Auf nach Vancouver 2010 !

Nach den Sommer- zu den Winterspielen


„Bei den Weltcups gut aussehen …“

Gespräch mit Karin Schmidt, der Rostocker Trainerin für Short Track

Frage: Die Saison im Wintersport rückt immer näher. Im Oktober findet der traditionelle Hanse-Cup in Rostock statt. Des Weiteren stehen Weltcups, darunter auch in Dresden, EM und WM bei Junioren und Senioren an.
Was erwarten Sie von Ihren Schützlingen in der Saison 2008/09 – immerhin die vorolympische ?

Karin Schmidt: Das Wichtigste, gerade im Hinblick auf die Winterspiele in Vancouver, ist es es, dass wir zwei bis drei Sportler aus unserem Verein bei den Weltcups dabei wären und dort möglichst „gut aussehen“. Ich rechne hier besonders mit Torsten Kröger und Aika Klein, aber auch schon mit Youngster Hannes Kröger.

Außerdem wollen wir in der „Star Class“-Serie für die Jüngeren, die als Höhepunkt die Junioren-EM in Bormio hat, in jeder Altersklasse eine Sportlerin und einen Sportler stellen. Bei den deutschen Mehrkampf-Meisterschaften am 27. und 28.Dezember soll es dann ebenfalls viele gute Platzierungen für uns geben, geht es dort ja auch darum, wer zum Kader gehört und wer nicht. Des Weiteren stehen dann noch im Februar nächsten Jahres die Sprint-Meisterschaften der Damen und Herren für die Altersklassen A und B im Terminkalender.

Frage: Seit den Winterspielen 1998 in Nagano waren Kurzbahn-Eisschnellläuferinnen und -läufer des ESV Turbine Rostock stets bei Olympia dabei.
Neben dem jetzigen Landestrainer Arian Nachbar ist eine der renommiertesten Athletinnen vom ESV Turbine Rostock zweifellos Aika Klein,  u.a. Olympia-Sechste und dreifache EM-Bronzemedaillen-Gewinnerin, die auch einen Start bei den Spielen in Vancouver 2010 anstrebt.

Wie sind die Trainingsbedingungen in Rostock ? Gibt es genügend Talente und Interessierte für den Kurzbahn-Eisschnelllauf in Rostock ?

Karin Schmidt: Es ist wie überall in Deutschland. Der Zulauf zum Short Track könnte auf jeden Fall größer sein. Es müssten ganz einfach noch mehr jüngere Short Track-Talente, den Weg zu uns in die Schillingallee in Rostock finden. Wir haben ja mit dem früheren Europameister und Olympia-Teilnehmer 1998-2006 Arian Nachbar, ein echtes „Aushängeschild“ und einen Sympathieträger als Landestrainer in unseren Reihen, der die jungen Sportler zum Mitmachen beim Short Track animiert.

Zur Zeit haben wir 60 bis 70 jüngere Short Tracker, die wir trainieren. Mal sehen, wie viele langfristig dabei bleiben. Neben Talent spielt natürlich auch der Trainingsfleiß der Kinder eine große Rolle.
Zu den Trainingsbedingen: Sie sind hier in Rostock in der Halle gut, aber hier ist eben auch die einzige Eishalle in M-V, die zudem sehr ausgelastet ist. Es könnten noch mehr Talente den Weg zum Kurzbahn-Eisschnelllauf finden, wenn mehr und günstigere Trainingszeiten zur Verfügung stehen würden. ES gibt zwar noch in Kühlungsborn eine kleinere Eisfläche ebenso in Malchow, aber „bedarfsdeckend“ sind diese Angebote nicht.

Frage: Mecklenburg-Vorpommern kann auf eine gute Eislauf-Tradition zurückblicken. Der Rostocker Ralf Österreich wurde im Eiskunstlauf Olympia-Zweiter 1976, die gebürtige Wismarerin Jacqueline Börner holte 1992 im Eisschnellauf-Olympia-Gold und der gebürtige Greifswalder Robin Szolkowy ist mittlerweile Paarlauf-Weltmeister.

Ihre frühere Mitstreiterin in Rostock, Karin Kessow, wurde 1975 Eisschnelllauf-Weltmeisterin.
Ist M-V ein „gutes Pflaster“ für Eisläuferinnen und Eisläufer ?

