Nachgefragt bei der Präsidentin des Leichtathletik-Verbandes M-V, Frau Dr. Kristin Behrens
Mecklenburg und Vorpommern sind bekanntlich traditionsreiche Leichtathletikregionen, die schon seit Jahrzehnten Olympia-Teilnehmer, olympische Medaillengewinner, Olympiasieger, Europameister bzw. EM-Medaillengewinner oder Weltmeister bzw. WM-Medaillengewinner hervor bringen. Inzwischen sind die Teilnahmen von M-V-Athletinnen bzw. Athleten bei Olympia, Elite-WM und Elite-EM jedoch sehr übersichtlich geworden. Im Prinzip hält allein die Schweriner Stabhochspringerin Martina Strutz, die wieder für Hagenow startet, die M-V-Flagge in der Leichtathletik fast im Alleingang hoch.
Allerdings: Es gibt durchaus einige vielversprechende Leichtathletiktalente in M-V, so – nur einige Beispiele – die Sprinterin Wiebke Griephan (LAV RibnitzDamgarten/Sanitz), die Dreispringerin Mara Häusler (1.LAV Rostock), die Scheutzow-Zwillingsschwestern (Schweriner SC) im Stabhochspringen, Luca Meinke (Schweriner SC) im Hochsprung, Claudine Vita (SC Neubrandenburg) im Kugelstoßen oder Maja Küßner (1.LAV Rostock) im Hochspringen.
Seit 2017 ist nun Dr. Kristin Behrens die neue Präsidentin des Leichtathletik-Verbandes M-V, nachdem der bisherige Präsident Andreas Bluhm zum Präsidenten des Landessportbundes M-V gewählt wurde.
Wie beurteilt nun Dr.Kristin Behrens die sportliche Situation in der Leichtathletik M-V?!
Fr.Dr.Behrens zur Situation der Leichtathletik in M-V
„Auf stabilen Beinen…“
Frage: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen „Übernahme des Staffelstabes“ im Fachverband! Es soll ja in der Leichtathletik schon Situationen gegeben haben, dass der Stab herunter fiel… Welche Ziele haben Sie für Ihre Amtszeit?!
Dr.Kristin Behrens: Die Leichtathletik in Mecklenburg-Vorpommern steht auf stabilen Beinen.Der LVMV wird mit seinen ca. 6000 Mitgliedern auch weiterhin bestrebt sein, im Nachwuchs- und im Hochleistungssport auf nationaler Ebene Spitzenleistungen zu zeigen und darüber hinaus auch im internationalen Vergleich erfolgreich zu sein.
Insbesondere im Nachwuchsbereich gibt es ausgezeichnete Leistungen, vor allem in der Disziplingruppe Wurf/Stoß. Aber längst nicht nur dort – auch im Sprungbereich haben wir uns positiv entwickelt. Diese Entwicklung soll und muss konsolidiert und der erfolgreiche Übergang in den Elitebereich abgesichert werden. Mit der Stabhochspringerin Martin Strutz konnten wir im vergangenen Jahr eine Athletin zu internationalen Meisterschaften entsenden. Das muss sich ändern!Voraussetzung dafür isteine gut funktionierende Struktur und Partner im Leistungssportverbund – das haben wir!
Entscheidend dabei wird die Trainerfrage sein, wo wir quantitativ und qualitativ mehr Personal brauchen, das entsprechend solide finanziert sein muss. Außerdem wird der ganze Bereich des Breiten-, Freizeit- und Gesundheitssport weiter ausgestaltet werden. Das Übungsrepertoire der Kinderleichtathletik wollen wir verstärkt in die Schulen bringen und gemeinsam mit dem LSB M-V die Schnittstelle zwischen Schule und Verein weiter stärken. Außerdem wird das Thema „Talentsichtung“ eine wichtige Rolle spielen.
Als „Grundsportart“ brauchen wir uns im Konkurrenzkampf mit den anderen Sportarten nicht zu verstecken.Außerdem wollen wir unsere Sportart zukünftig besser in der Öffentlichkeit präsentieren.
Frage: Die glorreichen Zeiten in der M-V-Leichtathletik scheinen aber endgültig vorbei -oder?!
Dr.Kristin Behrens: Das sehe ich nicht so kritisch! Wie gesagt, die Basis ist ja vorhanden, es gibt zahlreiche hoffnungsvolle Talente bei uns im Land, die bei besten Rahmenbedingungen später auch im Hochleistungssport erfolgreich sein können. Aber der Hochleistungssport macht nur einen Teil unserer Arbeit aus, auch wenn dieser medial im Fokus steht. Wir wollen auch den Breiten- und Gesundheitssport weiter voranbringen.
