Eine Pionierin der langen „Schwimm-Kanten“

Die frühere Rostocker Erfolgs-Schwimmerin Peggy Büchse-Dietrich im Blick

Lang ist es her und doch so lange auch wieder nicht… Zwischen 1995 und 2001 beherrschte eine Langstrecken-Schwimmerin aus Rostock die „langen maritimen Kanten“ wie keine Andere. Peggy Büchse, verheiratete Büchse-Dietrich, dominierte die nationalen und internationalen Wettbewerbe im Freiwasser-Schwimmen seinerzeit fast nach Belieben.

Ihre internationale Ausbeute in sechs Jahren – atemberaubend: bei den EM von 1995 bis 2000 insgesamt 5 x Gold, 1 x Silber, bei den WM 1998 bis 2001 insgesamt 2 x Gold, 2 x Silber, 2 x Bronze und dazu 1998 und 1999 Gesamt-Weltcup-Siegerin.

Peggy Büchse – eine Wegbereiterin des Langstreckenschwimmens

Peggy Büchse gehört damit nicht nur zu den erfolgreichsten Schwimmerinnen und Schwimmer in der Sportgeschichte von M-V, nein, auch international ist die „Langstrecken-Pionierin“, als das Langstrecken-Schwimmen leider noch nicht olympisch war, eine der Besten aller Zeiten.

Tja, gerade im schwimmsportlichen EM-Jahr 2014 – vom 13.August bis 24.August finden die 32.Schwimm-Europameisterschaften in Berlin statt – erinnert man sich gern an „alte Zeiten“ und „ewig junge“ Protagonistinnen von einst.

M-V und der Schwimmsport

M-V, EM und Schwimmen: Da gab es eh immer viele erfreuliche Momente. Neben Peggy Büchse ist die Liste der Erfolgs-Schwimmerinnen und –Schwimmer „Made in M-V“ bei Europameisterschaften „sehr üppig“. So erkämpfte Britta Kamrau (Rostock) zwischen 1999 und 2008 dreimal Gold, dreimal Silber sowie viermal Bronze. Frank Wiegand schaffte von 1962 bis 1966 viermal Gold, zweimal Silber bzw. zweimal Bronze.

Die gebürtige Schwerinerin Rosemarie Gabriel kam 1974 auf dreimal Gold, wie auch Caren Metschuck, die gebürtige Greifswalderin und Wahl-Rostockerin, die es Rosemarie Gabriel 1981 „nach machte“.

Weitere sehr erfolgreiche Schwimmerinnen und Schwimmer aus M-V bei EM waren ebenfalls unter anderem Egon Henninger (Rostock) mit jeweils einmal Gold, Silber sowie Bronze zwischen 1962 und 1966, Klaus Katzur (Rostock) mit zweimal Gold, einmal Bronze zwischen 1966 und 1970, Frank Pfütze (Rostock) mit einmal Gold, zweimal Bronze zwischen 1974 und 1977, Andrea Pollack (Schwerin) mit zweimal Gold, einmal Silber 1977, Patrick Kühl (Güstrow) mit zweimal Silber, einmal Bronze zwischen 1987 und 1991 oder  Lars Hinneburg (Rostock) mit zweimal Silber zwischen 1985 sowie 1987.

Der Wahl-Rostocker Thomas Rupprath holte  zwischen 1997 und 2002 zweimal Gold, viermal Silber und einmal Bronze (ohne Kurzbahn-Bilanz) aus den EM-Becken jener Jahre.

Aber zurück zu Peggy Büchse, Jahrgang 1972, die zwar im Wasser sehr erfolgreich war, aber nicht nur dort.

So studierte sie an der Universität Rostock Sportwissenschaften, Erziehungswissenschaften und Anglistik und war bzw. ist nach ihrer sportlichen Karriere als Dozentin tätig, zunächst an der Universität Regenburg, nun an der Universität Augsburg.

Wie geht es Peggy Büchse-Dietrich eigentlich? Was macht Sie zurzeit?

Nachgefragt

Peggy Büchse-Dietrich über ihre schwimmsportliche Karriere, ihre persönliche sowie berufliche Entwicklung und neue Ziele

„Ich bin ein glücklicher Mensch…“

Frage: Peggy, gerade einmal dreizehn Jahre liegt ihr letzter großer internationaler Schwimm-Erfolg zurück… Wie verliefen die letzten Jahre dabei für Sie? Wie verlief das Leben mit bzw. ohne Wasser für Sie?

Peggy Büchse-Dietrich: Ich kann als glücklicher und zufriedener Mensch sagen, dass die letzten 13 Jahre auch so erfolgreich wie meine sportliche Karriere waren. Bereits mein Magister-Studium der Erziehungs- und Sportwissenschaften an der Universität Rostock war optimal für mich.

Parallel dazu wohnte ich bereits mit meinem damaligen Lebensgefährten in Regensburg. Aus dieser Beziehung ging mein erster Sohn hervor. Ich hatte dann eine Tätigkeit als Dozentin an der Uni Regensburg, einer Stadt, die mir sehr gefällt. Mein neues Glück fand ich mit meinem derzeitigen Ehemann Volker, den ich bei einem Schwimmsport-Seminar kennen lernte.

Mit ihm habe ich zwei weitere Söhne, die 2011 und 2013 geboren wurden.

Auch an der Uni Augsburg  war ich dann als Dozentin tätig. Mit Studenten zu arbeiten, ihnen das notwendige Wissen zum Sport, speziell Schwimmsport, zu vermitteln, das ist fast schon eine Berufung für mich. Dennoch: So schön diese Tätigkeiten als befristet Angestellte und Freiberuflerin auch waren, ich bin jetzt dabei, mir neue berufliche Ziele zu stecken. Ich möchte eine feste Tätigkeit mit festen Perspektiven… Aber die letzten Jahre waren ein großes Glück für mich.

