Blick zur globalen Leichtathletik

Zwischen Gegenwart und Vergangenheit


Die fünfzehnten Leichtathletik-Weltmeisterschaften vom 22.August bis 30.August in Peking sind bereits seit fünf Tagen im Blickfeld der Sportfans. So standen bzw. stehen 47 Entscheidungen auf dem Programm, wobei der Deutsche Leichtathletik-Verband 66 Athletinnen und Athleten in die chinesische Hauptstadt entsandte. Aus M-V-Sicht ist die Schweriner Stabhochspringerin Martina Strutz die einzige Starterin.

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Bei den bisherigen 23 Entscheidungen waren besonders Kenia mit 11 Medaillen (sechsmal Gold), die USA mit 9 Medaillen (einmal Gold) sowie Deutschland und Polen mit jeweils 5 Medaillen (einmal Gold).

Die Medaillen für das Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes gewannen dabei Christina Schwanitz (Gold/Kugelstoßen), Raphael Holzdeppe (Silber/Stabhochsprung), David Storl (Silber/Kugelstoßen), Gesa Felicitas Krause (Bronze/3000 Meter Hindernis) und Nadine Müller (Bronze/Diskuswerfen).

Finale im Frauen-Stabhochspringen am 26.August

Das Finale im Frauen-Stabhochsprung mit Schweriner Beteiligung wurde nun am 26.August ausgetragen. Die Weltjahresbesten in dieser Disziplin waren bis dato die Kubanerin Yarisley Silva (4,91 Meter), die Griechin Nikoleta Kyriakopoulou (4,83 Meter), die Amerkanerin Jennifer Suhr (4,82 Meter), die Brasilianerin Fabiana Murer (4,80 Meter) und die Russin Anjelika Sidorowa (4,79 Meter). Martina schaffte in diesem Jahr 4,65 Meter, aber ein WM-Wettkampf hat ja mitunter „eigene Gesetze“.

Überschattet wurde das WM-Stabhochspringen der Frauen jedoch vom schweren Trainingsunfall der Österreicherin Kira Grünberg, die als großes Stabhochsprung-Talent galt. Am 30.Juli brach sich Kira den fünften Halswirbel und ist seitdem vom Hals abwärts gelähmt.

Die Finalisten

Für das Finale im Stabhochsprung der Frauen qualifizierten sich letztendlich acht Athletinnen aus Europa (Nikoleta Kyriakopoulou aus Griechenland, Angelica Bengtsson aus Schweden, Holly Bradshaw aus Großbritannien, Martina Strutz aus Schwerin, Minna Nikkanen aus Finnland, Lisa Ryzih aus Deutschland, Anjelika Sidorowa aus Russland sowie Michaela Meijer aus Schweden), vier vom amerikanischen Doppel-Kontinent (Yarisley Silva aus Kuba, Fabiana Murer aus Brasilien, Sandi Morris aus den USA und Jenn Suhr aus den USA), je eine aus Asien (Li Ling aus China) und aus Australien/Ozeanien (Alana Boyd aus Australien). Für die dritte deutsche Stabhochspringerin, Silke Spiegelburg, war leider schon in der Qualifikation Endstation.

Im hochklassigen Wettkampf im Pekinger Olympiastadion setzte sich, nachdem sie noch die Höhe von 4,70 Meter zweimal gerissen hatte, die Kubanerin Yarisley Silva mit 4,90 Meter vor der Brasilianerin Fabiana Murer (4,85 Meter) und der Griechin Nikoleta Kyriakopoulou (4,80 Meter).

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Martina Strutz belegte mit gemeisterten 4,60 Meter Rang acht.

Insgesamt (einschließlich der Qualifikation) nahmen 29 Stabhochspringerinnen aus 19 Ländern am WM-Wettkampf 2015 teil.

