Die Klassiker-Tage 2017 in Wismar im Fokus
Nun ist es endlich auch in Wismar so weit. Die dortigen Festspiele, die Klassiker-Tage Wismar, starten am 6.Juli und werden bis zum 12.August dauern. „Faust I“ wird zwischen dem 6.Juli und 29.Juli in dreizehn Vorstellungen präsentiert. Dann folgt der „Jedermann“ zwischen dem 3.August und 12.August in sieben Aufführungen.
Sankt-Georgen-Kirche ist der Spielort
Im Gegensatz zu anderen Festspielen zwischen Schwerin über Rügen bis Usedom kann den Klassiker-Tagen in Wismar das wechselhafte norddeutsche Wetter nichts anhaben, denn gespielt wird in der traditionsreichen und imposanten Sankt-Georgen-Kirche.
Die Klassiker-Tage in Wismar, speziell in Sankt-Georgen… Wie kam es eigentlich dazu?!
Dazu verriet Sascha Gluth, der einst – von 2002 bis 2012 – den „Störtebeker“ bei den gleichnamigen Festspielen in Ralswiek auf Rügen verkörperte und die KLassiker-Tage maßgeblich mitbegründete, in einem Interview im Dezember 2016: „Vor einigen Jahren erhielt ich eine Einladung zum Schwedenfest in Wismar und konnte die Wismarer Altstadt auch etwas erkunden. Ich sah schon das Potenzial, das Wismar bot, hatte so den Eindruck, dass diese Stadt kulturell „wach geküsst“ werden müsste. Als wir dann vor 3 Jahren an der Entwicklung der Festspiele und der Produktion des `Jedermann` arbeiteten, gab letztlich die Sankt Georgen-Kirche den entscheidenden Ausschlag – ein einmaliges Gebäude mit einer einzigartigen Architektur und beeindruckenden Geschichte und mithin das zweitgrösste Wiederaufbau-Projekt nach der Frauenkirche in Dresden nach der Wende.
Die Atmosphäre dort, die Kulisse – das ist schon imponierend. Was für mich auch wichtig war, ist das Alleinstellungsmerkmal der Festspiele Wismar. Es ist kein Action-Festival und keine Musiktheater-Festival, nein, es ist ein echtes Schauspiel-Festival, das es in dieser Qualität so noch nicht gibt…“
Aktualität des „Faust“ nach wie vor groß
Und die Aktualität des „Faust“ ist in der Gegenwart groß. Es wird nach den „Sternen“ gegriffen, viele einzelne Mensch von heute wollen das Paradies auf Erden schaffen, versuchen ihre Definition von Fortschritt, Demokratie und Nächstenliebe „auf Teufel komm raus“ durchzusetzen und merken nicht, dass sie das Vorhandene nicht erneuern bzw. verbessern, sondern nachhaltig zerstören.
Im Gegensatz zu Mephisto, der Teil jener Kraft ist, die stets das Böse will und stets das Gute schafft, ist der vermeintliche „Gutmensch“ der Gegenwart eher ein Teil jener Kraft, die unbedingt das Gute möchte und dadurch das Böse befördert.
Wie sagte schon ein denkwürdiger Politiker, der „mit bösen politischen Mächten“ schlimmste Erfahrungen machte, Dr. Kurt Schumacher, bereits 1951: „Die Gefahr droht der Demokratie nicht durch ihre Feinde von links oder rechts, Gefahr droht ihr von jenen, die auf die Gunst der Stunde warten, die sich selbst als das Maß der Dinge sehen, sich selbst in den Mittelpunkt stellen…“
Unsägliche Kämpfe der Gegenwart
Heute werden Kämpfe gegen Gegner geführt, die eigentlich keine sind. Die eigentlichen Feinde der Menschheit werden jedoch geflissentlich übersehen: die Gier, die Karrieresucht, die obskuren Ideologien und die mangelnde Toleranz gegenüber Andersdenkenden.
Man kann Michail Gorbatschow, der die Welt zumindest partiell zum Positiven veränderte, gar nicht genug zitieren, vor allem sein „Arche-Noah-Zitat“: „Wir alle sind Passagiere an Bord des Schiffes Erde, und wir dürfen nicht zulassen, dass es zerstört wird. Eine zweite Arche Noah wird es nicht geben.“
Aber genau das passiert: Aus Macht- und Gier-Gelüsten heraus werden gesellschaftliche Veränderungen in Angriff genommen, wobei sich seltsamer Handlanger bedient wird, um einen nachhaltigen Umbau der Gesellschaft zu realisieren, der am Ende nur destruktive Kräfte entfachen wird…
Da sind tausend Mephistos sympathischer als zweitausend selbst ernannte Friedensengel, die erst straucheln und dann fallen werden. Es gibt schon zu viele Pharisäer auf dieser Welt.
Klasse, dass Sascha Gluth und sein Team den „Faust“ wieder auf die Bühne der Sankt-Georgen-Kirche in Wismar bringen werden. Sascha Gluth ist ohnehin ein Macher und begnadeter Schauspieler. Und noch viel wichtiger auch ein Freidenker, der es nicht nötig hat sich mit irgendwelchen „Allmächtigen“ einzulassen. Er spielt den „Doktor Faust“ – eine treffende Rolle für ihn. Eine Rolle, die ihn nicht nur künstlerisch adelt…
Die Vorstellungen in der Sankt-Georgen-Kirche in Wismar
Faust 1 (jeweils um 19.30 Uhr, Ausnahme Vorstellung am 16.Juli um 16.00 Uhr)
6.Juli, 7.Juli, 8.Juli, 13.Juli, 14.Juli, 15.Juli, 16.Juli, 20.Juli, 21.Juli, 22.Juli, 27.Juli, 28.Juli und 29.Juli
Jedermann ( jeweils um 19.30 Uhr)
3.August, 4.August, 5.August, 6.August, 10.August, 11.August und 12.August
Text/Fotos: Marko Michels