Die „European Games“ 2015 im Blickfeld

Wie ehrlich sind diese Spiele?!

Spiele über Spiele. Olympische Spiele. Paralympische Spiele. Fußball-Spiele. FIFA-Spiele. Kontinental-Spiele. World Games. Panamerican Games. All-Africa Games. Fehlen nur noch die „Internationalen Hütchenspiele“.

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Selten geht es dabei um Frieden, Freundschaft, Völkerverständigung – kurzum „Friede! Freude! Eierkuchen!“ ist etwas für Naivlinge, für Träumer oder solche, die Kinder waren und es bleiben wollen…

Sportpolitik und neue Märkte

Hier geht es um große Sportpolitik, um die Erschließung neuer Märkte, um ein neues pseudo-sportives Marketing-Produkt, das sich „European Games“ nennt. Es geht also neben der Politik auch um Geld und Profit, was nichts Gutes bedeutet und es ebenfalls nicht ist.

Vom 12.Juni bis 28.Juni wird um Gold, Silber, Bronze geschwommen, gefochten, gepaddelt, geboxt, gerungen, geturnt, geschossen (aber nur friedlich) und gelaufen. Es wird gejubelt werden, wenn ein Aserbaidschaner eindrucksvoller boxte als sein Kollege aus Russland. In Deutschland wird „Schwarz-Rot-Gold“ geschwenkt, wenn wieder einmal eine Fechterin, ein Tischtennis-Spieler oder ein Turner besser war als der „Rest“ von Europa. Fröhlich werden die Zuschauer in die Kameras winken und so tun, als wäre Europa eine große liebevolle Familie. So viel Verlogenheit war selten!

Lupenreine demokratische Spiele?!

Schon wieder finden „Sportspiele“, oder besser „Spottes Spiele“, in einem Land statt, das alles andere als eine „lupenreine Demokratie“ ist. Aber dieses ist geopolitisch und strategisch wichtig, als Militärstützpunkt etwa oder als Rohstoff (Erdöl)-Lieferant. Um dessen Gunst buhlen deshalb Westeuropäer, Amerikaner, Russen, Chinesen oder auch andere „Mächte“. Mit Aserbaidschan möchte man es sich nicht verderben.

Da spielt es dann keine Rolle, wenn dort im Vorfeld Oppositionelle verhaftet wurden, der Begriff „Menschenrechte“ nicht unbedingt zum gesellschaftlichen Standard-Repertoire gehört, Arbeiter beim Bau der Sportstätten ums Leben kamen oder sich schwer verletzten, die Umwelt etwas nachlässig behandelt wurde und auch die Nachhaltigkeit der Sportbauten nicht unbedingt gegeben ist.

Hauptsache „sportiv“

Aber egal. Das spielt bei diesen Spielen nur eine untergeordnete Rolle. Bereits der Ort ist mehr als fragwürdig. Die ersten Europaspiele finden zwar eigentlich in Asien statt, aber ein paar tricksende „Kultur-Historiker“ und Sportpolitiker definierten die Zugehörigkeit Aserbaidschans ganz einfach zu „Eurasien“, sprachen von „der Brücke zwischen Europa und Asien“. Das klingt so schön und ist doch so doof.

Polen können keine Russen und Deutsche ausstehen. Die Schotten würden sich am liebsten aus dem Vereinigten Königreich loseisen. Die Katalanen möchten liebend gern auf den Rest Spaniens verzichten. Regionalkonflikte gibt es auch innerhalb Belgiens, Italiens oder den Niederlanden. Auch woanders mehr oder minder ausgeprägt. Selbst die Deutschen sind sich untereinander alles andere als „grün“. Krieg gibt es zudem (Stichwort Ukraine!). Die Europaspiele erinnern letztendlich an eine familiäre Weihnachtsfeier, zu der man die „bucklige Sippschaft“ einladen muß, aber eigentlich gar nicht will – nach der Devise: „Besuch ist wie Fisch – nach drei Tagen stinkt er!“ – Und dann dauern die Spiele in Baku sogar 16 Tage… Na dann, viel Spass…

6000 Sportive vor Ort

Aber wenn sich die sportive Funktionärswelt nebst solventen Sponsoren etwas in den Kopf gesetzt hat, dann wird es auch gemacht. So werden mehr als 6000 Athletinnen und Athleten aus 50 Ländern um Medaillen wetteifern, wird es 255 Wettbewerbe in 20 Sportarten geben. Deutschland schickt ein 265 Frauen und Männer umfassendes Aufgebot in das Treiben um die europäischen „Brot und Spiele“. M-V fehlt dabei natürlich nicht und schickt 16 Athletinnen und Athleten, die „irgendwie“ Bindungen zum Nordosten hatten und haben, in die sportlichen Arenen Bakus.

Das sportliche Tun in Baku wird dabei vortrefflich von den globalen Realitäten ablenken, sogar vom wirtschaftlichen Desaster in Europa, der Massen-Arbeitslosigkeit in Südeuropa oder den Schuldenkrisen in den verschiedensten Ländern des alten Kontinents. Wie meinte Percy Clummings treffend: „Sport ist Opium für das Volk.“ Dieser vernebelt so schön die Sinne…

Und was die dortigen sportlichen Aktivitäten betrifft, da sollte man zum guten alten Brecht greifen: „Der große Sport fängt da an, wo er längst aufgehört hat, gesund zu sein!“.

Darum an Alternativen zu Baku denken: „Nicht glotzen, sondern selbst laufen!“.

Marko Michels

Athletinnen und Athleten mit „M-V-Bindungen“ bei den Europaspielen 2015 in Baku

– im Boxen: Albon Pervizaj (BC Traktor Schwerin/bis 91 kg), Sarah Scheurich (BC Traktor Schwerin/bis 75 kg), dazu Cindy Rogge (am Box-Leistungszentrum in Schwerin trainierend/bis 64 Kilogramm und Denis Radovan (am Box-Leistungszentrum Schwerin trainierend, bis 91 Kilogramm)
– im IBSA-Judo: Ramona Brussig (PSV Schwerin/bis 57 kg).
– im Kanu-Rennsport: Peter Kretschmer im Canadier (gebürtiger Schweriner)
– im Schießsport: Katrin Quooß (PSG zu Wittstock/Flinte, früher Heiligendammer Schützengilde), Stefanie Thurmann (Schützengilde Frankfurt an der Oder/Pistole, früher Wittenberger Schützengilde – Wittenberge gehörte ja einst zum Bezirk Schwerin!).
– im Wasserspringen: Saskia Oettinghaus (WSC Rostock)
– im Volleyballsport: Tom Strohbach (TV Rottenburg, gebürtiger Schweriner), Anja Brandt (Schweriner SC), Jennifer Geerties (Schweriner SC), Saskia Hippe (SC Potsdam, bis 2015 SSC), Lisa Thomsen (Lokomotiv Baku/Aserbaidschan, früher SSC), Laura Weihenmaier (Schweriner SC), Kathleen Weiß (VK Agel Prostejov/Tschechien, gebürtige Schwerinerin).

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Foto/Michels: Viel aufrichtiger, schöner und zukunftsträchtiger als alle „Europaspiele“ zusammen – die Bummi-Olympiaden für die kleinen Sportskanonen in M-V (Hier in Wismar).