Auch Mecklenburger Faustkämpfer sind gefordert
Die Boxsportler sind in diesem Jahr mächtig gefordert, gerade im Elite-Bereich. Im Juni stand das Turnier der „Europaspiele“ in Baku auf der Agenda und im August folgten die Europameisterschaften in Samokow bei Sofia.
Und das ist längst noch nicht alles… In knapp sechs Wochen findet dann er Jahreshöhepunkt im Amateur-Boxsport statt – die 18.Weltmeisterschaften vom 5.Oktober bis 18.Oktober in Doha.
Seit nunmehr mehr als vierzig Jahren, seit 1974, in Havanna, werden WM im Amateur-Boxsport veranstaltet. Bei den bisherigen Amateur-Welttitelkämpfen (bis 2011) waren dabei oftmals die Staffeln aus Kuba dominierend. So stellten die Faustkämpfer von der „Zucker- und Zigarren-Insel“ insgesamt neunmal die stärkste Staffel (1974, 1978, 1982, 1986, 1991, 1993, 1995, 2001 und 2005). Russland (einschließlich UdSSR) avancierte fünfmal zum erfolgreichsten WM-Team (1989, 1997, 2003, 2007 und 2009).
Je einmal setzten die Staffeln aus den USA (1999) und der Ukraine (2011) die ganz großen Glanzpunkte.
Deutsche bei Amateur-Box-WM bis 2013 mit 5 x Gold
Deutsche Boxsportler, ob aus West, Ost oder vereint, hatten hingegen bei den bisherigen WM auch einige Erfolge feiern können. So gab es insgesamt 62 x Edelmetall zwischen 1974 und 2011 für deutsche Boxsportler, davon 5 x Gold.
Den ersten Amateur-WM-Titel für einen Deutschen schaffte übrigens Henry Maske (Gewichtsklasse bis 81 Kilogramm) 1989 in Moskau. Im australischen Sydney holten Marco Rudolph (Gewichtsklasse bis 60 Kilogramm) und Torsten May (Gewichtsklasse bis 81 Kilogramm) WM-Gold.
Zoltan Lunka erkämpfte 1995 in Berlin in der Gewichtsklasse bis 51 Kilogramm ebenfalls WM-Gold. Und den vorerst letzten WM-Titel im Amateur-Boxsport aus deutscher Sicht erlangte der Jack Culcay-Keth (Gewichtsklasse bis 69 Kilogramm).
Last but not least: Die erfolgreichsten Box-Nationen im Medaillen-Ranking bei Amateur-WM zwischen 1974 und 2011 waren Kuba mit 116 Medaillen, davon 65 x Gold, Russland (mit UdSSR) mit 99 Medaillen, davon 35 x Gold, Deutschland mit 62 Medaillen, davon 5 x Gold, die USA mit 41 Medaillen, davon 16 x Gold, und Bulgarien mit 34 Medaillen, davon 8 x Gold.
Mecklenburger Boxsportler bei Amateur-Box-WM von 1974 bis 2003
Und auch M-V-Faustkämpfer setzten weltmeisterliche Akzente. Bei den ersten Box-WM der Amateure 1974 in Havanna gewann der gebürtige Neuklosteraner Bernd Wittenburg die Bronze-Medaille im Mittelgewicht. Acht Jahre später, im Jahr 1982in München, erkämpfte der Schweriner Richard Nowakowski ebenfalls WM-Bronze – allerdings im Federgewicht.
Drei Medaillen für Schwerin gab es dann bei den WM 1986 in Reno: Silber für Rene Breitbarth im Bantamgewicht, jeweils Bronze für Andreas Zülow/Federgewicht und Torsten Schmitz/Weltergewicht.
Bei den WM 1989 in Moskau holten Andreas Zülow (Leichtgewicht) und Torsten Schmitz (Halbmittelgewicht) Vize-Weltmeister-Titel für Schwerin. Im Jahr 1991 bei den WM in Sydney gewann Schmitz dann noch WM-Bronze, wiederum im Halbmittelgewicht. Die vorerst letzte Box-WM-Medaille für Schwerin erkämpfte Martin Dreßen im Leichtgewicht 2003 in Bangkok.