Frage: Inzwischen haben Sie geheiratet – den Triathleten Volker Dietrich. Gilt für Sportlerinnen die Devise „Gleich und gleich gesellt sich gern…“?

Peggy Büchse-Dietrich: Na ja, mit einer „Couch-Potato“  hätte ich Schwierigkeiten gehabt. Aber für mich ist diese Beziehung, diese Ehe ein einziges Glücksgefühl. Es gibt ja viele „innersportliche Ehen“, denn es ist schon wichtig, dass man die gleichen Interessen hat, ähnlich „tickt“.  Volker gründete übrigens den Triathlon-Verein „AL-KO Triathlon Augsburg e.V.“ und ist begeisterter Freizeit-Triathlet.

Frage: Inwieweit sind Sie dem Schwimmsport noch verbunden? Nehmen Sie auch an Masters-Wettbewerben teil?

Peggy Büchse-Dietrich: Also an leistungssportlichen Wettkämpfen nehme ich nicht mehr teil, bin aber als Trainerin im Augsburger Triathlon-Verein engagiert. Die langen Strecken sind eben Vergangenheit, nur Teil meiner beendeten schwimmsportlichen Karriere.

Frage: Sie wohnen jetzt in Augsburg – da denkt man gleich an das Heerlager von Kaiser Augustus, die Fugger-Dynastie, die Augsburger Puppenkiste, die Sankt-Anna-Kirche, die einst auch in einem James-Bond-Streifen eine Rolle spielte, an die olympischen Kanu-Slalom-Wettbewerbe 1972 oder an das Bundesliga-Fußball-Team…

Wie gefällt es Ihnen in Augsburg? Haben Sie aber noch Kontakt zur alten Heimat?

Peggy Büchse-Dietrich: Augsburg ist eine sehr schöne Stadt, wenngleich es mir in Regensburg noch etwas besser gefiel. Aber mein Mann und dessen Familie wohnen schon viele Jahre in Augsburg und ich wurde dermaßen herzlich aufgenommen, dass ich mich entschied: Hier möchte ich bleiben und habe es auch bislang keine Sekunde bereut – im Gegenteil!

Was Rostock betrifft: Natürlich gibt es noch intensive Kontakte, denn meine Eltern und meine beiden Geschwister wohnen ja dort. Zudem kontaktiere ich „ab und zu“ ebenfalls meinen früheren Trainer Christian Bartsch. Und zwei Freundinnen in Rostock gibt es zudem…

Wie groß meine Verbundenheit zu Rostock ist, beweist folgender Glückstag… So heiratete ich – ziemlich unbemerkt – im Dezember 2010 in Rostock meinen jetzigen Mann. Dessen Familie und wir wohnten dabei in Warnemünde. Schon als kleines Mädchen hatte ich immer davon geträumt, in meiner Heimatstadt zu heiraten – und vor dreieinhalb Jahren wurde dieser Traum Realität.

Frage: Sie nahmen ja „ungewollt“ Abschied vom Langstrecken-Schwimmen, als bekannt wurde, dass diese Disziplin doch nicht in das olympische Programm 2004 Aufnahme finden sollte … Erst 2008 war es dann mit der olympischen Premiere so weit.  Im Rückblick: Fehlen Ihnen diese entgangenen olympischen Momente in Ihrer sportlichen Karriere?

Peggy Büchse-Dietrich: Ich habe in den Jahren zwischen 1995 und 2001 alles gewonnen, was man im Langstreckenschwimmen gewinnen konnte. Klar, die olympischen Momente fehlen mir – das ist unbestritten.

Aber ich bin froh, dass ich zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung traf. Man soll ja bekanntlich die Party verlassen, wenn die Stimmung auf dem Höhepunkt ist. Mit dem Gewinn des WM-Titels 2001 wurde meine sportliche Laufbahn nochmals gekrönt, es hätte wahrscheinlich nur schlechter werden können. Und mein Anspruch war es immer, auch Medaillen gewinnen zu können.

Wäre Langstreckenschwimmen 2004 olympisch geworden, wäre ich nach 2001 aktiv geblieben. Ich hätte dann aber dennoch – nicht zuletzt wegen des Studiums – eine Pause einlegen müssen. Die Entscheidung wurde mir abgenommen, weil sich das IOC gegen eine Aufnahme des Langstreckenschwimmens in das olympische Programm 2004 entschied.

Natürlich hätte ich trotzdem weiter machen können, denn ich hatte  seinerzeit viele Sponsoren. Aber Geld ist für mich wahrlich nicht alles, das Langstreckenschwimmen war für mich eine Leidenschaft, der mein Sportlerinnen-Herz gehörte.

So wie es gekommen ist, ist es gut, ja sehr gut.

Mitunter hätte ich mir während meiner aktiven Laufbahn allerdings etwas mehr Unterstützung und Wertschätzung seitens des Deutschen Schwimm-Verbandes gewünscht, aber ich bin da nicht nachtragend…

Letzte Frage: Werden Sie die Schwimm-EM in Berlin 2014 auch intensiv verfolgen?

Peggy Büchse-Dietrich: So genau verfolge ich die Wettkämpfe nicht mehr, dass ich EM-Prognosen für die möglichen Titelträger abgeben kann, habe aber die nun schon sehr lange Karriere von Angela Maurer schon im Blick.

Es soll während der EM in Berlin ja ein Treffen der ehemaligen Schwimmerinnen und Schwimmer geben… Mal schauen, vielleicht fahre ich dorthin!

Vielen Dank und alles erdenklich Gute für Sie und Ihre Familie!

Marko Michels