Asylverfahren verkürzen – Bleiberecht nach fünf Jahren

Anlässlich des Verfahrens von Imam-Jonas Dögüs vor dem Verwaltungsgericht Schwerin fordert der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern die Kürzung von Asylverfahren.

In diesem speziellen Fall dauerte das Verfahren elf Jahre. Das sei nach Erfahrungen des Flüchtlingsrates keine Seltenheit.

Dabei sind die Lebensbedingungen der Flüchtlinge während des Asylverfahrens in Deutschland nach Ansicht des Flüchtlingsrates nicht mit den Menschenrechten vereinbar. Asylbewerber und Asylbewerberinnen haben einen besonderen Status in Deutschland. Die sogenannte Residenzpflicht zwingt sie zum Aufenthalt in festgelegten Grenzen. Sie dürfen den Landkreis oder die Stadt nicht verlassen. Das ist einzigartig in Europa. Im ersten Jahr ihres Aufenthalts ist den Flüchtlingen das Arbeiten verboten. Danach gibt es eine Arbeitserlaubnis nur im Ermessen und nach so genannter Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit. Das bedeutet, dass geprüft wird, ob ein Deutscher oder eine Deutsche den Arbeitsplatz übernehmen könnte. Da sich dieses Prüfungsverfahren auch bis zu mehreren Wochen und Monaten hinziehen kann, ist der angebotene Arbeitsplatz in der Regel bereits vergeben, wenn endlich die Erlaubnis kommt, ihn anzunehmen. Das komme einem Arbeitsverbot gleich. Flüchtlinge im Asylverfahren haben zudem kein Recht auf Teilnahme an Deutschkursen.

„Lange Asylverfahren führen immer zu Problemen. Während dieser Verfahren werden die Menschen hier heimisch, bekommen Kinder, die hier aufwachsen und zur Schule gehen“, sagt Ulrike Seemann-Katz, die Vorsitzende des Flüchtlingsrates. „Kinder dieser Flüchtlinge können beispielsweise mit diesem Status der Aufenthaltsgestattung zwar Abitur machen, aber wegen der Residenzpflicht nicht studieren, sie bekommen kein BAföG. Sie können anderseits als Studierende wiederum keine Sozialleistungen beziehen. Das kommt einem Studienverbot gleich – selbst bei einem Einser-Abitur. Diese Bedingungen – Residenzpflicht, Arbeitsverbot, anfangs 40 Euro Taschengeld im Monat, später abgesenkte Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 220 Euro im Monat – machen ein menschenwürdiges Leben in Deutschland praktisch unmöglich.“ so Seemann-Katz weiter.

Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V. fordert daher, die Verfahren so kurz wie möglich durchzuführen. Sei es der Bundesrepublik Deutschland nach fünf Jahren nicht gelungen, ein Asylverfahren zu beenden, müsse ein großzügiges Bleiberecht geschaffen werden.

Im konkreten Fall von Imam-Jonas Dögüs findet heute, am 23. 08. 2010, nach elf Jahren vor dem Verwaltungsgericht in Schwerin die abschließende Verhandlung statt. Herr Dögüs war mehrere Jahre im Vorstand des Flüchtlingsrates. Dieser hat zur Unterstützung des Herrn Dögüs eine Kundgebung vor dem Verwaltungsgericht angemeldet.

Hintergrund:
Der Rostocker Asylbewerber Imam-Jonas Dögüs flieht vor elf Jahren aus der Türkei. Dort drohen ihm 15 Jahre Haft wegen seiner politischen Aktivitäten. Vor seiner Flucht wird er mehrmals inhaftiert und gefoltert. Er flieht nach Griechenland. Da wird sein Antrag nicht bearbeitet und er soll zurück in die Türkei. Imam-Jonas ergreift zum nächsten Mal die Flucht und landet in Deutschland. Sein Asylantrag wird auf Grund der Drittstaatenregelung abgelehnt, nun droht ihm die Rückschiebung nach Griechenland. Die Gefahr von Griechenland zurück in die Türkei abgeschoben zu werden ist für Dögüs zu groß, so taucht er unter und bekommt ein Kirchenasyl in Rostock. Erst nach sieben Jahren entscheidet die zuständige Behörde über seinen Antrag und lehnt ihn erneut ab. Imam-Jonas Dögüs ist mit der Ablehnung nicht einverstanden und legt einen Widerspruch ein. Über den Widerspruch wird heute vor dem Landesverwaltungsgericht entschieden.