Nicht zu vergessen: Auch olympische Erfolge verbuchten die Faustkämpfer aus M-V … Den ersten Olympiasieg im Boxsport für Schwerin überhaupt errang Jochen Bachfeld in Montreal 1976. Andreas Zülow (1988 in Seoul) und Andreas Tews (1992 in Barcelona) folgten Bachfelds Gold-Beispiel. Beim Box-Turnier der Wettkämpfe der Freundschaft 1984 in Havanna, de-facto das “Gegen-Turnier” zum olympischen Box-Wettkampf in Los Angeles (Olympia 1984 in L.A. wurde ja von den Ländern des Ostblocks boykottiert.), gewann Torsten Schmitz auch eine Goldmedaille.
Weitere olympische Medaillen für Schwerin: 1976 Silber durch Richard Nowakowski, 1980 Bronze durch Richard Nowakowski, 1988 Silber durch Andreas Tews. Bei den zweiten Olympischen Jugend-Spielen 2014 in Nanjing triumphierte zudem der Wahl-Schweriner Peter Kadiru im Superschwergewicht.
Resümee zu den letzten Amateur-Box-WM 2013 in Almaty
Und?! Wie sah es nun 2013 in Almaty aus?! Nach 10 Jahren, nach der erwähnten WM-Bronze-Plakette für Martin Dreßen, holte Arajik Marutjan vom BC Traktor Schwerin wieder eine Medaille bei Amateur-Box-WM für M-V, speziell für Schwerin:
Im Weltergewicht belegte er zusammen mit Gabriel Maestre aus Venezuela den dritten Platz. Neuer Weltmeister in dieser Gewichtsklasse wurde der kasachische Lokalmatador Daniyar Yeleussinov, gegen den Arajik im Halbfinale unterlag. Der Kasache setzte sich im Finale gegen Kubas Arisnoidys Despaigne durch.
Ansonsten waren diese WM 2013 eine Meisterschaft der Boxsportler der ehemaligen Sowjetunion gegen „den Rest der Welt“: 18 Medaillen gingen auf das Konto der früheren Republiken der UdSSR.
Kasachstan stellte sogar die stärkste Boxstaffel der Welttitelkämpfe 2013 mit 4 x Gold, 2 x Silber, 2 x Bronze. Aserbaidschan war mit 2 x Gold, 1 x Bronze bestens dabei. Russland erfightete 1 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze, Usbekistan kann 1 x Silber, 1 x Bronze vorweisen und die Ukraine hatte nach Abschluß der WM 1 x Bronze „im Gepäck“.
Die Weltmeister aus den genannten Staaten waren – neben Daniyar Yeleussinov (Kasachstan) im Weltergewicht – Birzhan Zhakipov (Kasachstan) im Halbfliegengewicht, Mischa Aloyan (Russland) im Fliegengewicht, Javid Chalabiyev (Aserbaidschan) im Bantamgewicht, Merey Akshalov (Kasachstan) im „leichten Weltergewicht“, Zhanibek Alimkhanuly (Kasachstan) im Mittelgewicht und Magomedrasul Majidov (Aserbaidschan) im Superschwergewicht.
Kuba, der Lehrmeister von einst, platzierte sich im Medaillen-Ranking mit 2 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze auf Platz zwei, wobei Lazaro Alvarez (Leichtgewicht) und Julio Cesar la Cruz (Halbschwergewicht) jeweils Gold für die Zucker- und Zigarren-Insel erkämpften.
Europas Fahne hielten die Italiener hoch – Clemente Russo wurde der Beste im Schwergewicht.
Insgesamt gab es bei den Amateur-Box-WM für 18 Nationen Medaillen, aber nur fünf davon durften sich über eine oder mehrere Goldmedaillen freuen.
Zur Bronzemedaille von Arajik Marutjan „gesellte“ sich aus deutscher Sicht noch Bronze für Erik Pfeifer im Superschwergewicht.
Debakel für Nordamerika, Afrika und Europas traditionsreiche Box-Nationen
Während die deutsche Box-Staffel immerhin zwei Medaillen nach Abschluß der WM`13 zu bejubeln hatte, ging Nordamerika – die USA und Kanada – komplett leer aus. Für Afrika waren diese Weltmeisterschaften ebenfalls ein Desaster – nur 1 x Silber dank Mohamed Flissi aus Algerien im Halbfliegengewicht.
