Die Fecht-Planche im Blickpunkt

Nachgefragt bei der Schweriner Fechtgesellschaft

Vom 15. bis 22.Juli empfängt Moskau die Weltelite des Fechtsportes zu den Welttitelkämpfen ein. Seit 1937 finden dabei Welttitelkämpfe im Fechten statt, zuvor gab es von 1921 bis 1936 internationale Fecht-Meisterschaften. Bereits der erste WM-Austragungsort war Paris und deutsche Fechterinnen sowie Fechter spielten schon damals eine excellente Rolle. So gab es einen kompletten Medaillen-Satz für die deutsche Mannschaft.

Namen, wie zum Beispiel Heidi Schmid, Alexander Pusch, Thomas Bach, der heutige DOSB-Präsident, Cornelia Harnisch, Anja Fichtel, Zita Funkenhauser, Sabine Bau oder Britta Heidemann sorgten auch in der Folgezeit für goldige Momente und stehen für die großen deutschen Fecht-Traditionen.

Auch bei den letzten Olympischen Spielen in London sorgten die Fechterinnen und Fechter „Made in Germany“ für Medaillengewinne (Silber für Britta Heidemann/Degen und Bronze für Peter Joppich, Benjamin Kleibrink, Sebastian Bachmann, Andreas Weßels/Florett-Team).

Insgesamt erkämpften deutsche Fechterinnen und Fechter bei den WM bis 2014 (einschließlich der internationalen Meisterschaften seit 1921) 157 Medaillen, darunter 47 x Gold. Besonders erfolgreichen waren hier Russland (mit der SU und GUS) mit 285 Medaillen, darunter 135 x Gold, Italien mit 320 Medaillen, darunter 104 x Gold, Ungarn mit 261 Medaillen, darunter 88 x Gold, und Frankreich mit 257 Medaillen, darunter 86 x Gold.

Doch: Wie sieht es in Sachen Fechtsport hierzulande aus – 25 Jahre nach der deutsch-deutschen Vereinigung ?

Nachgefragt bei Maik Schulz, Sportwart und Vize-Präsident des Landesfechtverbandes MV sowie Mitglied vom Lehrausschuss des Deutschen Fechterbundes

„Bleiben weiterhin engagiert…“

Frage: 25 Jahre nach der deutschen Einheit: Wie verlief die Entwicklung des Fechtsportes in MV ?

Maik Schulz: Es änderte sich das Fördersysteme. Weitere Sportarten kamen dazu. Die Sorgen  und Nöte der Bürger in MV waren nicht auf den  Sport gerichtet. Ständig neue Gesetze im Bildungssystem machen die Dinge zudem nicht einfacher – nicht zuletzt im Hinblick auf die Schaffung von Ganztagsschulen.

Auch der Umgang der Medien mit Randsportarten war und ist nicht immer einfach. Was das Sportliche betrifft: Waren in der DDR noch Fachkräfte sowie hoch qualifizierte Trainer im Nachwuchsbereich verantwortlich , so wird dieser Bereich heute eher stiefmütterlich behandelt. Das Fehlen eines konstruktiven  Berufsbildes  des Trainer und die damit verbundene  Perspektivlosigkeit der jungen Sportler, die in dieser Berufsrichtung einmal werden wollen , machen die nachhaltige Entwicklung des Leistungssportes unmöglich.

So werden folgerichtig Medaillengewinne durch Nischen-Sportarten zunehmen. Oder wir werden um eine Spezialisierung im Sport nicht herum kommen – siehe die exorbitante Förderung des Eisschnelllaufens in den Niederlande, die nur dank ihrer überragenden Erfolge dort bei den Winterspielen in Sotschi Platz 5 im Medaillenspiegel belegten.

Unser Verein trotzte bislang allen Widrigkeiten und so  konnte sich die Fechtgesellschaft Schwerin als Zentrum für Nachwuchsleistungssport bei der Ernennung durchsetzen –  als ein Verein von neun gegenüber 240 Bewerbern.

Frage: Auch in MV gibt es zahlreiche Fecht-Talente. Wie ist die Situation, die Nachfrage bei den Kindern und Jugendlichen? Wer sind eventuell Fecht-Protagonisten für die Zukunft?