Denn es ist auch ein Fakt, dass wir fast 600 Mitglieder im Verband haben, die weit über 40 Jahre alt sind. Mit den Gesundheitssportprogrammen „Ausdauer auf Dauer“ und „Laufend unterwegs“ des DLV haben wir attraktive Angebote speziell für diese Zielgruppe.Für viele Vereine in der Fläche sind Angebote des Breiten- und Gesundheitssports überlebenswichtig, dienen sie doch nicht zuletzt dazu Mitglieder zu gewinnen.
Auch für die Jüngsten wollen wir attraktiver werden und mit unseren leichtathletischen Angeboten „glänzen“. Es geht letztendlich nicht immer nur um Medaillen, sondern vor allem um die Gesundheit und den Wert des Sportes an sich, seine gesellschaftliche Funktion für ein aufrichtiges Miteinander, Fairness und Toleranz.
Frage: Wie beurteilen Sie ansonsten die Strukturen in der Leichtathletik in M-V?
Dr.Kristin Behrens: Wir haben mit Neubrandenburg, Rostock und Schwerin drei Landesleistungszentren in M-V, wobei Neubrandenburg zugleich Bundesstützpunkt für die Disziplingruppe Wurf/Stoß ist. Außerdem verfügen wir über acht Trainingsstützpunkte und insgesamt 80 Vereine. Die wollen wir auch weiterhin fördern, möglichst noch besser. Vieles ist noch in der Diskussion, weil zurzeit auch über die Auswirkungen der DOSB-Leistungssportreform debattiert wird.
Frage: 2017 gibt es einige EM bzw. WM im Nachwuchsbereich sowie die Elite-WM in London. Welche Erwartungen haben Sie da an die M-V-Athletinnen und Athleten?
Dr.Kristin Behrens: Mit Patrick Müller und Claudine Vita haben wir zwei hoffnungsvolleWurf-Asse in unseren Reihen, die im Elite-Bereich konkurrenzfähig sind. Beim Winterwurf-Europacup in Las Palmas haben beide die Normen für die U23-EM bereits erfüllt. Klasse wäre es, wenn auch Martina Strutz wieder die WM-Qualifikation gelingen könnte? Eine erfahrene Athletin und zwei „Youngster“ aus M-V – das wäre ein gutes Resultat im Hinblick auf die internationalen Höhepunkte in diesem Jahr.
Ansonsten gibt es eine ganze Reihe hoffnungsvoller Talente in M-V, ob Dreispringerin Mara Häusler, Hochspringerin Maja Küßner, die Sceutzow-Zwillingsschwestern im Stabhochsprung, Sprinterin Wiebke Stephan und viele andere mehr. Einige von ihnen konnten bereits bei Nachwuchsländerkämpfen das Nationaltrikot tragen.
Letzte Frage: Sind Sie selbst eigentlich sportlich auch sehr aktiv?
Dr. Kristin Behrens: Ja, ich bin durchaus noch sportlich aktiv und durchlief einst auch den klassischen leistungssportlichen Weg. Bis 2004/05 war ich selbst noch über die 400m Hürden aktiv. Ich bin also schon eine sportliche Praktikerin!
Vielen Dank und einen erfolgreichen, „langen leichtathletischen Atem“!
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Auch nachgefragt: Bei Dreispringerin Mara Häusler vom 1.LAV Rostock
In M-V, dem Leichtathletik-Land mit den grossen olympischen und weltmeisterlichen Traditionen, sorgt in der Gegenwart auch eine junge Dreispringerin vom 1.LAV Rostock für viel Furore: Mara Häusler, Jahrgang 1999, vom 1.LAV Rostock, die bei Peter Schörling trainiert.
Dreisprung und M-V?! Da fallen einem spontan drei Namen ein. Von Jörg Drehmel etwa, der im vorpommerschen Trantow geboren wurde, und bei den WM 1971 Gold, bei den Universiaden 1970 bzw. 1973 jeweils Bronze und bei Olympia 1972 Silber erkämpfte. Oder von Volker Mai, dem Athleten vom SC Neubrandenburg, Junioren-Europameister 1985 und Hallen-Vize-Europameister 1989. Oder auch von Helga Radtke, der gebürtigen Sanitzerin, Hallen-EM-Dritte 1992, Hallen-WM-Fünfte 1993 und Freiluft-WM-Fünfte auch 1993.
