Eine neue Leistungssportreform muss her?!

Zurück in die Vergangenheit oder lernt Sportdeutschland einfach nicht dazu…


„In aller Munde“, ganz gleich, ob diese sportlich oder weniger sportlich sind, ist zurzeit die Leistungssportreform. Die Ergebnisse der letzten Olympischen Spiele, im Winter wie im Sommer, waren aus deutscher Sicht nicht gerade berauschend.

Depressionen nach „olympisch-spielerischen Schlappen“?!

Bei den Winterspielen 2014 in Sotschi fiel Schwarz-Rot-Gold noch hinter den Niederlanden auf Rang sechs des Medaillenspiegels zurück. In Rio 2016 wurde das deutsche Team Fünfter.

„Ich schreib`s auf jede Häuserwand: Neue Sportler braucht das Land…“

Da muss etwas geändert werden, da muss Abhilfe geschaffen werden, das muss besser werden. Meinen jedenfalls Sportpolitiker, Sportjournalisten und Sportfunktionäre. Leider sind die meisten von diesen Wortführern eher abgeschlafft, nicht sonderlich durchtrainiert, haben die besten sportiven Jahre hinter sich und versuchen gegen den Adipositas-Faktor bei sich selbst anzukämpfen.

Nun ist das Körperliche ja das eine, das andere ist das Geistige. Wohl gemerkt: Nur in einem gesunden Körper gedeiht auch ein gesunder Geist… Leider ist der geneigte Sportfan immer wieder überrascht, was nun an Losungen schwadroniert wird, die eigentlich aus den Mottenkisten der deutschen Sportbewegungen stammen könnten.

Immer höhere Ziele

Hohe Ziele hat man sich gesetzt. Die Überlegenheit der deutschen Körpertüchtigkeit gilt es zu beweisen. Die Konkurrenz will man überholen, ohne einzuholen… Vorwärts immer, rückwärts nimmer!

Na klar, wir sind die Besten. Fussball-Weltmeister. Formel 1-Weltmeister. Frauen-Fussball-Olympiasieger. Weltmeister im Sprüche klopfen und Pläne schmieden.

Muss das sein?!

Schon jetzt ist die Unterstützung für den Hochleistungssport immens. Wozu eigentlich? Hängt das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen des Einzelnen in die eigene Kraft bzw. die seines Landes davon ab, ob irgendwelche Leichtathleten, Radfahrer, Kanuten, Ballspieler, Turner, Reiter, Schwimmer, Schlittensportler, Skisportler, Curler oder Ruderer Medaillen bei WM, EM oder Olympia scheffeln?

Na gut, schaut man sich die Fan-Szenen im Fussball an, dann mag das wohl so sein. Aber wir reden ja auch an dieser Stelle vom aufrichtigen Sport – nicht von ballförmigen Hütchenspielen zur Profitmaximierung von Sponsoren, TV-Anstalten und sonstigen Anstalten bzw. ähnlichen Einrichtungen.

Völlig schnuppe…

Es ist doch völlig schnuppe, ob wir fünf, zehn, fünfzehn oder fünfzig Goldmedaillen gewinnen, so lange es aufrichtig zugeht, der wahre Sport zählt – und nicht die „Ware Sport“ – und „Drugs“ tabu sind. Dass das nicht der Fall ist, wissen wir jedoch seit 1896 in Athen. Seitdem wurde es immer schlimmer, auch in Deutschland oder den Deutschländern.

Ursache war und ist immer Masslosigkeit. Nur weil andere ihr Geld für leistungssportlichen Nonsens verpulvern, müssen wir da nicht hinterher juckeln.

Es ist völlig gleichgültig, ob Amerikaner, Briten, Chinesen, Koreaner, Australier, Russen oder Japaner, mehr Medaillen gewinnen. Jede und jeder, der bei klarem Verstand ist, weiss, wie diese zu ihren Plaketten kamen. Vom unsportiven Drill ganz zu schweigen.

Drugs, Drill und Geldverschwendung – das verbindet man heute leider mit dem Hochleistungssport und die Saat dafür haben IOC, Geschäftemacher, Sportpolitiker, Funktionäre und Pseudo-Journalisten gelegt, die den Sport als ihre Bühne betrachten, für welche die Sportler nur Fassade sind und für die viele Medaillen als Ausdruck wirtschaftlicher und sogar persönlicher Potenz gelten. Viagra lässt grüssen – und die ist noch nicht einmal Olympiasiegerin.

