Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung 2009 besser als erwartet

Die gesetzlichen Krankenkassen haben nach den jetzt vorliegenden vorläufigen Finanzergebnissen des Jahres 2009 einen Überschuss von rd. 1,1 Mrd. Euro zu verzeichnen. Den Einnahmen in Höhe von 171,9 Mrd. Euro standen Ausgaben in Höhe von 170,8 Mrd. Euro gegenüber.

Die Überschüsse helfen insbesondere den Krankenkassen, die ihren Entschuldungsprozess erst Ende 2007 bzw. Ende 2008 abgeschlossen hatten und nunmehr erstmalig wieder zur Sicherstellung ihrer Zahlungsfähigkeit notwendige Rücklagen aufbauen konnten.

Insgesamt gesehen hat sich die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen somit weiter stabilisiert. Allerdings ist sowohl die Überschussentwicklung in 2009 als auch die Höhe der Finanzreserven bei den einzelnen Krankenkassen sehr unterschiedlich verteilt.

Für den Gesundheitsfonds ergibt sich – insbesondere aufgrund der konjunkturbedingten Einnahmenausfälle – ein Defizit in Höhe von 2,48 Mrd. Euro. Dies resultiert aus den auf das Jahr 2009 entfallenden Einnahmen von rd. 164,51 Mrd. Euro und den ebenfalls dem Jahr 2009 zuzuordnenden Ausgaben von 166,99 Mrd. Euro.

Der Gesundheitsfonds zahlte für das Jahr 2009 monatliche Zuweisungen in Höhe von insgesamt rd. 166,2 Mrd. Euro an die Krankenkassen aus. Diese Auszahlungen wurden durch entsprechende Einnahmen des Gesundheitsfonds aus Beiträgen und dem Bundeszuschuss gedeckt. Ein im November vom Gesundheitsfonds aufgenommenes Liquiditätsdarlehen des Bundes konnte bereits bis Mitte Dezember unter Berücksichtigung der zusätzlichen Beitragseinnahmen aus Weihnachtsgeldzahlungen wieder vollständig zurück gezahlt werden. Der Gesundheitsfonds konnte somit im Jahr 2009 jederzeit seiner Verpflichtung zur Auszahlung der monatlichen Zuweisungen an die Krankenkassen nachkommen. Der Gesundheitsfonds musste damit zum Jahresende kein Bundesdarlehen in Anspruch nehmen.

In der Summe der Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen und des Defizits des Gesundheitsfonds verbleibt somit für die GKV insgesamt ein Defizit von 1,4 Mrd. Euro, das insbesondere als Folge der konjunkturellen Entwicklung zu sehen ist. Eine endgültige finanzielle Bilanz der GKV für das Startjahr des Gesundheitsfonds kann erst Ende Juni 2010 nach Vorliegen der Jahresrechnungsergebnisse der Krankenkassen und des Gesundheitsfonds gezogen werden.
Perspektive 2010

Mit der voraussichtlichen Finanzentwicklung 2010 wird sich der Schätzerkreis auf Basis der Finanzdaten 2009 im Frühjahr unter Berücksichtigung der bis dahin aktualisierten gesamtwirtschaftlichen Eckdaten erneut befassen. In der letzten Sitzung im vergangenen Jahr waren die Experten aufgrund der ungünstigen Entwicklung der Beitragseinnahmen bei sich fortsetzender Ausgabendynamik von einem Defizit in Höhe von rd. 7,9 Mrd. Euro für das Jahr 2010 ausgegangen. Vor dieser Ausgangsperspektive stand die gesetzliche Krankenversicherung zu Beginn der neuen Legislaturperiode.

Daraus hat die neue Bundesregierung schnell die notwendigen Konsequenzen gezogen. Durch das „Sozialversicherungsstabilisierungsgesetz“, das der Deutsche Bundestag in der vergangenen Woche abschließend beraten hat, erhält die gesetzliche Krankenversicherung im schwierigen Jahr 2010 einen zusätzlichen Bundeszuschuss von 3,9 Mrd. Euro zum Ausgleich von krisenbedingten Einnahmeausfällen. Dieser Zuschuss ergänzt den bereits bisher vom Gesetzgeber vorgesehenen Bundeszuschuss für gesamtgesellschaftliche Aufgaben der Krankenkassen, der von 2009 bis 2010 von 7,2 Mrd. Euro auf 11,8 Mrd. Euro ansteigen wird. Im Jahr 2010 stehen den Krankenkassen mit der zusätzlichen Übernahme der krisenbedingten Einnahmeausfälle damit Steuermittel in Höhe von insgesamt 15,7 Mrd. Euro zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund dürfte sich das bislang erwartete Defizit im Jahr 2010 in etwa halbieren.

Viele Krankenkassen haben nach der Entscheidung der Bundesregierung über den höheren Bundeszuschuss bereits angekündigt, auch in diesem Jahr keine Zusatzbeiträge erheben zu wollen. Häufig können auch die Finanzreserven der Kassen, dort wo sie über die gesetzliche Mindestreserve hinausgehen, zur Vermeidung von Zusatzbeiträgen eingesetzt werden. Auch durch geeignete Fusionen können wirtschaftlichere Leistungseinheiten entstehen. Gab es Ende 2008 noch 215 Kassen, so ist die Zahl bis heute auf 169 Kassen gesunken. Weitere Fusionen sind bereits beschlossen bzw. angekündigt, in vielen Fällen laufen Fusionsverhandlungen.