Für die Frauen geht es im Stabhochspringen also auch immer „höher“…

Von der Gegenwart in die Vergangenheit

„Schneller-höher-stärker!“, war hingegen das kompakte Motto vor 35 Jahren jedoch in Moskau. Die 22.Olympischen Spiele standen seinerzeit auf der Agenda…

Diese wurden vom Boykott vieler westlicher Länder überschattet. Nachdem die Sowjetunion im Dezember 1979 Afghanistan besetzte, beschloss US-Präsident Jimmy Carter einen Boykott der Spiele, dem sich einige Alliierte und Verbündete, darunter Japan, die Bundesrepublik, Kanada, Kenia, aber auch die Volksrepublik China, anschlossen.

Dümmlicher Boykott und unvergessene Momente

Damit setzte sich die Reihe unsinniger politisch motivierter Boykott-Maßnahmen gegen Olympia fort: Bereits 1976 gab es einen Boykott der afrikanischen Staaten; 1984 nahmen viele Ostblock-Staaten, darunter die UdSSR, die DDR oder Kuba, nicht an den Spielen in Los Angeles teil. Dennoch: Die Olympischen Spiele in Moskau vom 19.Juli bis 3.August sorgten für hochklassigen Sport und unvergessene Momente auch aus Schweriner Sicht.

Mehr als 5200 Athletinnen und Athleten aus 80 Ländern nahmen in Moskau teil. Auf dem Programm standen 203 Wettbewerbe in 21 Sportarten.

Am Ende lag das Team der UdSSR mit 80 x Gold klar der DDR mit 47 x Gold, Bulgarien, Kuba sowie Italien mit je 8 x Gold, Ungarn mit 7 x Gold, Rumänien bzw. Frankreich mit je 6 x Gold, Großbritannien mit 5 x Gold und Polen mit 3 x Gold. Insgesamt kamen 36 Länder zu Medaillen-Ehren. Ganz erfreulich: Neben Gerd Wessig, dem überraschenden Olympiasieger im Hochsprung, standen auch weitere Schweriner auf dem Medaillenpodest.

Zwischen Schwimmbecken und Volleyball-Parkett

Im Schwerimmen konnte Andrea Pollack Gold über 4 x 100 Meter-Lagen und Silber über 100 Meter-Butterfly erkämpfen. Im Boxen erkämpfte Richard Nowakowski im Leichtgewicht Bronze. Im olympischen Volleyball-Turnier der Frauen sorgte die DDR-Auswahl mit Siegen über Peru und Kuba für Überraschungen und erreichte das Finale gegen die UdSSR, das nach großem Kampf zwar mit 1:3 verloren wurde, aber bis zum heutigen Tag die einzige deutsche Olympia-Medaille im Frauen-Volleyballsport bedeutet. In der DDR-Auswahl standen mit Karla Roffeis, Anke Westendorf, Martina Schmidt und Andrea Heim auch vier Spielerinnen des damaligen SC Traktor Schwerin, dazu gesellte sich – aus M-V-Blickwinkel – noch die gebürtige Neustrelitzerin Heike Lehmann.

Olympiasieg von Gerd Wessig

Zurück jedoch zum Hochsprung der Männer: Zum ersten Mal gelang der olympische Hochsprung-Sieg bei den Herren mit Weltrekord. Gerd Wessig, der gebürtige Lübzer vom SC Traktor Schwerin, schaffte 2,36 Meter und konnten den Olympiasieger von 1976, Jacek Wszola (Polen/2,31 Meter), und die Teamkollegen Jörg Freimuth (ebenfalls 2,31 Meter), Henry Lauterbach (2,29 Meter) und Roland Dalhäuser (Schweiz/2,24 Meter) deutlich auf die Plätze verweisen. Wie verlief der Wettkampf jedoch damals aus Sicht von Gerd Wessig?

