Die „Europaspiele“ nach der ersten Wettkampf-Woche

Zwischen Sport und sportlichen Gedanken / Gold für Rostocker Wasserspringerin…

Bei den Europaspielen in Baku, die seit dem 12.Juni (bis 28.Juni) mehr oder minder im Blickpunkt des sportlichen Interesses liegen, ist die erste Wettkampf-Woche schon wieder Geschichte. In den bisherigen 105 Entscheidungen (von 253) in 20 Sportarten konnten dabei insbesondere die Sportlerinnen und Sportler aus Russland (27 x Gold, 13 x Silber, 11 x Bronze) und vom aserbaidschanischen Gastgeber (13 x Gold, 6 x Silber, 12 x Bronze) dominieren. Die deutschen Athletinnen und Athleten kommen auf 6 x Gold, 8 x Silber, 9 x Bronze (Stand: 20.Juni / 14.00 Uhr).

Volley

M-V-Sportler mit guten Resultaten

Sportlerinnen und Sportler aus M-V oder mit „M-V-Bindungen“ hatten bereits erste sportliche Einsätze, so im Boxen: Albon Pervizaj (BC Traktor Schwerin/bis 91 kg), Sarah Scheurich (BC Traktor Schwerin/bis 75 kg), dazu Cindy Rogge (am Box-Leistungszentrum in Schwerin trainierend/bis 64 Kilogramm und Denis Radovan (am Box-Leistungszentrum Schwerin trainierend, bis 91 Kilogramm). Sarah Scheurich bezwang im Achtelfinale die Rumänin Ana Patrascu mit 3:0 und trifft nun im Viertelfinale am 22.Juni auf die starke Türkin Sema Caliskan. Cindy Rogge mußte hingegen im Achtelfinale eine klare 0:3-Niederlage gegen die Britin Sandy Ryan hinnehmen. Am 21.Juni trifft dann Denis Radovan auf den Russen Maxim Koptjakow. Albon Pervizaj muß am gleichen Tag gegen Jim Andreasen (Dänemark) in den Ring. Für beide Faustkämpfer sind es die Achtelfinals.

Im Kanu-Rennsport konnte Peter Kretschmer (gebürtiger Schweriner) im Canadier-Zweier über die 1000 Meter zusammen mit Michael Müller (Magdeburg) Bronze erkämpfen. Der Sieg ging dort an die Weißrussen Andrej und Alexander Badanowitsch.

Im Schießsport gab es aus regionalem Blickwinkel leider kein Edelmetall. Katrin Quooß (PSG zu Wittstock/Flinte, früher Heiligendammer Schützengilde) belegte in der Disziplin „Wurfscheibe/Trap“ Platz neun (Siegerin: Fatima Galvez/Spanien) und in der Disziplin „Trap Mixed“ Platz sieben zusammen mit Karsten Bindrich (Sieger: Erik Varga/Zuzana Rehak Stefecekova/Slowakei). Stefanie Thurmann (Schützengilde Frankfurt an der Oder/Pistole, früher Wittenberger Schützengilde – Wittenberge gehörte ja einst zum Bezirk Schwerin!) schaffte Platz neun in der Disziplin „Luftpistole 10 Meter“ (Siegerin: Zorana Arunovic/Serbien).

Im Wasserspringen wird am 20.Juni Saskia Oettinghaus (WSC Rostock) zusammen mit der Berlinerin Louisa Stawczynski, die Platz zwei vom Ein-Meter-Brett belegte, die Konkurrenz im Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett bestreiten.

Auch im Volleyballsport war es bisher aus M-V-Sicht spannend. Die deutschen Herren mit Tom Strohbach (TV Rottenburg, gebürtiger Schweriner) verloren zwar das Auftaktspiel gegen Rusland mit 1:3, gewannen dann jedoch gegen die Slowakei und Bulgarien jeweils mit 3:0. Die Vorrunden-Spiele werden mit den Partien gegen Italien (20.Juni) und Belgien (22.Juni) abgeschlossen.

Für die deutschen „Volley-Mädel“ mit Anja Brandt (Schweriner SC), Jennifer Geerties (Schweriner SC), Saskia Hippe (SC Potsdam, bis 2015 SSC), Lisa Thomsen (Lokomotiv Baku/Aserbaidschan, früher SSC), Laura Weihenmaier (Schweriner SC) und Kathleen Weiß (VK Agel Prostejov/Tschechien, gebürtige Schwerinerin) gab es bislang „ein Wechselbad der Gefühle“. Es gelangen zwei Siege (3:2 gegen Bulgarien sowie 3:0 gegen die Niederlande), aber auch zwei Niederlagen stehen „zu Buche“ (1:3 gegen Serbien und 2:3 gegen Russland). Am 21.Juni entscheidet das Spiel gegen Kroatien, ob den DVV-Frauen „der Sprung“ ins Viertelfinale gelingen wird.

