Eine Ruderin und drei Ruderer aus M-V nach Rio

Zweite Nominierungsrunde des DOSB abgeschlossen

Der Rudersport steht in Mecklenburg-Vorpommern zurzeit im Blickpunkt. Kein Wunder, denn bei der zweiten von drei Nominierungsrunden des Deutschen Olympischen Sportbundes wurden eine Ruder-Athletin und drei Ruder-Athleten aus dem deutschen Nordosten für die Olympischen Spiele in Rio offiziell berücksichtigt:

Marie-Louise Dräger (Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock, Leichtgewichts-Doppelzweier), Stephan Krüger (Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock, Doppelzweier), Hannes Ocik (gebürtiger Rostocker, Schweriner Rudergesellschaft von 1874-75, Achter) und Felix Drahotta (gebürtiger Bad Doberaner, früher Rostocker Ruder-Club von 1885, jetzt Leverkusen). Dazu kommt noch die Schweriner Stabhochspringerin Martina Strutz.

Olympische Achter-Tradition für M-V wird fortgesetzt

Insbesondere die Achter-Recken Hannes Ocik und Felix Drahotta hoffen auf eine sehr erfolgreiche Olympia-Regatta für ihren Deutschland-Achter, konnten diese noch bei den WM 2015 Zweite hinter Großbritannien und 2016 Europameister vor Russland bzw. Großbritannien werden. Aber auch die Niederlande sind enorm stark und aus Übersee (Nordamerika, Australien, Neuseeland) ist immer mit Achter-Überraschungen zu rechnen.

Sechsmal ganz oben

Insgesamt waren deutsche Herren-Achter bei Olympia übrigens sechsmal auf Rang eins (Bundesrepublik 1960, 1968, 1988, DDR 1976 und 1980, vereint 2012). Dabei ruderten im goldenen DDR-Achter in Montreal 1976 auch fünf Ruderer vom ASK Vorwärts Rostock mit Werner Klatt, Joachim Lück, Ulrich Karnatz, Karl-Heinz Prudöhl und Karl-Heinz Danielowski. In Moskau 1980 jubelten ebenfalls zwei Ruderer vom ASK Vorwärts Rostock über Olympia-Gold, erneut Ulrich Karnatz und Ulrich Kons.

Die beste Achter-Flotte bei den Herren in der olympischen Historie hatten jedoch die USA mit 12 x Gold, vor Deutschland mit 6 x Gold, Kanada und Großbritannien mit jeweils 3 x Gold, Neuseeland sowie den Niederlanden mit 1 x Gold.

Hans Sennewald 1992 mit Bronze

Bei den Spielen 1992 in Barcelona war auch Hans Sennewald (bis 1990 ASK Vorwärts Rostock, nach 1990 Olympischer Ruder-Club Rostock) Mitglied des bronzenen Deutschland-Achters und der gebürtige Ueckermünder Peter Thiede, vor 1990 ASK Vorwärts Rostock, nach 1990 Olympischer Ruder-Club Rostock sowie Ruder-Club Hansa Dortmund, erkämpfte in Atlanta 1996 Silber mit dem Deutschland-Achter.

Weitere Höhepunkte im Herren-Achter für M-V

Das erste olympische Achter-Gold aus M-V-Sicht erkämpfte Karl-Heinrich von Groddeck, der in Tutow (Landkreis Vorpommern-Greifswald) geboren wurde. Er sicherte sich Olympia-Gold mit dem Deutschland-Achter 1960 in Rom und zudem Olympia-Silber 1964 in Tokyo. In Tokyo waren unter anderem auch der gebürtige Neustrelitzer Klaus Aeffke und der gebürtige Neubrandenburger Hans-Jürgen Wallberg mit „an Bord“.

Des Weiteren errang Karl-Heinrich von Groddeck Olympia-Silber 1956 in Melbourne mit dem „Zweier mit“, 1962 schaffte er auch WM-Gold im Achter sowie 1959, 1963 und 1964 jeweils EM-Gold im Achter.

Eine olympische Bronzemedaille errang vor 44 Jahren bei den Olympischen Spielen 1972 in München der Schweriner Manfred Schneider im DDR-Achter.

Olympisches Frauen-Rudern mit Erfolgen für M-V

Und auch im olympischen Frauen-Rudern erlebte M-V oft erfolgreiche Momente. Seit den Olympischen Spielen 1976 in Montreal, dort fand erstmals eine olympische Ruder-Regatta für Damen statt, gehörten Ruderinnen aus Mecklenburg und Vorpommern, die hier zumindest „ihre Wiege“ oder ihren Verein hatten, regelmäßig zu den erfolgreichen Olympionikinnen.

Bereits in Montreal 1976 gab es durch die 1956 in Stralsund geborene Monika Kallies Olympia-Gold im Achter und durch die 1954 in Neukalen zur Welt gekommenen Anke Borchmann ebenfalls Olympia-Gold im Doppelzweier. Die heutige Wahl-Schwerinerin Petra Boesler (verheiratete Wach) holte Silber im Doppelzweier.