Rückblende: Bei den ersten beiden WM 1974 und 1978 triumphierte der „schwarze Kontinent“ dreimal – durch Ayub Kalule (Uganda) 1974 im „leichten Weltergewicht“ sowie durch Stephen Muchoki (Kenia) 1978 im Halbfliegengewicht und durch Andeh Davidson (Nigeria) im Leichtgewicht.
Auch für China, seit 2003 stets unter den Medaillengewinnern bei Amateur-Box-WM der Herren, war dieses Mal nichts zu holen.
Für das Vereinigte Königreich dürfte die Bilanz ebenfalls alles andere als zufrieden stellend sein – 2 x Bronze hieß die Ausbeute am Ende. Der Waliser Andrew Selby wurde Dritter im Fliegengewicht, der Engländer Antony Fowler schaffte das Gleiche im Mittelgewicht.
Ein „Waterloo“ waren die Box-WM der Amateure auch für die traditionsreichen Box-Länder Ungarn, Polen, Rumänien und Bulgarien: Keine Medaillen für die Nachfolger eines Laszlo Papp, eines Henryk Srednicki, eines Francisc Vastag oder eines Serafim Todorov.
Was bliebe noch anzumerken? Tja, Kuba bleibt im „ewigen Medaillen-Ranking der Amateur-Box-WM“ von 1974 bis 2013 die Nummer eins mit nunmehr 121 Medaillen, davon 67 x Gold, vor Russland (mit UdSSR) mit 104 Medaillen, davon 36 x Gold.
Deutschland gehören hier 64 Medaillen, davon 5 x Gold.
Mal schauen, wie es für die deutschen Faustkämpfer dann im weltmeisterlichen Box-Ring in Doha aussehen wird…
Blick in den WM-Box-Ring bei den Profis
Interessant wird es auch für einen gebürtigen Stralsunder und Wahl-Schweriner im Box-Ring, allerdings in jenem der Profis. Jürgen Brähmer will am 5.September in Dresden seinen WBA-Titel im Halbschwergewicht gegen seinen Herausforderer Konni Konrad verteidigen. Und der Landeshauptstädter hat schon einige Gürtel erkämpfen können. So würde Jürgen Brähmer EBU-Europameister im März 2009, dann im Dezember 2009 WBO-Weltmeister im Halbschwergewicht, im Februar EBU-Europameister und im Dezember 2013 WBA-Weltmeister, alles im Halbschwergewicht.
Ein ganz großer Erfolg in seiner Amateur-Box-Karriere war auch der Titel bei den neunten Junioren-Weltmeisterschaften 1996 in Havanna (Junioren-WM-Premiere im Boxen war 1979 in Yokohama.). Dort beeindruckte Jürgen mit seinen Erfolgen gegen Hakat Shurantsev (Kasachstan) mit 38:9 (Achtelfinale), gegen Jose Lozano (Kuba) mit 27:9 (Viertelfinale), gegen Alexander Afanasjew (Russland) mit 8:6 (Halbfinale) und gegen Pawel Siarow (Bulgarien) mit 8:1 (Finale). Kaumzu glauben, dass das auch schon wieder fast 20 Jahre her ist…
Auch weitere Mecklenburger und Vorpommern waren im Profi-Boxsport schon sehr erfolgreich, so der gebürtige Greifswalder Sebastian Sylvester, Jahrgang 1980, der von September 2009 bis Mai 2011 IBF-Weltmeister im Mittelgewicht war, und der gebürtige Neubrandenburger bzw. Wahl-Schweriner Sebastian Zbik, von 2009 bis 2011 Interims- bzw. WBC-Weltmeister ebenfalls im Mittelgewicht.
Unvergessen auch der WM-Titel von Box-Legende Max Schmeling, der 1905 im vorpommerschen Klein Luckow geboren wurde, und zwischen 1930 und 1932 Profi-Weltmeister im Schwergewicht war.
Aber nun gilt es für Jürgen Brähmer, auch den WM-Kampf gegen Konni Konrad mit maximalen Erfolg zu meistern.
Marko Michels
Foto/Michels: Der Boxsport hat in M-V eine große Tradition.