Karin Schmidt: Es scheint ja so zu sein, wie die Historie zeigt. Allerdings kann man die Bedingungen zu früheren Zeiten nur bedingt vergleichen. Damals gab es eine intensivere Förderung, heute sind die Gelder knapp. Man muß da sehr flexibel sein und sich ständig auch um Sponsoren, etc. kümmern. Nun ist Mecklenburg-Vorpommern kein traditionelles „Wintersportland“, und das Interesse für Short Track nun einmal nicht so groß wie für „König Fußball“.

Aber insbesondere durch unsere Erfolge in den letzten Jahren bei EM und die regelmäßige Qualifikation unserer Athletinnen und Athleten seit mittlerweile über einem Jahrzehnt für Winterspiele bin ich davon überzeugt, dass Short Track in Rostock dauerhaft eine gute Zukunft hat.

Frage: Zurück zum Short Track – Inzwischen ist der einstige kanadische Weltklasse Short Tracker Eric Bedard Trainer des deutschen Teams. Erwarten Sie von ihm neue Ideen und Impulse ?

Karin Schmidt: Eric war ja einst selbst ein Weltklasse-Short Tracker, der nach Turin 2006 seine Laufbahn beendete. In Kanada war er dann als Trainer im Eisschnelllauf und Eishockey tätig. Regelmäßig schickt er mir die Trainingspläne und in der Tat gibt es da einige fruchtbare Ideen. Ich versuche sowohl seine Hinweise umzusetzen, habe natürlich auch meine eigenen Vorstellungen, so dass ich sowohl seine Tipps als auch meine Konzepte beim Training berücksichtige.

In Kanada gibt es ja für die einzelnen Bereiche, Stichworte Mental-Trainer oder Eis-Trainer, jeweils spezifische Betreuer. Das ist in Deutschland allein aus finanziellen Gründen kaum möglich. Short Track hat in Deutschland nun einmal nicht diese überragende Stellung. Aber: Eric ist ein sehr guter Trainer. Die Sportler mögen und schätzen ihn.

Frage: Mit Blickrichtung Vancouver 2010 – Wer könnte aus Rostock den „Sprung“ über den „großen Teich“ schaffen ?

Karin Schmidt: Ich hoffe da auf Aika Klein und Torsten Kröger. Vielleicht ist dann Hannes Kröger auch schon so weit, aber wir planen mit Hannes auch für Sotschi 2014 !

Interview: Marko Michels
Exkurs: Wintersportliche Begeisterung in M-V

Wintersportliche Begeisterung gab und gibt es seit Jahrzehnten auch in Mecklenburg-Vorpommern und namhafte Athletinnen und Athleten aus unserem Bundesland waren bereits äußerst erfolgreich …

Die Schweriner haben übrigens auch seit 2003 einen eigenen Ski-Club !

Doch nicht nur die früheren Erfolge der Eisschnelllauf-Weltmeisterin von 1975 Karin Kessow-Drbal, die aktuellen Triumphe der Rostocker Kurzbahn-Eisschnellläufer um Trainerin Karin Schmidt oder auch die gegenwärtigen Aktivitäten der Skisportler vom M-V-Fachverband lassen die wintersportliche Tradition in M-V “lebendig” werden:

Im Dezember 2000 wurde der Rostocker Eiskunstlauf-Verein gegründet, der das Ziel hat, an die einstige eissportliche Vergangenheit der Hansestadt anzuknüpfen. Immerhin gab es hier von 1954 bis 1972 eine gute Kunstlauf-Entwicklung. Rolf Oesterreich, der Olympia-Zweiter 1976 im Paarlauf mit Partnerin Romy Kermer stammt von der Ostseeküste, genauso wie der zweimalige DDR-Meister im Eiskunstlauf (1963/64) Ralph Borghardt oder der Eistänzer der Meisterklasse Jochen Bode.

Natürlich trainierte Karin Kessow im Freiluft-Stadion an der Rostocker Schillingallee – wie auch Karin Enke. Die gebürtige Dresdnerin und Athletin des SC Einheit Dresden, die spätere dreifache Olympiasiegerin und elffache Weltmeisterin im Eisschnelllauf, erlernte das Schlittschuhlaufen in Rostock. Karin Enke war vor ihrer Karriere als Schnellläuferin, zweifache DDR-Dritte im Kunstlauf (1976/77) und dort EM-Neunte (1977), bevor sie 1978 aufgrund ihrer Körpergröße zum Schnelllauf wechselte.

