„Entschließung zum 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges“

Ausführungen des CDU-Abgeordneten, Harry Glawe, MdL, zur Drucksache 5/2793 „Entschließung zum 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges“, auf der 77. Plenarsitzung am 24. September 2009

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie gedenkt man als Nation, die den II. Weltkrieg begonnen hat, dieses Ereignisses?

Was ist der richtige Rahmen für ein solches Erinnern?

Wie gehen wir in einem Land mit dem um, was vor 70 Jahren begann?

Wie ordnen wir dieses Ereignis heute geschichtlich ein und was ziehen wir daraus für Lehren?

Diese Fragen habe ich mir gestellt, als ich im Fernsehen die Bilder vom Gedenken in unserem Nachbarland Polen gesehen habe und als ich in diesen Tagen die scheußlichen und infamen Wahlplakate der NPD in Uecker-Randow und Ostvorpommern zur Kenntnis nehmen musste.

Wer nach Millionen Toten auf den Schlachtfeldern, nach Bomben, Vertreibung und millionenfachem Mord mit volksverhetzenden Plakaten auf Stimmenfang geht, der hat aus der Geschichte nicht gelernt, der grenzt sich bewusst aus der Demokratie aus.

Ich nenne Ihre Plakate volksverhetzend. Dafür ist es egal, was Gerichte entscheiden. Sie wollen mit diesen Plakaten Menschen gegeneinander aufhetzen, Sie betreiben nationalistische Propaganda auf niedrigstem Niveau. Sie verbreiten Lügen und hoffen getreu der Devise Ihres Herrn Pastörs – oder war es doch der Kriegsverbrecher Goebbels – „Je größer die Lüge und je unwahrscheinlicher die Lüge – desto eher wird sie geglaubt“.

Ich finde es gut, dass im vereinten Europa Menschen ihren Wohnsitz frei wählen können.

Ich finde es gut, dass junge Polen heute Kindergärten und Schulen bei uns besuchen, dass polnische Familien sich im Uecker-Randow-Kreis ein Haus bauen und bei uns leben wollen. Unterstützen wir dieses Zusammenwachsen!

Anrede,

es ist eine unbestrittene Tatsache, dass die Verbrechen der Nationalsozialisten in ihren Ausmaßen und in ihrer Brutalität einzigartig sind. Der 1. September 1939 war dabei nicht der Anfang, sondern gewissermaßen der Höhepunkt der Umsetzung der auf Krieg und Unterdrückung ausgelegten Ideologie des nationalsozialistischen Staates. Der nationalsozialistische Terror begann am 30. Januar 1933. Er ging am 1. September 1939 in einen Weltbrand über.

Bis zum Ende des Krieges starben über 24 Millionen Soldaten, fast 24 Millionen Zivilisten, brachten die Nationalsozialisten fast 6 Millionen Juden um, starben über 1,4 Millionen Deutsche auf der Flucht und wurden unzählige Sinti und Roma, aufrechte Gegner der Nationalsozialisten und andere Menschen, die nicht ins nationalsozialistische Weltbild passten, in den Konzentrationslagern ermordet.

Erst mit der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 und der Kapitulation von Japan am 2. September 1945 endete der II. Weltkrieg.

Vor diesem Hintergrund ist es mir unverständlich, dass es heute Menschen gibt, die Ursachen und Ergebnisse unter dem Duktus der nationalsozialistischen Ideologie schief zurechtrücken und uminterpretieren. Dies dürfen wir nicht zulassen! Dies werden wir nicht zulassen!

Deshalb haben sich die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und LINKE auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag verständigt. Dies ist ein gutes, ein wichtiges Signal im Kampf für Demokratie und Toleranz!

Anrede,

das Ergebnis des 2. Weltkrieges waren nicht nur die Millionen Toten, waren nicht nur Flucht und Vertreibung von Millionen Menschen aus ihrer Heimat. Eine Folge war die Teilung Deutschlands und Europas. Auch deshalb war für einen Teil der Menschen in unserem Land der 8. Mai zwar ein Tag der Befreiung, zugleich aber auch ein Tag, an dem neue Unfreiheit begann. Auch daran sollten wir erinnern. Erst im Herbst 1989 haben sich die Bürgerinnen und Bürger in der friedlichen Revolution die Freiheit erkämpft und die kommunistische Diktatur gestürzt.

Heute leben wir in einem wiedervereinten Deutschland und in einem Europa ohne Grenzen. Gerade deshalb ist es notwendig, an die schrecklichen Jahre, an Unrecht, an Mord, an Krieg zu erinnern, die vor über 70 Jahren von Deutschland ausgingen. Viele beteiligen sich an einer ernsthaften und ehrlichen Aufarbeitung der Geschichte. Ich will hier als beispielhaft die Jugend- und Versöhnungsarbeit des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge nennen.

Wir nehmen die Verantwortung an, wir stellen uns der Vergangenheit, wir ziehen daraus die notwendigen Schlüsse für die Zukunft. Der wichtigste Schluss muss für uns darin liegen, für Demokratie und Toleranz zu werben. Hier im Landtag, in den Landkreisen, in den Dörfern und Städten, am Stammtisch und in der Familie. Tun wir dies mutig und entschlossen, nehmen wir den Brunnenvergiftern, die hier im Landtag an der rechten Wand sitzen, die Luft!

Arbeiten wir weiter für unser schönes Bundesland. Für Freiheit, für Demokratie, für Rechtsstaatlichkeit.

Vielen Dank.