Einige Kassen haben in den letzten Wochen Zusatzbeiträge beschlossen und damit ein Finanzierungsinstrument genutzt, das von der großen Koalition unter Beteiligung der SPD ausdrücklich vorgesehen war. Durch den höheren Bundeszuschuss können allerdings Zusatzbeiträge oberhalb des gesetzlich vorgesehenen Schwellenwerts von monatlich 8 Euro in aller Regel vermieden werden. Dabei sind die Kassen gefordert, vorhandene Wirtschaftlichkeitsreserven im gesamten Ausgabenbereich auszuschöpfen, um unnötige Ausgaben zu vermeiden.
Ausgabenzuwächse bislang unterhalb der Prognose für das Gesamtjahr 2009

Die über die vorläufigen Finanzergebnisse ausgewiesenen zuweisungsrelevanten Ausgaben der Kassen liegen mit einem Gesamtvolumen von 166,5 Mrd. Euro um rd. 0,3 Mrd. Euro unterhalb der den Kassen zur Deckung ihrer voraussichtlichen Ausgaben zugesagten Zuweisungen. Auch wenn hier noch die endgültigen Jahresrechnungsergebnisse abzuwarten sind, kann festgehalten werden, dass nach gegenwärtigem Stand die für das Startjahr des Gesundheitsfonds aufgegebene 100%-ige Deckungsquote realisiert worden ist.

Der Ausgabenzuwachs ist insgesamt geprägt von den Veränderungsraten in den großen Leistungsbereichen, die aus den notwendigen Verbesserungen der finanziellen Situation von Ärzten und Krankenhäusern sowie weiterhin deutlichen Zuwächsen bei den Arzneimittelausgaben resultieren.
Entwicklung in einzelnen Ausgabenbereichen

In den großen Ausgabenbereichen zeichnet sich folgende Entwicklung ab:

Der Zuwachs von 7,4 v.H. je Versicherten bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung zeigt, dass sich die Honorarsituation für die Ärzte im Jahr 2009 mit der Honorarreform erheblich verbessert hat. Die Ausgaben für ärztliche Früherkennungsuntersuchungen, die einen auch mit Leistungsverbesserungen verbundenen und damit gesundheitspolitisch gewollten Anstieg von 21,3 v. H. ausweisen, steigern die ärztlichen Honorare zusätzlich.

Der Anstieg bei den Ausgaben für die stationäre Versorgung lag in 2009 je Versicherten bei 6,6 v.H. und spiegelt bereits die zusätzlichen Mittel von ca. 3,5 Mrd. Euro wieder, die den Krankenhäusern zur Verbesserung der Finanz- und Arbeitssituation zur Verfügung gestellt werden sollten.

Der Anstieg der Arzneimittelausgaben (ohne Impfkosten) betrug 5,3 v.H. je Versicherten. Dies entspricht einem Zuwachs von rd. 1,5 Mrd. Euro. Dieser Anstieg wird maßgeblich durch Ausgabenanstiege im Bereich der patentgeschützten Arzneimittel verursacht. Die hohen Ausgabenzuwächse der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass im Jahr 2009 einschließlich der Zuzahlungen der Versicherten mehr als 32 Mrd. Euro für Arzneimittel ausgegeben wurden. Vor diesem Hintergrund wird das BMG in Kürze konkrete Vorschläge für eine wirksame Begrenzung der Arzneimittelausgaben vorlegen.

Bei den normalen Schutzimpfungen sind die Ausgaben nach den hohen Zuwächsen der Jahre 2007 und 2008 um rd. 10 v.H. zurückgegangen. Ausgaben der Kassen für die Impfungen gegen die Neue Influenza sind im vierten Quartal in Höhe von rd. 390 Mio. Euro von den Kassen an die jeweiligen Länderfonds gezahlt worden, somit rd. 200 Mio. Euro weniger als noch im Herbst erwartet wurde. Hier ist auf Basis der niedrigen Impfquoten und bei einer in der Regel nur einmalig erforderlichen Impfung im Jahr 2010 noch mit erheblichen Rückzahlungen an die Krankenkassen zu rechnen.

Die Krankengeldausgaben liegen mit einem Zuwachs von 10,5 v.H. – im Vergleich zu früheren konjunkturellen Krisenzeiten völlig untypisch – erheblich über den Ausgaben des Vorjahres. Hier werden die Krankenkassen, aber auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen, zu dessen Aufgaben auch die Überprüfung der Anspruchsberechtigung auf Krankengeld zählt, erklären müssen, welche konkreten Ursachen zu diesem Anstieg geführt haben.

Die Netto-Verwaltungskosten der Krankenkassen sind nach längerer Stabilität in den Vorjahren mit 8,1 v.H. je Versicherten gestiegen, wenn auch mit unterschiedlichen Entwicklungen bei den einzelnen Kassenarten. Hier spielen neben gestiegenen Personalkosten auch rückläufige Erstattungen eine Rolle. So wurden etwa die DMP-Programmkosten für die Disease-Management-Programme mit Einführung des Gesundheitsfonds aus dem Erstattungsvolumen für Verwaltungskosten herausgenommen. Die Krankenkassen erhalten hierfür seit Anfang 2009 gesonderte Zuweisungen. Allein aus dieser buchungssystematischen Umstellung, die mit einem Reduzierungsvolumen von rd. 400 Mio. Euro einhergeht und somit automatisch zu höheren Netto-Verwaltungskosten führt, resultieren rd. 5 Prozentpunkte des Ausgabenanstiegs.

Bei den Zuzahlungen der Versicherten einschließlich der Praxisgebühr zeichnet sich mit einem Gesamtvolumen von rund 4,8 Mrd. Euro über alle Leistungsbereiche ein ähnliches Niveau wie im Vorjahreszeitraum ab.