EM-Countdown für Ruderelite

Quartett aus der MECK-POMM-Küstenflotte im DRV-Team


Der Malta-See in Poznan (Polen) ist vom Donnertag (28.Mai) bis Sonntag (31.Mai) das „Mekka“ der kontinentalen Titelrennen. Insgesamt 591 Athleten/innen aus 36 europäischen Nationen haben für 2015-er Europameisterschaften gemeldet und hoffen wie der Deutsche Ruderverband (DRV) auf „reiche Beute“.

Nur Italien favorisiert eine etwas andere Vorbereitung auf die Ruder-Weltmeisterschaft Ende August im französischen Aiguebelette. Hier geht es dann nicht nur WM-Titel und Medaillen, sondern bereits um die ersten wichtigen Quotenplätze für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro.

Nach dem Weltcup in Bled (Slowenien) ist Polens „Ruder-Hauptstadt“ nun der zweite „Check In“ für das DRV-Team von Cheftrainer Marcus Schwarzrock. Die nationale EM-Qualifikation überstanden haben neben Hannes Ocik (Schwerin) auch die drei Rostocker Julia Wärmer (vorher Lepke), Marie-Louise Dräger, Stephan Krüger und die Ex-Hanseaten Felix Drahotta (Achter) und Wiebke Hein (Ersatzfrau).

Hannes Ocik – der „Neue Schlagmann“ des Deutschland-Achters

Für den noch 23-jährigen Ruderrecken von der Schweriner RG ist es das erhoffte Comeback. 2013 startete er von „Null auf Einhundert“ durch, wurde Europameister und Vize bei der WM. „Doch in der letzten Saison klappte nach einigen K- und V-Ausfällen nichts mehr und es blieb nur die Rolle des Tribünengastes übrig.“, erinnert sich der Polizeimeisteranwärter bei der Landespolizei MV an den Tiefpunkt seiner bisherigen Sportkarriere.

Danach stellte er seine innere Uhr für Rio auf Anfang und wagte in Dortmund, dem Trainingsort des Deutschland-Achters, den Neuanfang. „Bis jetzt liege ich über meiner Marschtabelle. Dem Auftaktsieg in Leipzig folgte DM-Silber im Zweier. Beides waren Empfehlungen für Bundestrainer Ralf Holtmeyer und den von ihm betreuten Deutschlandachter.“, sieht sich der Rückkehrer fast am Ziel seiner Träume.

In Poznan probiert der „Boss“ nun Hannes auf der wichtigen Position des Schlagmannes. Er soll mit seinem flüssigen Ruderstil das DRV-Flaggschiff wieder in die Erfolgsspur führen, denn die EM ist für Holtmeyer & Co. auch eine WM-Revanche mit Team GB, den Boys von der Insel.

Die gewannen 2013 und 14 jeweils Gold und wollen den „HATTRICK“, aber auch die Russen sind unberechenbar und hungrig auf Erfolg. Nicht zu unterschätzen sind die 2014 WM-Dritten von EM-Gastgeber Polen, die fliegenden Holländer oder neuformierte Boot der Franzosen. „Es wird nichts für schwache Nerven.“, freut sich der Schweriner auf sein Finalrennen am Sonntag um 14 Uhr 33.

Marie-Louise Dräger – die „Kleine Leichte“ rudert ihr EM-Comeback

Sie ist mit 34 Lenzen der „Oldie“ im Team der MECK-POM-Küstenflotte, aber immer noch erfolgshungrig, wie am ersten Tag. „Keine hat so viele Erfolge und Erfahrungen, kann sich im Training quälen und immer wieder neue Ziele abstecken.“, kennt Coach Meinhard Rahn seine nur 57 Kilogramm schwere Vorzeigeathletin nach fast genau 20 Jahren gemeinsamer Wegstrecke besser als jeder andere.

Nach Olympia London im „Schweren“-Einer der Frauen und der Geburt von Sohn Ben ist sie wieder „back to row“ und heiß auf Rio 2016. „Die EM ist nur eine wichtige Etappe, aber Olympia und der Traum von der Medaille.“, spricht sie über ihr Hauptmotiv im schweißtreibenden Tagesgeschäft. Neue Partnerin im leichten Doppelzweier ist die Brandenburgerin Ronja Fini Sturm. In Poznan wird es mit Sicherheit einen neuen Champion geben, da Italien freiwillig dem Championat fernbleibt.

Stephan Krüger – Stammpersonal im Männer Doppelzweier

Mit einer geglückten Generalprobe, dem Weltcupsieg von Bled, wollen er und der „Umsteiger“ der Saison Marcel Hacker den letztjährigen EM-Platz 3 verteidigen. Für eine Medaille wechselte Deutschlands Bester vom Einer in die Bugposition des DRV- „Großbootes“.

Am Umstieg und der Partnerwahl nicht schuldlos ist Stephan selbst, denn mit seinem ersten Meistertitel im Einer, beendete er die „Solo“-Ambitionen des Magdeburgers. Auf dem Malta-See treffen Stephan mit seinem neuen Co. erstmalig auf die 2014-er WM-Champions und Weltrekordhalter, Martin und Valent Sinkovic, aus Kroatien. Neuformiert am Start sind neben dem DRV-Duo auch der letztjährige EM-Sieger Litauen und die EM-Zweiten aus Aserbaidschan.

Ohne Personaltausch haben sich die Weltmeister von 2013 aus Norwegen und die Briten für das 21 Boote angemeldet. „Da entscheidet fast immer die Tagesform, ob man als Top oder Flop über die Ziellinie rudert. Doch wir streben Variante eins an der beiden Optionen an.“, kennt der Athlet vom Rostocker ORC sein Tagesgeschäft.

Julia Wärmer – die Konstante im Frauen-Achter

Seit 2011 ruderte sie in der „größten sportlichen Baustelle“ des DRV und hofft nach EM-Silber und Bronze in den letzten beiden Jahren auf ein weiteres Erfolgserlebnis.
Zum Favoritenkreis zählen die deutschen Damen von Bundestrainer Thomas Affeldt nicht. „Da haben Rumänien, Team GB, die Nachbarn aus Holland, Russland oder die Weißrussinnen andere „Schwergewichte“ – als wir – mit an Bord.“, kennt Julia ihr und das „Drama“ der DRV-Crew.

Vor zwei Wochen war man beim „Race“ in Essen gegen die „Oranjes“ chancenlos. Jetzt wollen sich Julia & Co. besser präsentieren und ihr Bestes geben. Das wird auch nötig sein, will man nicht wie bei der WM im „Kleinen“ der beiden Finals enden und sich weiter in die Kategorie „viel trainiert und nur wenig erreicht“ einsortieren lassen.

Die Rostocker Ruder-Fans werden ihr weiterhin fest die Daumen drücken und die Hoffnung nicht aufgeben. „Die Saison ist erst nach der EM, den beiden Weltcups in Varese (Italien) und Luzern (Schweiz) plus der WM vorbei. Danach werden Plus und Minus vergleichen und werten.“, sieht Julias „Heim-Coach“ Meinhard Rahn mehr Licht als Schatten vor den EM-Rennen.

Detlef Nuelken

Leiter Olympiastützpunkt Rostock