Rostock. Die Justizministerin, Uta-Maria Kuder (CDU), und die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung, Dr. Margret Seemann (SPD), haben gemeinsam am 03.09.2007 insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Strafverfolgungsbehörden zu einer eintägigen Fachtagung zum Thema „Stalking“ in die Aula der Universität Rostock eingeladen. Erwartet werden rund 110 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ziel der Veranstaltung ist, unter anderem Handlungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Stalking aufzuzeigen.
Kuder: „Die Einführung des Straftatbestandes „Stalking“ sendet ein unmissverständliches Signal an potentielle Täter, dass ihr Tun von der Gemeinschaft keinesfalls geduldet wird. Aber auch für die Opfer wird ein Zeichen gesetzt: Der Staat macht deutlich, dass er sie nicht allein lässt. Jetzt kommt es darauf an, den neuen Straftatbestand in der täglichen Praxis der Strafverfolgungsbehörden mit Leben zu füllen. Wenn dies gelingt, ist ein entscheidender Schritt für einen besseren Opferschutz getan.“
Seemann: „Das neue Anti-Stalking-Gesetz allein kann das Problem von Nachstellungen nicht lösen. Nun gilt es, die neuen Möglichkeiten des Strafrechts in der täglichen Arbeit der Strafverfolgungsbehörden umzusetzen.“ Sie führt weiter aus, dass mit den Straftatbeständen von Nötigung und Körperverletzung in der Vergangenheit die Stalkingsituation nicht hinreichend erfasst werden konnte. Dies sei nach ihrer Erfahrung gerade für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, ein Problem gewesen. Seit kurzem haben Stalkingopfer ein Recht darauf, besser geschützt zu werden vor fortgesetzter Verfolgung, Belästigung und Bedrohung, die durchaus in Gewalttaten, bei denen sie um ihr Leben fürchten müssen, ausarten können. „Die heutige Veranstaltung bietet eine hervorragende Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen, um somit Stalking-Straftaten konsequenter bekämpfen zu können“, so Seemann.
Zum Hintergrund:
Der Begriff „Stalking“ ist der englischen Jägersprache entnommen. Er bedeutet im ursprünglichen Sinn das Heranpirschen und Einkreisen der Jagdbeute. Eine genaue deutsche Übersetzung des Begriffs ist nicht möglich; die Verben Nachstellen und Verfolgen kommen allerdings der Bedeutung des englischen Worts sehr nahe.
Das Phänomen des so genannten Stalking, also der fortgesetzten Verfolgung, Belästigung und Bedrohung anderer Personen gegen deren Willen, hat in der Praxis der Strafverfolgung in den vergangenen Jahren zunehmende Bedeutung gewonnen. In jüngster Zeit sind massive Fälle aufgetreten, in denen Opfer auf Grund des vom Täter in Gang gesetzten Terrors in ihrer Lebensführung schwerwiegend beeinträchtigt wurden, beispielsweise ihre Wohnung nur noch selten und gegebenenfalls unter Schutzvorkehrungen verließen, ihre Arbeitsstelle und sogar den Wohnsitz wechseln mussten.
Das bisher geltende Straf- und Strafverfahrensrecht bot gegen die Erscheinungsformen des Stalking nur eingeschränkten Schutz. Zwar werden häufig zugleich Tatbestände des allgemeinen Strafrechts (z.B. Nötigung, Bedrohung, Körperverletzung) gegeben sein. Jedoch existierte bisher keine eigenständige Strafnorm, die einschlägiges Verhalten spezifisch als schweres, strafwürdiges Unrecht kennzeichnet. Auch fehlte es an ausreichenden Handhaben, um die sich erfahrungsgemäß ständig verschlimmernde „Bedrohungsspirale“ zu beenden. Die Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden mussten im Extremfall abwarten, bis es zur Eskalation kam. Dies vermittelte dem Opfer das Gefühl der Hilflosigkeit und war geeignet, dessen Vertrauen und das Vertrauen der Rechtsgemeinschaft in die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung nachhaltig zu erschüttern.
Mit Wirkung vom 1. April 2007 enthält das Strafgesetzbuch in § 238 einen eigenständigen Straftatbestand, der Nachstellungen und vergleichbare Verhaltensweisen unter Strafe stellt, wenn dadurch die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend beeinträchtigt wird. Das Strafmaß reicht von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von drei Jahren. In besonders schweren Fällen liegt das Strafmaß zwischen drei Monaten und zehn Jahren. Die Strafverfolgung erfolgt nur auf Antrag des Opfers, es sei denn, die Strafverfolgungsbehörden halten wegen des besonderen öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
Mit dem Anti-Stalking-Gesetz stehen den Justiz- und Polizeibehörden effektivere Instrumente zur Verfügung, um Stalking-Opfer nachhaltig zu schützen. Die Behörden können jetzt einschreiten, auch wenn es noch nicht zu einer Körperverletzung oder Schlimmerem gekommen ist. Zudem besteht die Möglichkeit, einen Stalker bereits vor der Hauptverhandlung in Haft zu nehmen, wenn er das Opfer erheblich gefährdet.