Dazu Gerd Wessig in einem Interview mit dem Autor 2009: „Tja, die ersten Gratulanten, noch im Stadion, waren die Teamkollegen Henry Lauterbach und Jörg Freimuth. Auch der Schweizer Roland Dahlhäuser beglückwünschte mich unmittelbar nach dem Erfolg. Nur Jacek Wszola (1976 Hochsprung-Olympiasieger. – Anm. M.M.) ließ sich etwas mehr Zeit: Er war der Letzte, der mir gratulierte. Aber mittlerweile sind wir gute Kumpel! Bei ihm ging es wohl schon damals um viel Geld, bei mir „nur“ um „Volk und Vaterland“. Allerdings gab es damals noch eine größere Identifikation mit dem Team, mit dem Erfolg als es heute oftmals üblich ist.

Zum olympischen Wettkampf 1980: Ich hatte mich Stück für Stück in den Wettkampf hereingetastet, wollte unter die besten Sechs. Das war auch die offizielle Zielvorgabe und diesen leistungsmäßigen Druck hatte man dann auch schon. Das Ziel stand, wer darunter blieb, hatte versagt.

Irgendwelche Ausflüchte wurden nicht akzeptiert, nach der Devise in etwa, dass die Zuschauer so laut, die Stimmung nicht gut und die Bedingung nicht optimal seien, waren verpönt. Wer die Ziele nicht erreichte, musste sich auch wieder hinten anstellen. Auch große Namen galten nichts. Das mußten seinerzeit Rosemarie Ackermann (Hochsprung), Wolfgang Schmidt (Diskuswerfen) oder Udo Beyer (Kugelstoßen) erfahren.

Aber ich blieb in der Zielvorgabe. Als feststand, dass ich sicher auf Rang sechs lag, war ich erst einmal erleichtert. 2,24 Meter, die Konkurrenz war nicht weg und die Höhe war für mich nur eine Durchgangsleistung, für mich keine Hürde. Und ich merkte Höhe um Höhe, eine Medaille könnte durchaus drin sein, zumal die Mannschaftskameraden Henry Lauterbach und Jörg Freimuth noch immer dabei waren.

Und ich dachte mir: Die hatten doch die ganze Saison gegen dich nichts zu bestellen gehabt und jetzt wollen sie dich schlagen?! Das geht schon einmal gar nicht ! Dann war ich schon unter den besten Vier und auch Jörg Freimuth war auch noch dabei. Ich wusste nun, eine Medaille ist in Reichweite. Dann plötzlich, bei der Höhe von 2,33 Meter, als die anderen rissen, war ich nicht mehr Dritter, sondern Erster – und ich schaffte sogar noch die 2,36 Meter. In diesem Moment war ich wohl der glücklichste Mensch auf der Welt!“.

Das Stabhochspringen, allerdings nur für die Männer (Die Frauen erhielten ihren Wettkampf erst ab 2000 in Sydney.), wurde in Moskau natürlich ebenfalls ausgetragen. Damals gewann Wladislaw Kozakiewicz aus Polen (Weltrekord-4,78 Meter) vor Konstantin Wolkow (UdSSR) bzw. Tadeusz Slusarski (Polen) sowie Philippe Houvion (Frankreich) und Jean-Michel Bellot (Frankreich).

Zurück zu Peking 2015

Aber nun gilt es, insbesondere für die deutschen Athletinnen und Athleten auch bei den restlichen 24 WM-Entscheidungen in Peking zu glänzen. In den Staffeln sollte noch die eine oder andere Medaillen-Chance bestehen. Vielleicht sind sogar weitere Überraschungen für „Schwarz-Rot-Gold“ möglich?!

Übrigens: Eine weitere sehr talentierte Schweriner Stabhochspringerin wechselte kürzlich von Schwerin über den „großen Teich“: Luisa Hellriegel erhielt ein Stipendium und wird an der „Tulane-Universität“ in Louisiana Sport und Medizin studieren.

Marko Michels

Leichtathletischer Veranstaltungstipp: Der 23.Jedermann-Zehnkampf in Schwerin findet vom 12. bis 13.September statt.

Fotos/Michels:

1.Auf der Tartanbahn geht es zurzeit in Peking  „hoch her“ (Impression vom Stadion am Lambrechtsgrund in Schwerin).

2.Martina Strutz aus Schwerin.