Zwischen „Europaspielen“ und „olympischen Gedanken“

Ansonsten zeichnet diese ersten „Europaspiele“ eines aus – eine gewisse Verlogenheit. Einerseits werden perfekte Sportstätten und jubelnde Sportler medial präsentiert, anderseits stehen Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan an der Tagesordnung. Regime-Gegner werden verhaftet und drangsaliert, auf Umweltstandards wurde zudem keine Rücksicht genommen. Bauarbeiter kamen bei der Errichtung der Sportstätten ums Leben, aber schwadroniert wurde nur eines: „Es lebe der Sport…“

Davon sang der Österreicher Rainhard Fendrich bereits vor mehr als drei Jahrzehnten. Eigentlich passend auch zur gegenwärtigen Zeit, erst recht passend zur Bedeutung des Sportes in der heutigen Gesellschaft. Und vielleicht bestens geeignet als neue olympische Hymne des IOC.

Der Sport als „Worthülse“

Heute, da Olympia, der Sport allgemein nur noch als Worthülse existent ist, sportliche Wettkämpfe, ob Sommer- wie Winterspiele, Fussball, Motorsport, Profi-Boxen oder Handball, als TV-gerechte „Abwechslung“ und Unterbrechung der wirtschaftlichen und politischen Dauer-Werbesendungen dienen und herhalten müssen, kann man nur hoffen, dass echte Sportlerinnen- und Sportler-Persönlichkeiten mit Herz und Verstand sich selbst und ihren Idealen treu bleiben. Was schwer genug ist und ihnen auch schwer gemacht wird…

Olympische und Paralympische Spiele, Welt- und Europameisterschaften werden ohnehin nur noch dorthin vergeben, wo das große Geld zu machen ist. Dass es da nicht immer demokratisch zugeht, wen stört das noch. Auch die „Demokratie“ existiert ja ebenfalls nur noch als leere Worthülse.

Und wie man wahre Absichten verschleiert, da ist der deutsche Hansel ja geübt – vom Kaiser über Führer und Staatsratsvorsitzenden bis hin zu Kanzel und Kanzler(in) …

„Still ruht hierzulande der See…“ Die versprochene Aufarbeitung der deutsch-deutschen Doping-Problematik ist faktisch zum Erliegen gekommen – dafür wird um so mehr mit den Fingern auf andere Länder gezeigt. Das ist bequem – Deutschland ist ja ohnehin ein Land der Sauber-Frauen und Sauber-Männer. Politisch, sportlich, wirtschaftlich und kulturell.

Die medaillenträchtigen „Plansolls“ wurden durch „demokratische Zielvorgaben“ für Olympia abgelöst. Wie sportiv Deutschland ist, erst einmal wintersportlich, darf der naive Gaffer dann am Medaillenspiegel der Olympischen und Paralympischen Winterspiele – oder jetzt der „Europaspiele“ – ablesen. Auch wenn in Deutschland viele Menschen, gerade im öffentlichen Sektor, mit erhöhtem BMI herumlaufen.

Aber dort gilt ohnehin eher „Masse statt Klasse!“ oder noch besser „Als Beamter dabei sein, ist alles!“. 1945 fragte man in der russischen Besatzungszone: „Wie kommt Wasser aus Wand?“ … 69 Jahre später nun: „Wie komme ich mit Sitzfläche an Wand?!“ Am besten mit einem „richtigen“ unsportiven Parteibuch!

Medaillen nonstop?!

Von unseren Sportlerinnen und Sportlern werden dagegen Medaillen nonstop erwartet. Ist es nicht schön, als Konzern-Lenker oder Politik-Freak, sich mit ansehnlichen und vor allem mit Medaillen dekorierten Sportlerinnen und Sportlern ablichten zu lassen – für die nächste Wahlk(r)ampf-Broschüre etwa… Devise: „Schaut her, mit immer hübscheren Sportlerinnen zu immer höheren politischen Zielen!“ Hoffentlich stimmt dann die nächste Tunnel-Höhe auf der Autobahn! „Überholen ohne einzuholen“ dazu … Kennen wir doch alles.

Nun darf sich der geneigte Sportfan nicht nur auf Olympische und Paralympische Winterspiele in Sotschi freuen, sondern ebenfalls auf Weltmeisterschaften im Winter-Fußball 2022 und auf Wüstensand, der nicht einmal extra gestreut werden musste.

