Dioxin im Elbe-Sude-Deichvorland: Keine Betretungsverbote erforderlich

„Soweit im Gebiet der Elbdeiche, der Polder und der Vordeichflächen die dort üblichen Betretungen und Freizeitaktivitäten erfolgen, besteht nach aktuellem Kenntnisstand keine Gefährdung für Menschen durch Dioxine“, teilt heute der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Till Backhaus mit.


Dabei machte er deutlich, dass für die Anlagen des Hochwasserschutzes ohnehin Betretungsverbote gelten. „Wer sich an die zur Benutzung frei gegebenen Wege und Flächen hält, setzt sich keinem Risiko aus.“ Der Grenzwert für Park- und Freizeitflächen, aber auch für Wohngebiete liege bei 1 000 Nanogramm Dioxin je Kilogramm Bodentrockenmasse. „Probenahmepunkte, bei denen über 1 000 Nanogramm gemessen wurden, liegen im Elbdeichvorland auf Flächen bei Klein Schmölen und Boizenburg sowie in den Poldern Mankenwerder und Gothmann“, so der Minister. Der maximale gemessene Wert betrage 1 854 Nanogramm.

„Alle Flächen sind abseits der Wohnbebauung gelegen und werden typischer Weise nicht für Freizeitaktivitäten genutzt“, erläutert Dr. Backhaus weiter. „Nach Expertenmeinung wird bereits eine Begrünung der Flächen mit einer geschlossenen Rasendecke, wie sie in den betroffenen Gebieten vorhanden ist, als ausreichend angesehen, um Menschen vor Gefahren aus über dem Grenzwert liegenden Bodenbelastungen zu schützen.“ Ein Vergleich der Grenzwerte für Kinderspielplätze mit den im Elbdeichvorland gemessenen Werten – wie kürzlich in einem Medienbericht – sei dagegen nicht sachgerecht.

Dass für Kinderspielplätze ein besonders niedriger Grenzwert für Dioxine gelte, der auch einen entsprechend hohen Vorsorglichkeitscharakter trage, sei zunächst nachvollziehbar. Schließlich handele es sich um von Kindern intensiv genutzte Gebiete, wo insbesondere Kleinkinder Gegenstände in den Mund nehmen und dabei nicht selten auch Sand. Im betroffen Elbe- und Sudebereich seien weder offizielle Badestellen noch Kinderspielplätze ausgewiesen, so dass ein vergleichbar intensiver Erdkontakt eher nicht vorkommen dürfte. Sollten sich gerade Kinder jedoch häufig dort bewegen, wo dies aus Gründen des Hochwasserschutzes, des Naturschutzes oder wegen der erhöhten Risiken eines Überflutungsgebietes eigentlich nicht erlaubt sei, oder direkt auf technischen Einrichtungen des Hochwasserschutzes, appelliert der Minister an die Erwachsenen, ihre Aufsichtspflichten wahrzunehmen und die Kinder auf die dort ohnehin bestehenden Gefahren hinzuweisen.

Was die potenzielle Gefährdung für Personen anbelange, die in der Flächenbewirtschaftung oder bei Bau und Unterhaltung von Hochwasserschutzanlagen intensiveren Kontakt zu Böden oder Feinstäuben haben könnten, seien Arbeitsschutzexperten gebeten worden, die Sachlage zu prüfen und ggf. Maßnahmen festzulegen bzw. Verhaltensmaßregeln zu bestimmen. Da der Mensch Dioxine aber bekanntlich hauptsächlich mit Nahrungsmitteln aufnehme, und dies zu etwa 90 Prozent über fetthaltige Lebensmittel tierischer Herkunft, läge der wirkungsvollste Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor darin, einen über Beweidung oder Tierfuttererzeugung auf den Vordeich- und Polderflächen möglichen Transfer in die Nahrungskette zu verhindern. „Hier haben wir bereits im vorigen Jahr alle notwendigen Maßnahmen ergriffen. Die bewirtschaftenden Agrarbetriebe wurden Risikoklassen zugeordnet.

Wo erhöhte Dioxinwerte im Boden oder im Aufwuchs gemessen wurden, wurde ein Vermarktungsverbot für die risikobehafteten Tierlebern erteilt“, so der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. „Bedeutsam war auch das Ergebnis, dass trotz risikoorientierter Beprobung weder in Milch noch in Fleisch Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden.“ Wichtig sei es nun, eine Lösung für die Schafhalter und andere landwirtschaftliche Nutzer zu finden, die entsprechenden Vermarktungsbeschränkungen unterworfen sind. „Zunächst hatten wir die Nutzungsverträge für die Beweidung und Futterwerbung anzupassen. Wo aus Hochwasser- und Naturschutzgründen notwendig, soll die Pflege der Flächen fortgeführt werden, gegebenenfalls mit anderen Methoden“, berichtet der Minister über die intensiven Gespräche mit betroffenen Nutzern und Behörden unter Leitung seines Hauses. Um den Ausfall bei der Futter-grundlage kurzfristig abzumildern, werde die Nutzung von Stilllegungsflächen geprüft.

„Mittelfristig brauchen wir eine Strategie, wo einerseits Ersatzflächen erschlossen, andererseits aber – unter Risikogesichtspunkten – auch örtlich und zeitlich definierte Möglichkeiten zur Nut-zung gefunden werden. So könnte nach Daten aus Niedersachsen die Heuwerbung unter Einhaltung bestimmter Vorgaben geeignet sein, auf den Flächen möglichst gering belastetes Futter zu erzeugen“, stellte Minister Dr. Backhaus eine Option vor.