Darf die Bundeswehr in Schulen „werben“?

Landesregierung sieht mit  Kooperationsvereinbarung Neutralitätsgebot nicht verletzt

In der zweiseitigen Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur MV und dem Wehrbereichskommando I Küste der Bundeswehr vom Juli 2010 heißt es gleich zu Beginn: „Eine lebendige Gesellschaft ist auf die Fähigkeit und Bereitschaft ihrer Brger angewiesen, sich mit Themen der nationalen und internationalen Politik auseinander zu setzen, gesellschaftliche Prozesse zu verfolgen, sich an ihnen zu beteiligen und Mitverantwortung zu übernehmen.
Politische Bildung in der Schule zielt auf eine derartige Mündigkeit in der demokratischen Gesellschaft. In einer durch wachsende internationale Verflechtungen gekennzeichneten Welt bedarf es dabei in zunehmendem Maße einer Auseinandersetzung mit Fragen der internationalen Politik.“

Ziel der Vereinbahrung ist es im weiteren, Jungoffizieren der Bundeswehr zwar zu ermöglichen an Schulen auf Einladung der Lehrer über „sicherheitspolitische Fragestellungen aufzuklären und zu informieren“, jedoch zu gewährleisten, dass „didaktische Grundsätze“, wie Indoktrinationsverbot oder die Befähigung der Schüler zur selbständigen Analyse und Urteilsbildung, eingehalten werden. Es soll verhindert werden, dass die Bundeswehr so an Schulen für sich wirbt.

Erneut Kritik von links

Dennoch führen Besuche von Offizieren an Schulen oder auch die Kooperationsvereinbarung an sich regelmäßig zu Diskussionen und Kritik. So kritisiert die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Simone Oldenburg, aktuell, dass die Schulleiterinnen und Schulleiter des Landes erst im Februar dieses Jahres über die 2010 beschlossene Vereinbarung in Kenntnis gesetzt wurden. „Die Schulen seien bis zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, die Veranstaltungen mit Vertretern der Bundeswehr in eigener Zuständigkeit auszugestalten, wozu sie laut Vereinbarung ermächtigt sind“, so Oldenburg.

Gleich in zweierlei Hinsicht sieht sie mit den Bundeswehrveranstaltungen das Neutralitätsgebot verletzt. Zum einen wegen der verspäteten Hinweisgebung über die Vereinbarung, zum zweiten würden Schulverranstaltungen mit Friedensvereinen oder bundeswehrkritischen Bündnissen statistisch vom Land nicht erfasst. „Ich sehe hier eine deutliche Bevorzugung der Anliegen der Bundeswehr. Wo bleibt da die Neutralität?“ fragt sich Simone Oldenburg.
Laut Kooperationsvereinbarung muss die Bundeswehr selbst am Schuljahresende einen schriftlichen Bericht über die Veranstaltungen an Schulen vorlegen.

Verwunderung beim Bildungsminister

Bildungsminister Mathias Brodkorb hat mit Verwunderung auf die Kritik der Linksfraktion an der Kooperationsvereinbarung reagiert. „Nachdem ich erfahren habe, dass die Vereinbarung den Schulen gar nicht zur Verfügung gestellt worden war, haben wir dies umgehend nachgeholt“, sagte Brodkorb. „Die Debatte über die „Neutralität“ kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Die Bundeswehr ist nicht irgendwer, sondern eine staatliche Institution. Es steht allen Schulen frei, auch bundeswehrkritische Organisationen in den Schulalltag einzubinden. Das ist für mich gelebte Demokratie“, ergänzte der Minister.

red