„Vom Eise befreit“ ist zwar die Wüste – vom Öl und Geld aber nicht! Das hat natürlich die FIFA mit monetärem Blick sofort erkannt und spielt ernsthaft nicht etwa mit dem Ball, sondern mit dem Gedanken, die übernächste Fußball-WM in den Winter-Monaten stattfinden zu lassen.

Wegen der großen Hitze in Katar… Und wer schwitzt schon gern. Gut, dass die Fußballer schwitzen, ist den älteren oder gegelten Herren von der FIFA ziemlich gleich. Aber wenn sie selbst schwitzen müssen, obwohl sie – wie sonst auch – kaum etwas tun und nicht einmal einem Ball nachlaufen, dann ist Schluss mit „lustig“. Das Sportereignis wird den Wünschen der FIFA-Funktionäre und Sponsoren „angepasst“. Wen interessieren da schon die Sportler?

Warum – und diese Frage ist berechtigt – hat man die Fußball-WM 2022 nicht gleich in der Antarktis stattfinden lassen? Es gab doch lukrative Angebote von einigen Kaiser-Pinguinen und Blauwalen, die zudem ihre ganz entfernten Verwandten vom Nordpol, wie die Eisbären, Grauwale oder Walrösser, zur Organisation dieses Events einladen wollten.

Sie boten doch für jedes entleerte Wodka-Glas kostenlos den passenden Eiswürfel dazu. Die eingeladenen Eisbären waren sogar bereit, langweilige Fußballspiele mit noch langweiligeren Fußballspielern zeitnah zu beenden – durch Verzehr der selbigen. Dann wären zwar größere Kader bei den einzelnen Teams notwendig geworden. Aber kommt sonst ein Stefan Kießling jemals zu einem Einsatz im DFB-Trikot?!

Und es wäre doch einmal interessant, wie sich ein Team aus Kaiser-Pinguinen, Walrössern und Eisbären im wahrsten Sinne des Wortes gegen ein Team aus Brasilien oder Deutschland schlagen würde?! Fußballsportliches „Ice Age 2.0“…

Sport als Mittel zum Zweck

Olympia und der Hochleistungssport an sich … Für immer mehr Sponsoren vor allem Mittel zum Zweck: Die eigenen Produkte, ob mehr oder minder gesund, sollen verkauft werden. Und wie ginge das besser als mit dem olympischen Gedanken als gelungenen Werbe-Gag. Mit Sportlerinnen und Sportlern als humanoide Werbebanner und mit willfährigen Politikern, die die Scharade für ihre Stellung nutzen.

Noch ist Olympia jedoch nicht völlig zerstört, der Sport an sich auch nicht. Noch gibt es wirklich geistreiche und charakterstarke Sport-Persönlichkeiten, die dieses Treiben der Sportfunktionäre und Sportpolitiker nicht einfach hinnehmen wollen. Die mutig sind und so Akzente setzen, ob mit oder ohne Medaillen.

Die sind nicht wichtig. Es geht „nur“ um folgendes: um die Werte des Sportes, die Gesundheit, um Leistungsbereitschaft und um die Zukunft Olympias. Das ist schon eine ganze Menge – und das bei kräftigstem unsportlichen Gegenwind! Auch gerade jetzt, bei den „Europaspielen“!

Marko Michels

Foto/Michels: Volleyball wird in Baku auch gespielt – mit M-V-Beteiligung (Blick in die Arena des SSC).

Update – News zu den „Europaspielen“ am 20./21.Juni 2015

Bei den „Europaspielen“ gab es aus M-V-Sicht am 20./21.Juni noch einige erfreuliche Resultate. So gewann Saskia Oettinghaus vom WSC Rostock im Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett mit der Berlinerin Louisa Stawczynski die Goldmedaille. Im Boxen kam Albon Pervizaj gegen Jim Andreasen (Dänemark) mit 3:0 klar ins Viertelfinale. Denis Radovan schied im Achtelfinale leider aus.

Die deutschen Volleyball-Herren (mit Schwerin-Beteiligung) blieben klar mit 3:0 gegen Italien siegreich – ebenso wie die deutschen Volleyball-Frauen (mit SSC-Beteiligung) gegen Kroatien (3:0). Beide Mannschaften qualifizierten sich damit für das Viertelfinale.

Im Medaillenspiegel führt nach 137 Entscheidungen (21.Juni / Stand: 19.00 Uhr) Russland mit 39 x Gold, 19 x Silber, 14 x Bronze. Deutschland ist Dritter.

M.M.