Solidarität von der Ostsee bis zum Bodensee gegen Behördenwillkür bei Demonstrationen. Donnerstag, 19.6. Prozeß in Karlsruhe.
Im Mai 2007 gingen in Karlsruhe weit über 700 Menschen auf die Straße, um gegen die Repression und die staatlichen Versuche, die G8-Proteste zu kriminalisieren, zu demonstrieren. Sie folgten einem Aufruf, der Bezug nahm auf die erst einige Tage zurückliegende bundesweite Großrazzia in der linken Szene. Die unter dem Motto „Jetzt erst recht – Repression und G8 entgegentreten!“ stehende Demonstration war kraftvoll und entschlossen und verlief friedlich. Dennoch bekam der Anmelder ein paar Wochen später einen Strafbefehl in Höhe von 160 Tagessätzen zu je 30 Euro zugestellt, in dem die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft, gegen sämtliche Auflagen verstoßen und nicht schlichtend gewirkt zu haben. Ob Transparentabstände, Kategorisierung der OrdnerInnen oder Höchstgeschwindigkeit – jede denkbar menschliche Verrenkung während der Demo wurde dem Angeklagten zum Vorwurf gemacht. Tatsächlich hatte sich der Anmelder an die „Spielregeln“ der Behörden gehalten in Form einer schriftlichen Anmeldung, der Teilnahme am Kooperationsgespräch, permanenter Ansprechbarkeit für die Polizeieinsatzleitung während der gesamten Versammlung, Aufstellen von OrdnerInnen und Durchsage der behördlichen Auflagen. Morgen, Donnerstag, den 19.6 wird der Widerspruch gegen den Strafefehl vor dem Amtsgericht in Karlsruhe verhandelt.
Ähnlich erging es einer Anmelderin nach der Demonstration „gegen Justizwillkür und Überwachungsstaat“ am 17.11.2007 in Rostock. Die Demo machte auf die Prozesse gegen G8-GegnerInnen nach dem Gipfel erfolgreich aufmerksam und verurteilte die Repression durch den Staat. In diesem Falle fühlte sich die Polizei als Behörde durch Äußerungen von Demoteilnehmenden persönlich beleidigt und formulierte daraus eine Straftat. Außerdem entdeckte sie zwei Transparente, die länger waren als die Auflage es erlaubte. Daraus bastelte die Polizei der Anmelderin einen Strafbefehl von 50 Tagessätzen zu je 40 Euro.
Um die Gefährlichkeit der Demonstration zu beweisen, war der Polizei nichts zu peinlich, selbst ein Clown mit Headset in Form einer Banane, die in Hals- und Brustbereich erkennbar verkabelt zu sein schien wurde als gefährliches Objekt gewertet und fotographisch in der Akte dokumentiert.
Die Einschüchterungsstrategie der Polizei gegen DemonstrationsanmelderInnen soll es der Protestbewegung immer schwerer machen, ihren Protest in Form von Versammlungen Ausdruck zu verleihen. Immer weniger Menschen werden bereit sein, die sowieso schon repressive Funktion eines Versammlungsleiters auszufüllen, wenn sie fürchten müssen, aufgrund banalster Vorfälle horrende Strafen zu erhalten. Das grundgesetzlich verankerte Recht auf Versammlungsfreiheit wird hierbei bis zur Unkenntlichkeit verbogen. Wie schon beim G8-Gipfel setzen Polizei und Staatsanwaltschaft auf die Strategie der Abschreckung und „Protestprävention“.
Dieses Prinzip haben sie während des G8-Gipfels in Heiligendamm mit der hohen Zahl der eingeleiteten 1.700 Ermittlungsverfahren verfolgt. Ziel ist es nicht mehr primär, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufzuklären, sondern Bürgerinnen und Bürger daran zu hindern, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen und politischen Widerstand gegen die kapitalistisch-menschenfeindliche Politik der G8-Staaten zu brechen.
Dies wird ihnen nicht gelingen, denn der Widerstand wächst sowohl international als auch in Deutschland gegen Ausbeutung, Entrechtung und Repression. Auch das hat der erfolgreiche Protest gegen das G8-Treffen in Heiligendamm im letzten Jahr gezeigt.
Die Rote-Hilfe-Gruppe Rostock solidarisiert sich mit dem Angeklagten in Karlsruhe und fordert die Einstellung des unbegründeten und repressiven Strafbefehls!Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist ein erkämpftes Gut, die Bestrebungen der Regierenden, dieses Grundrecht weiter einzuschränken, werden wir bekämpfen!