– Nicht zu vergessen ist auch der Schnellläufer Jörg Lange aus Rostock, der in den 80er Jahren mit respektablen Ergebnissen an nationalen und internationalen Meisterschaften teilnahm.

Neue Eiskunstlauf-Begeisterung in Rostock

Anfang 1999 konnte dann die Eiskunstlauf-Tradition in Rostock wieder belebt werden. Gerhild Höppner und Bärbel Lobe begannen in Rostock, am Eiskunstlauf interessierte Jungen und Mädchen zu betreuen. Inzwischen werden 35 Mädchen und Jungen im Alter zwischen 4 und 11 Jahren beim Rostocker Eiskunstlauf-Verein trainiert. Kontakte werden mittlerweile auch wieder zu den Leistungszentren in Berlin aufgenommen. Vielleicht gibt es ja schon bald – neben dem aktuellen gebürtigen Greifswalder Paarläufer Robin Szolkowy – eine Weltklasse-Kunstläuferin oder einen Weltklasse-Kunstläufer aus M-V ?!

Sportliche “Eiszeit“ – „made in M-V“ …

– Die spätere Schnellauf-Olympiasiegerin (1960) Helga Obschernitzki-Haase trainiert zwischen 1946 und 1952 bei der BSG Empor Schwerin (Handball) und wohnt in Schwerin-Neumühle.

– 1963 und 1964 wird der Rostocker Ralf Borghardt DDR-Meister im Kunstlauf.

– Der Rostocker Eishockeyspieler Dietmar Peters nimmt 1968 an den Olympischen Winterspielen teil, wird Achter mit der DDR. EM-Bronze 1965/66 gab es für einen weiteren Eishockey-Crack aus Rostock, für Bernd Karrenbauer, der 1962 von der Ostseeküste zu Dynamo Berlin wechselte.

– Im Jahre 1975 wird Karin Kessow aus Rostock Eisschnelllauf-Weltmeisterin.

– Der Bobfahrer Meinhard Nehmer aus Rügen wird 1976 Doppel-Olympiasieger (1980 noch einmal Olympiasieger !); der Paarläufer Rolf Oesterreich kann mit Partnerin Romy Kermer Olympia-Silber`76 erkämpfen.

– 1988 macht ein Güstrower im Biathlon Furore: Frank-Peter Roetsch wird in Calgary zweifacher Olympiasieger.

– Sensation in Albertville 1992: Die gebürtige Wismaranerin Jacqueline Börner erringt auf der 1500 m-Distanz im Schnelllauf Gold !

– Torsten Voss, ehemals SC Traktor Schwerin und Weltmeister 1987 sowie Olympia-Zweiter 1988 im Zehnkampf, gewinnt als Anschieber des Czudaj-Bobs 1995 bzw. des Hoppe-Bobs 1996 jeweils WM-Bronze und auf dem Vierer-Bob von Dirk Wiese die Vize-Weltmeisterschaft 1997 !

– Zwischen 1998 und 2006 überzeugen, unter anderem, die Rostocker Short Tracker um Arian Nachbar, Aika Klein und Andre Hartwig, betreut von Trainerin Karin Schmidt, auf WM-, EM- und Olympia-Strecken.

– Das Eiskunstlauf-Paar Robin Szolkowy/Aljona Sawtschenko sorgte Anfang 2007 für großartige Vorstellungen. Der gebürtige Greifswalder Szolkowy gewann mit seiner Partnerin EM-Gold und WM-Gold 2008.

Ein Leichtathlet aus M-V sorgte vor mehr als 14 Jahren für viel wintersportlichen Wirbel: Ulf Hielscher, am 30.11.1967 geboren und für den SC Neubrandenburg über die 110 Meter-Hürden mit passablen regionalen Erfolgen startend, wechselte zu den Bobfahrern. Als Anschieber gewann er im Hoppe-Bob bei den Olympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer die Bronzemedaille; 1995 wird er gar Weltmeister ! / Marko Michels

Fotos: M.M. (3), DKB (2) / Foto zu Frau Karin Schmidt (links oben, Aufnahme: Detlef Nuelken)