Der verlorene Sohn: Eine lebenslange Suche

Sendetermin: Sonntag, 3. Oktober 2010 | 13.15 bis 13.45 Uhr | NDR Fernsehen

Herta Wiersma will nicht eher sterben, bis sie ihrem Sohn erzählt hat, warum sie ihn 1948 in Medow bei Anklam zurückgelassen hat. Gemeinsam mit einem NDR Team aus Mecklenburg-Vorpommern startet sie Suchaufrufe im NDR Fernsehen, im Radio und Internet.

Der verlorene Sohn Heinz-DieterHerta Wiersma wächst Ende der 1930er-Jahre in einem Kinderheim in Stettin auf. Sie und ihre drei Geschwister sind hierher eingewiesen worden. Ihr Vater, ein Linker, war von den Nazis ins KZ gesperrt, ihre Mutter bei einem Bauern in Medow bei Anklam zur Arbeit zwangsverpflichtet worden. Als 14-Jährige wurde auch Herta zur Arbeit verpflichtet. In Hohenschönau bei Naugard lernte sie den polnischen Zwangsarbeiter Henri kennen. Er war in Warschau von den Nazis verhaftet worden. Die beiden verliebten sich. Herta wurde als 19-Jährige schwanger, der sichere Tod für das Paar und ihr Kind. Nach der Geburt gaben sie es in ein Kinderheim. Mit dem Kriegsende wollten Herta und Henri nach Warschau ziehen. Doch die Deutsche durfte nicht in Polen bleiben, wurde von sowjetischen Soldaten schwer misshandelt und gelangte sechs Monate nach Kriegsende, von Vergewaltigungen traumatisiert, bei ihrer Mutter nach Medow. Sie fand sogar ihren Sohn Heinz-Dieter in einem Kinderheim auf der Insel Rügen. Doch das Glück blieb ihr nicht lange treu. Ihre Mutter erkrankte an Krebs. Quasi an deren Totenbett musste sie versprechen, sich um ihre drei Geschwister zu kümmern, erst danach um ihren eigenen Sohn. Die Versorgungslage war katastrophal. 1947 verließ sie mit ihren Geschwistern Vorpommern in Richtung Westen und ließ sich bei Köln nieder. Ihren Sohn wollte sie nachholen, wenn sie dort Fuß gefasst hatte. Heinz-Dieter blieb bei Pflegeeltern. Deren Spur verlor sie 1947. Als einzige Erinnerung bekam sie ein Passfoto des kleinen Heinz – per anonymer Amtspost aus dem Osten. Bis 2005 suchte sie in sämtlichen Archiven und Institutionen nach ihrem Kind, das mittlerweile über 60 Jahre alt sein musste. Als letzte Chance wendete sie sich 2007 an den NDR in Mecklenburg-Vorpommern. Nach den NDR Veröffentlichungen gab es zunächst keine brauchbare Spur, bis Pfingsten 2010. Da meldete sich ein Heinz-Dieter Nehls aus der Nähe von Schwerin, durch Zufall hatte er im Internet die Suchaufrufe gelesen. Er zeigte das kleine Passfoto vor, wie es nur noch seine leibliche Mutter besitzen konnte.

Die lebenslange Suche hat ein Ende19. Juni 2010, Altenpflegeheim in Engelskirchen. Herta Wiersma sitzt in der Cafeteria. Besuch hat sich angemeldet. „Heute kommt mein Sohn!“ Sie sagt es jedem. Der NDR und Redakteur Thomas Balzer dürfen dabei sein, bei ihrem Wiedersehen nach 63 Jahren – für den letzten Film über die Mutter, die ihren verlorenen Sohn sucht.