Maik Schulz: Die fehlende feste Struktur im Deutschen Fechterbundes macht die Arbeit nicht einfacher. So gibt es ein Zentrum für Nachwuchsleistungssport,  dazu Bundesnachwuchszentren, Bundesleistungsstützpunkte und Bundesleistungszentren. Weiterhin bestehen noch Strukturen in den neuen Bundesländern mit den Sportgymnasien (früher KJS).  Der Versuch, die heute so genannten Elite-Schulen des Sportes mit diesen bestehenden Strukturen zu vergleichen, zeigt die  Schwierigkeiten in den Argumentationen auf. Nichtsdestotrotz konnte die Fechtgesellschaft Schwerin aufgrund der alten Kooperationen „Grundschule-Verein“ oder „Verein-Sportgymnasium“ Talente entdecken und fördern. Namen, wie Theresa Koppelwiser, Lena Taplik und Ann-Kathrin Schmidt stehenfür die Erfolge unseres Vereine

Frage: Wie ist ansonsten  Ihre Prognose für die fechtsportliche Entwicklung in den nächsten Jahren in unserem Bundesland ?

Maik Schulz: Wie in den vergangenen Ausführungen dargelegt, besteht nur die Möglichkeit sich zu spezialisieren. Hierbei sind die Altersstrukturen gemeint. Da es in Schwerin keine Universitätsstrukturen gibt, verlieren wir prinzipiell unsere Leistungsträger im Junioren-Bereich. Weiterhin sind unsere finanziellen und strukturellen Möglichkeiten zu gering, um das gesamte Spektrum (Altersklassen) abzudecken. Dennoch bleiben wir engagiert, um möglichst vielen Talenten, Freude an unserer so interessanten und anspruchsvollen Sportart zu vermitteln.

Vielen Dank und weiterhin bestes fechtsportliches Engagement!

Exkurs: Olympische Fecht-Traditionen in M-V

Auch Mecklenburg-Vorpommern hat eine gewisse olympische Fecht-Tradition. Der gebürtige Rostocker Gerd May, Jahrgang 1953, war 1980 Mitglied des DDR-Säbel-Teams. Eckhard Mannischeff, Jahrgang 1943, gebürtiger Wismarer, kämpfte 1972 mit dem Degen für die DDR. Der Neustrelitzer Reinhard Münster war ebenfalls 1972 olympischer Fechter der dänischen Mannschaft. Bernd Uhlig, Jahrgang 1942, in Wiek auf Rügen geboren, war 1968 und 1972 auf der olympischen Planche mit dem Degen aktiv.

Gerd May belegte in Moskau`80 mit dem DDR-Team Platz sechs (Olympiasieger Sowjetunion vor Italien und Ungarn). Bernd Uhlig kam mit der DDR-Mannschaft 1968 auf Rang fünf (Olympiasieger Ungarn vor der Sowjetunion und Polen) und – zusammen mit Eckhard Mannischeff – 1972 inoffiziell auf Rang 10 (Olympiasieger Ungarn vor der Schweiz und der Sowjetunion). Dänemark schaffte mit Reinhard Münster auch eine inoffizielle Top-Ten-Platzierung 1972.

Der Florett-Fechter Hartmuth Behrens, in Dömitz-Rüterberg geboren, schaffte im Florett-Fechten bei den Spielen 1980 in Moskau auch gute Platzierungen, so Rang vier mit der DDR-Mannschaft und Rang neun im Einzel.

Ein Fechter hatte hingegen seine Heimat in der Nähe Schwerins, in Seehof. Franz Rompza, Jahrgang 1934, glänzte 1964 und 1968 bei Olympia im bundesdeutschen Degen-Team, das 1964 Rang sechs  Olympiasieger Ungarn vor Italien und Frankreich) und 1968 Rang vier (Olympiasieger Ungarn vor der Sowjetunion und Polen) belegte.

Bei den Paralympischen Spielen 2012 in London erkämpfte Simone Briese-Baetke, die zwei Jahrzehnte auch im Müritz-Kreis lebte und trainierte, den Silber-Rang in der Disziplin Degen/Einzel.

Aktuelles zum Fechtsport in M-V

In Mecklenburg-Vorpommern wird der Fechtsport  bei der Hochschulsportgemeinschaft Rostock, beim TuS Makkabi Rostock, beim PSV Rostock,  bei der genannten Fechtgesellschaft Schwerin und beim Fechtclub Greifswald angeboten. In Greifswald konnte zunächst zwischen 1952 und 2003 bei der Abteilung „Fechtsport“ der dortigen HSG Fechten aktiv betrieben werden. Seit 2003 gibt es in Greifswald einen eigenständigen Fechtclub. Ein bedeutendes Turnier am Ryck ist der „Baltic-Cup“. Aktuell werden vom 30.Mai bis 31.Mai die Deutschen Meisterschaften im Rollstuhl-Fechten in der vorpommerschen Stadt ausgetragen.

Marko Michels