Welche Ziele hat aber Mara Häusler, Jahrgang 1999, 1.LAV Rostock, Deutsche Meisterin U 16 (2014), Deutsche Meisterin U 18 (2016) und U 18-EM-Fünfte 2016, die insbesondere in den letzten beiden Jahren einige Erfolge in ihrer Altersklasse im Dreisprung feierte?!
M.Häusler über die Hallen-Saison 2017, ihre Verletzung, ihre Ziele für 2017 und darüber hinaus, ihr Trainingspensum bzw. weitere sportliche Interessen
„Schauen, was geht…“
Frage: Gerade fanden die Deutschen Jugend-Meisterschaften in Sindelfingen statt. Wie lautet Ihr Resümee aus persönlicher Sicht? Sie waren ja durch eine Verletzung sehr gehandicaped…
Mara Häusler: Die Deutschen Jugend-Meisterschaften in Sindelfingen verliefen für mich persönlich schon ganz gut. Es war mein erster Wettkampf in der Halle nach meiner Verletzung. Ich hatte ja bereits vor zweieinhalb Jahren einen Meniskusanriss. Im Herbst 2016, beim Training, landete ich unglücklich und da traten die alten Beschwerden wieder auf und die Diagnose lautete erneuter Meniskusanriss im rechten Knie. Das Knie wurde stabilisiert, so dass ich die Hallen-Saison noch mitmachen konnte und Anfang März 2017 wurde ich erneut operiert. Nun hoffe ich, dass ich mit Blickrichtung Freiluft-Saison schnell wieder fit werde.
Frage: Wie gelangten Sie eigentlich zum Dreisprung? Warum hat es Ihnen gerade diese Leichtathletik-Disziplin so angetan?
Mara Häusler: Ich bin ja vor zehn Jahren mit meinen Eltern, die in M-V eine Firma gründeten, von Stuttgart nach Stralsund gezogen. Ich stamme also aus Baden-Württemberg, habe mich dort sowohl dem Turnsport als auch der Leichtathletik gewidmet. Zunächst trainierte ich in Greifswald Leichtathletik, seit drei Jahren bin ich beim 1.LAV Rostock. Eigentlich war eine einmal eine begeisterte Hochspringerin – und viele meinen, dass ich nach wie vor für das Hochspringen sehr gut geeignet bin – aber ich verlor die Lust am Hochsprung, wollte mich neu ausprobieren und blieb beim Dreisprung „hängen“. Diese Disziplin macht mir ganz einfach Spass.
Frage: Wie sieht eigentlich Ihr tägliches Trainingspensum aus?
Mara Häusler: Ich trainiere sieben Tage in der Woche. Vormittags widme ich mich dem Training anderthalb Stunden und nachmittags kommen weitere zwei Stunden Training hinzu. Dazu kommt noch der Schulsport. Und zwischen den Trainingseinheiten ist Schule.
Frage: Schule, Sport – bleibt da eigentlich noch Zeit für Hobbies?
Mara Häusler: Nein, nicht wirklich. Wenn an den Wochenenden einmal keine Wettkämpfe sind, verbringe ich die Zeit mit der Familie. Ansonsten ist ja der normale Rhythmus Training-Schule-Training. Und danach bin ich auch „k.o.“….
Frage: Welche sportlichen Ziele haben Sie für 2017? Was möchten Sie in der Perspektive im Dreisprung erreichen?
Mara Häusler: Mein grosses internationales Ziel sind die Junioren-Europameisterschaften vom 20.Juli bis 23.Juli in Grosseto (Italien). Dann möchte ich meinen Titel, den ich bei den Deutschen U 18-Meisterschaften 2016 im Dreisprung erkämpfte, verteidigen. Aber erst einmal gilt es, die Verletzung auszukurieren. Und dann schauen, was geht…
Tokyo 2020, die dortigen Olympischen Spiele, bleiben allerdings mein „Mega-Ziel“!
Letzte Frage: Verfolgen Sie das Geschehen in M-V auch in anderen Sportarten? Welche Sportarten interessieren Sie noch? Sind Sie auch einmal bei anderen Sportwettkämpfen – als Zuschauerin?
Mara Häusler: Ja, ich interessiere mich schon für Handball und Fussball. Gerade Handball ist eine ziemlich coole Sportart. Viele Mitschülerinnen und Mitschüler widmen sich diesen Sportarten, da entwickelt man schon ein spezielles Interesse ebenfalls für diese Sportarten.
Vielen Dank, weiterhin alles erdenklich Gute, persönlich, schulisch und sportlich, und eine baldige Genesung!
Marko Michels
Foto (Michels): Die Leichtathletik hat in M-V viele Talente (Blick in das Kurt-Bürger-Stadion in Wismar).