Der Arbeitsmarkt im Juli 2015 in M-V

Ministerpräsident Sellering: Arbeitslosigkeit hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als halbiert…


Die Arbeitslosigkeit in Mecklenburg-Vorpommern geht weiter zurück. Nach den neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit waren im Juli 2015 79.476 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern arbeitslos gemeldet. Das ist ein Rückgang um 6.883 gegenüber dem Juli 2014 und die niedrigste Arbeitslosenzahl in der Geschichte des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern.

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„Das sind sehr erfreuliche Werte. Der positive Trend in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt setzt sich fort. Darüber freue ich mich sehr“, sagte Ministerpräsident Sellering bei der Vorstellung der Zahlen durch die Vorsitzende der Regionaldirektion Nord Margit Haupt-Koopmann auf der Landespressekonferenz.

Noch deutlicher werde die Entwicklung bei einem Vergleich über 10 Jahre. „Im Juli 2005 gab es in Mecklenburg-Vorpommern 175.168 Arbeitslose. Heute liegen wir unter 80.000. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich also innerhalb eines Jahrzehnts mehr als halbiert“, hob der Ministerpräsident hervor.

Für diese Entwicklung sieht Sellering zwei Ursachen. Das Land profitiere vom demografischen Wandel. Die kontinuierlich steigende Zahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zeige aber, dass das Land auch an Wirtschaftskraft gewonnen habe. Mecklenburg-Vorpommern sei heute wirtschaftlich deutlich breiter aufgestellt als vor zehn oder zwanzig Jahren. „Wir sind weiter Tourismusland. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Branchen, die sich wirklich gut entwickelt haben: die Ernährungswirtschaft, die erneuerbaren Energien, das Verarbeitende Gewerbe insgesamt, die Gesundheitswirtschaft, die sozialen Berufe, das Handwerk.“

Angesichts von immer noch 80.000 Arbeitslosen warnte Sellering jedoch vor Euphorie: „Wir sind noch nicht am Ziel“. Das Land müsse in den kommenden Jahren weiter an Wirtschaftskraft gewinnen. Regierung, Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsagenturen seien gemeinsam in der Pflicht, an der Sicherung des Fachkräftebedarfs zu arbeiten. „Gute Ausbildung, familienfreundliche Arbeitsbedingungen, faire Löhne, aber auch die Qualifizierung von Arbeitslosen für den ersten Arbeitsmarkt sind die entscheidenden Stichworte für die nächsten Jahre“, so der Ministerpräsident.

Pressemitteilung / Der Ministerpräsident des Landes M-V

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Ein Kommentar – Dr. Marko Michels

Alles nur Statistik?!

Glaubt man den offiziellen Zahlen, so boomt ja die Wirtschaft in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern. Zumindest auf dem ersten Blick. Schaut man noch einmal hin, so ist der Glanz längst nicht mehr die Strahlkraft, die gern politisch und medial vermittelt wird.

Schöne Statistiken…

Zurzeit, nach den Zahlen des Juli 2015, sind rund 79500 Menschen in M-V arbeitslos – der vermeintlich beste Wert in der Geschichte des neuen Mecklenburg-Vorpommerns seit 1990. Diese Zahl mag schön wirken, aber ist sie das wirklich? Präsentiert diese Zahl nicht eine „geschönte Realität“?! Zumal: Jede Arbeitslose und jeder Arbeitslose ist einer zu viel.

Was ist jedoch mit den Beziehern des so genannten „Hartz IV“? Was ist mit den Ein-Euro-Jobbern, den in oftmals nicht gerade optimalen Weiterbildungen „geparkten“ Arbeitnehmern, den (erzwungenen) Vorruheständlern, die eigentlich noch im arbeitsfähigen Alter sind, den auf dem zweiten Arbeitsmarkt Tätigen, den Geringverdienern und jenen, die zwar ein Arbeitsgehalt bekommen, dieses aber mittels „Hartz IV“ noch aufstocken müssen?

Diese finden sich in der offiziellen Arbeitslosen-Statistik natürlich nicht wieder. Da gibt es wieder separate Statistiken… Warum eigentlich? Natürlich, weil es politisch so gewollt ist, um mit „Realitäten“ zu glänzen, die so nicht existieren.

Reale Situationen…

Wie sagte einmal ein geistreicher Talkmaster: In einem Hochsteuer-, Hochgebühren- und Hochabgaben-Land wie Deutschland kann man von 1200 Euro/netto im Monat allein wohl überleben, aber nicht leben… Leben bedeutet nämlich auch zum Beispiel Teilhabe am gesellschaftlich-kulturellen Geschehen, um das eigene Dasein reflektieren zu können und den geistigen Horizont zu erweitern.

Doch mit steigenden Mieten, Strompreisen, Kraftstoffpreisen, höheren Preisen für Grundnahrungsmittel, für öffentlichen Fern- bzw. Nahverkehr, Lohn-Nebenkosten, steigenden öffentlichen Gebühren bzw. Abgaben ist das nicht möglich. Von Reisen in andere Länder, um auch dort den globalen Horizont zu erweitern, ganz zu schweigen.

Darum ist die Debatte um den Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Arbeitsstunde auch so verlogen. Vorausgesetzt ein Arbeitnehmer arbeitet tatsächlich 40 Stunden wöchentlich – tun die meisten auch, aber immer mehr Arbeitnehmer bekommen Verträge für 20 oder 30 Arbeitsstunden pro Woche und anfallende „Überstunden“ werden immer weniger entlohnt – so bekommt der jeweilige Arbeitnehmer ein Netto-Gehalt von rund 930 Euro – und das bei den besagten hohen Preisen und Gebühren in Deutschland.

Immer mehr hoch qualifizierte und qualifizierte Arbeitskräfte werden zudem mit eng befristeten Arbeitsverträgen eingestellt und – ständig wird damit der Druck auf die Arbeitnehmer erhöht, wobei der Lohn auch für die qualifizierten Arbeitnehmer sehr überschaubar bleibt. Für eine reale Lebens- und vor allem Familienplanung bleibt so kein Platz. Von der oftmals suboptimalen Situation vieler Zeitarbeiter oder Werkvertragsarbeiter ganz zu schweigen…

Das alles ist bittere Arbeitsrealität in Deutschland und speziell in M-V – hinzu kommen ungelöste Probleme im Hinblick auf die Verbesserung der Infrastruktur, auch der geistigen (Stichwort „Finanzierung der Universitäten, Hochschulen und vor allem der allgemein bildenden Schulen“), der Kultur- und Sportförderung, der kommunalen Ausstattung und der Förderung des Mittelstandes, des wirklichen Rückgrates der deutschen Wirtschaft.

Sicher. Die Wirtschaft in Deutschland, speziell in M-V, ist (noch) robust; deren Entwicklung verlief in einzelnen Bereichen sehr positiv und es gibt zukunftsfähige Startups. Aber die Lage ist dennoch nicht so glorreich, wie sie angepriesen wird. Es lohnt ein zweiter und ein dritter Blick auf die Statistiken! Und nicht nur auf die…

Fotos/Michels: In M-V floriert vor allem, aber nicht nur, die maritime und holzverarbeitende Industrie.