Gregorianischer Gesang zum Hansefest

Anlässlich des Historischen Hansefestes am bevorstehenden Wochenende werden am Sonnabend, dem 5. September 2009, jeweils um 15.00, 16.00 und 17.00 Uhr in der St.-Georgen-Kirche unter Leitung von Senator Thomas Beyer gregorianische Gesänge angeboten.

In der malerischen Kulisse des eindrucksvollen Innenraums der Kirche erwartet den Zuhörer zu diesen Zeiten ein imposantes Klangerlebnis.Kurzbeschreibung des Repertoires:
Ave nobilis“ … ist ein mittelalterlicher Marienhymnus aus der berühmten Handschrift Carmina Burana, die um 1230 im Kloster Benediktbeuern aufgezeichnet wurde. Nach dem lateinischen Klosternamen Buranus wurde die Handschrift benannt. Der Hymnus ist ein späterer Nachtrag des 14. Jahrhunderts und in historischer Neumennotation notiert.

„Sanctorum sicut aquilae“ und „Psalm 111“
„Sanctorum sicut aquilae“ ist eine Antiphon des Zisterzienserordens zum Fest Allerheiligen. Die Antiphon mit dem zugehörigen „Psalm 111“ wurde zur nachmittäglichen Vesper in Zisterzienserklöstern wie Doberan und Neukloster gesungen und vermittelt einen klanglichen Eindruck des Klosterlebens im Mittelalter.

„Kyrie – Fons bonitatis“
Das zweistimmige Kyrie mit der Texterweiterung (Tropus) Fons bontatis entstammt einem Graduale (ein Buch, das die wechselnden Gesänge für die  Messfeier enthält), das in Stralsund zu Beginn des 14. Jahrhunderts auf Pergament geschrieben wurde. Es ist ein Zeugnis für die frühe Mehrstimmigkeit im Ostseeraum und zeichnet sich durch seine archaische Klanggebung aus. Die hauptsächlich verwendeten Intervalle sind Quarte, Quinte und Oktave in reiner Stimmung, die wirkungsvoll in den gotischen Kirchenräumen klingen.
„Llibre Vermell“
Diese Stücke entstammen dem „Llibre Vermell“, dem „roten Buch“, das wegen seines roten Samteinbandes so genannt wird. Es wurde im Jahr 1399 geschrieben und enthält ein- bis dreistimmige Gesänge für das Kloster Montserrat im Norden Spaniens. Dieses Kloster ist nach den zerklüfteten Felsen („serrato“ heißt wörtlich „zersägt“) benannt und die vielen Wunder, die die Jungfrau Maria hier bewirkt haben soll, kann man an den Felsspalten ablesen: der Monte Serrato wird auch „der von Wundern zersägte Berg“ genannt. Das Kloster Montserrat war eine stark frequentierte Pilgerstätte, wo sich Gläubige aus ganz Europa eingefunden haben, um zu beten und zu singen. Die Gesänge sind Loblieder auf die Jungfrau Maria und interessanter-weise zum überwiegenden Teil in Form von Rundtänzen aufgezeichnet. Das zeigt, dass im 14. Jahrhundert liturgische Tänze in der Kirche und in den Gottesdiensten gepflegt wurden.

„Laudemus virginem“ …
… ist eine dreistimmige Caccia (das bedeutet „Jagd“), bei der eine Stimme beginnt und zwei weitere folgen.

„Stella splendens“ …
… ist ein Rundtanz für zwei Stimmen, in dessen Text der strahlende Stern (Maria) über dem Monte Serrato beschrieben wird und die Wunder, die sich dort ereignet haben sollen.

„Los set gotxs recomptarem“ …
… ist eine Ballade in Form eines Rundtanzes in katalanischer Sprache über die sieben Freuden der Jungfrau Maria – von der Geburt Jesu bis zu ihrer Krönung im Himmel.

„Mariam matrem virginem“ …
… ist eine dreistimmige Komposition (Virelai) mit einer Basisstimme (Tenor), einer bewegten Oberstimme (Cantus) und einer kontrapunktischen Mittelstimme (Contratenor), die Maria als Mittlerin zwischen den Menschen und Gott beschreibt. Es ist die jüngste Komposition der Handschrift Ende des 14. Jahrhunderts.

( Weitere Informationen zur gesamten Veranstaltung erhalten Sie unter www.wismar.de )

Sabine Schmidtke