Das grosse Diskutieren hat begonnen

Nun beginnt das grosse Diskutieren in den grossen Sportfachverbänden in Deutschland, wie man zu alter, Entschuldigung, zu neuer Grösse – im Hochleistungssport – kommen könnte.

Da preschten nun die Ruderinnen und Ruderer, also deren Fachverband, nach vorn.

April, April!

Während der Langstrecken-Regatta am ersten April-Wochenende in Leipzig will der Deutsche Ruderverband über den aktuellen Stand der Umsetzung der Leistungssportreform im Ruder-Bereich informieren. Ausgerechnet am 1.April eine ernsthafte Diskussion darüber führen zu wollen, hat schon etwas.

So verlautbarte der DRV bereits vorab: … „Der erfolgreichen Tradition folgend wurden klare Ziele für die Olympischen Spiele ausgerufen: Wir wollen in Tokyo 2020 in der Nationenwertung wieder unter die Top3 rudern und 2024  die Führung in der Nationenwertung übernehmen…“ (Weitere Informationen sind dem Beitrag „Quo vadis Ruderleistungssport?“ auf der Homepage des Deutschen Ruderverbandes zu entnehmen!)

Wer übernimmt was?!

Also: Man will etwas übernehmen. Platz eins in der Nationenwertung im Rudern in sieben Jahren. Alle Achtung. Wenn da nun alle anderen Sportfachverbände nachziehen und die anderen Länder nicht mehr den alten Falco-Song singen: „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da!“, dann ist Deutschland im olympischen Weltsport wieder die Nummer eins. Bei den Sommerspielen gelang das offiziell nur einmal: 1936 in Berlin… Und dann vierzig Jahre später, 1976 in Montreal, wenn man Deutschland-Ost und Deutschland-West zusammen zählt, zum zweiten Mal.

Bei Winterspielen passierte das sogar viermal: 1984 in Sarajevo dank der DDR, 1992 in Albertville, 1998 in Nagano und 2006 in Turin ganz schwesterlich/brüderlich vereint…

Sportliche Wärme wird benötigt

An diesen Mega-Erfolgen „wärmt“ sich die deutsche Krämer-Seele ja heute noch.

Damit nun das Erfolgsfeuer neu entfacht werden kann, muss ein neues Erfolgskonzept her – und das soll sich 2020 in Tokyo und 2024 in „JWD“ voll auszahlen… Na ja. Geld, Gold und Gender-Mainstream, das kann nichts Vernünftiges werden.

Wir kreiden an!

Was der geneigte Sportfan den Ruder-Freaks besonders ankreidet, ist allerdings die Tatsache, dass die Bundesstützpunkte Ratzeburg/Hamburg, Berlin/Potsdam und Dortmund sein sollen.

Und was bitte schön ist mit MeckPomm. Die erste olympische Ruder-Medaille „für M-V“ gab es mit „Bronze“ bereits 1908 in London durch den Usedomer Bernhard von Gaza im Einer, die vorerst letzten 2016 in Rio durch die Achter-Ruderer Hannes Ocik (gebürtiger Rostocker, für die Schweriner Rudergesellschaft startend) bzw. den gebürtigen Bad Doberaner Felix Drahotta.

Namen, wie Siegfried Brietzke, Joachim Dreifke, Katrin Rutschow-Stomporowski, Jana Sorgers, Ulrich Kons & Co., sorgten für goldene Ruderzeiten, ganz gleich, welche politischen Administrationen in Deutschland gerade das scheinbare „Sagen“ hatte. Und das soll alles nicht zählen!

Wenn das also so weiter geht, mit dem Ignorieren, Diskriminieren und Negieren, nicht nur in puncto Rudern und gerade auch in puncto neue Erfolgskonzepte „Made in M-V“, dann kann manch geneigter Sportfan für nichts mehr garantieren. Dann wird gerudert, was das Zeug hergibt – bis zur nächsten „Wende“. Danach sind Medaillenspiegel mit Top-Positionen eh überflüssig… Auch für maritime Sportarten.

Bis denn, denn…

Marko Michels