In Moskau 1980 konnten Cornelia Linse aus Greifswald und Heidi Westphal aus Gnoien über Silber im Doppelzweier jubeln. Die in Strasburg geborene Ramona Kapheim schaffte dort Gold mit dem Vierer mit.

Vier Jahre später folgte dann der Olympia-Boykott vieler real-sozialistischer Länder in Los Angeles, so dass auch potentielle rudersportliche Olympionikinnen aus M-V um ihre Teilnahme-Chance 1984 gebracht wurden.

Goldene Momente in Seoul

Dafür sorgten dann Kathrin, Silvia und Jana 1988 in Seoul für Furore. Die gebürtige Wismarerin Kathrin Haacker gewann Gold im Achter, Silvia Rose, aus Barth stammend, erkämpfte Gold im Vierer mit und Jana Sorgers, in Neubrandenburg geboren, errang Gold im Doppelzweier.

Kathrin Haacker war dank einer Talente-Sichtung in Mecklenburg zum Rudersport gekommen. So wuchs Kathrin im kleinen mecklenburgischen Dorf Passee bei Wismar auf und im Jugend-Alter erfolgte eine sportliche Sichtung in der Schule und Kathrin wurde als Ruderin „erwählt“. Da im Ruder-Leistungszentrum des ASK Vorwärts in Rostock nur Männer ruderten, wurde die 1967 in Wismar geborene Athletin weiter nach Berlin zur Kinder- und Jugendsportschule bzw. zum SC Dynamo delegiert. Dort begann letztendlich ihr rudersportlicher Aufstieg.

Das Olympia-Gold in Seoul war für Kathrin Haacker letztendlich „die Erfüllung eines Lebenstraumes“. Nachdem ihr 1986 der internationale sportliche Durchbruch gelang, wollte sie es unbedingt wissen: Olympia nicht nur erleben, sondern – möglichst siegreich – zu genießen. Kurz vor den Olympischen Spielen in Seoul stieg Kathrin, auf Anraten der Trainer, vom Zweier ohne in den Achter um – eine goldrichtige Entscheidung. Es war für die Mecklenburgerin dann „ein super Gefühl, ganz oben auf dem olympischen Podest zu stehen“. Ihre mecklenburgische Heimat besucht Kathrin aber immer noch.

Erfolge und Medaillen auch nach 1996

Sehr erfolgreich bei olympischen Ruder-Regatten war ebenfalls die aus Waren-Müritz stammende Katrin Rutschow-Stomporowski – Gold im Doppelvierer 1996, Einer-Bronze 2000 und Einer-Gold 2004.

Bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona hatten erneut einige „M-V-Frauen“ die rudersportliche Erfolgsspur gefunden. Einerseits holte Kathrin Haacker mit Olympia-Bronze im Achter, zusammen mit der gebürtigen Kühlungsbornerin Dana Pyritz (Zwillingsschwester Jana war auch eine erfolgreiche Ruderin…) eine weitere Olympia-Medaille, andererseits war die mit Schwerin verbundene Sybille Schmidt mit Gold im Doppelvierer vorne dabei. Die gebürtige Schwerinerin Annette Hohn belegte mit dem Vierer ohne Rang drei.

Und die Neubrandenburgerin Jana Sorgers konnte sich hingegen 1996 in Atlanta erneut über Gold freuen – wieder im Doppelvierer. Ganz knapp verpasste Marie-Louise Dräger 2008 im leichten Doppelzweier mit Platz vier eine Medaille… Aber das kann sich in Rio 2016 ja ändern…

Interessante Regatten im Sportsommer 2016

Ansonsten ist im Rudersport im Sportsommer neben den olympischen und paralympischen Regatten eine Menge los. Am ersten Juli-Wochenende findet die „Henley Royal Regatta“ statt, die seit 1839 ausgetragen wird. Auf dieser Strecke wurden 1908 und 1948 auch die olympischen Ruder-Wettbewerbe veranstaltet. Der Usedomer Bernhard von Gaza war dort 1908 im Einer Halbfinalist.

Auch die 45.Ruder-WM vom 21.August bis 28.August in Amsterdam locken. Innerhalb dieser Titelkämpfe werden die Entscheidungen in den nicht-olympischen Bootsklassen, im Junioren-Bereich und im U 23-Bereich organisiert. Seit 1967 gibt es Junioren-WM im Rudern bzw. seit 1976 (zunächst Nationencup) WM im Rudern in der Altersklasse U 23. Für Amsterdam wurden für den dortigen U 23-Achter der Rostocker Malte Daberkow und der Schweriner Finn Knüppel berücksichtigt. Und im September folgt noch die paralympische Regatta.

Marko Michels