäre Einzelhandel durch den weiter expandierenden Onlinehandel unter starkem Wettbewerbsdruck. Im KFZ-Bereich finden Fahrzeuge mit Dieselmotoren weniger Abnehmer.

„Die demografische Entwicklung und der damit verbundene Mangel an geeignetem Personal und Nachfolgern macht vielen Unternehmen über alle Branchen hinweg zu schaffen“, so Siegbert Eisenach.

Im Handwerk fallen die Erwartungen der Betriebe an den weiteren Konjunkturverlauf äußerst positiv aus: Insgesamt erwarten mittlerweile 96 Prozent der Betriebe eine gute oder befriedigende Geschäftsentwicklung. Gleichwohl sieht auch Edgar Hummelsheim Risiken aus dem Missverhältnis der starken Nachfrage zum leergefegten Fachkräftemarkt aufziehen. Hinzu kämen die mittlerweile deutlich abgesenkten Konjunkturprognosen der deutschen Wirtschaftsinstitute.

„Die deutsche Wirtschaft ist keine Insel. Die Irritationen auf den weltweiten Märkten können letztlich bis in unser Handwerk hineinwirken“, sagt Hummelsheim.

In den kommenden Monaten werden die Aktivitäten für die Internationalisierung der regionalen Wirtschaft weitergehen. Die Wirtschaftstage Vietnam und Polen im September sind nur zwei Beispiele. Im Fokus des diesjährigen Baltic-Business Dialog stehen die aufstrebenden Wirtschaftsräume des Baltikums.

Der Russlandtag MV findet dieses Jahr am 17. Oktober statt. Im Vorfeld des internationalen Forums wird eine Delegation aus MV die russischen Partner beim Aufbau eines Zentrums zur überbetrieblichen Ausbildung unterstützen.

„Das deutsche Modell der Berufsausbildung ist international hoch angesehen. Es sichert einen hochqualitativen Standard und ist wesentlicher Bestand der eigenen Fachkräftesicherung. Die aktive Unterstützung der Kammern bei diesem Projekt ist ein wichtiger Baustein für einen langfristigen Wirtschaftsaustausch“, so Siegbert Eisenach und Edgar Hummelsheim abschließend.

Pressemitteilung der IHK Schwerin


Anmerkung (M.Michels):

Dann wollen wir mal hoffen, dass alles bestens ist. Allein es fehlt der Glaube! Wie war das noch 2000: Die Zukunft gehört der Finanzwirtschaft und den neuen Medien (Was immer man darunter definierte!)… Acht Jahre später folgte der jähe Absturz. Warten wir mal ab, ob wieder nicht nur die Statistiken stimmen.