Alles Gold dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde!

Deutsche Vielseitigkeitsreiter in London mit doppeltem Olympia-Gold


Michael Jung auf „Sam“, Ingrid Klimke auf „Butts Abraxxas“, Sandra Auffarth auf „Opgun Louvo“, Dirk Schrade auf „King Artus“ und Peter Thomsen auf „Barny“ – das sind die Namen der ersten deutschen Olympiasiegerinnen und Olympiasieger in London 2012.

Das Team der deutschen Vielseitigkeits-Reiterinnen und Reiter gewann dabei vor Großbritannien und Neuseeland.

In der Einzelwertung gab es dann noch die pferdesportliche „Krönung“ aus deutscher Sicht: Michael Jung auf „Sam“ siegte vor der Schwedin Sara Algotsson-Ostholt auf „Wega“ und Sandra Auffarth auf „Opgun Louvo“.

Das Vielseitigkeitsreiten, früher Military genannt, ist seit nunmehr einhundert Jahren eine olympische Reitsport-Disziplin. Seit den Spielen 1912 in Stockholm ist diese im Programm der Spiele und deutsche Reiterinnen sowie Reiter konnten in dieser anspruchsvollen Pferdesport-Disziplin in der olympischen Vergangenheit regelmäßig große Erfolge feiern.

Insgesamt gab es in der olympischen Historie im Vielseitigkeitsreiten jeweils 24 Entscheidungen in der Einzel- und in der Team-Wertung. Zehn Länder eroberten dabei Goldmedaillen: Schweden und Deutschland – jeweils 7 x / Australien und die USA – jeweils 6 x / die Niederlande und Großbritannien – jeweils 5 x / Frankreich, Italien und Neuseeland – jeweils 3 x / die Sowjetunion – 1 x.

Die ersten deutschen Olympia-Medaillen im Vielseitigkeitsreiten gab es gleich 1912 bei der Premiere: durch Friedrich von Rochow auf „Idealist“ mit Silber im Einzel hinter dem Schweden Alexander Nordlander auf „Lady Artist“. Für die deutsche Mannschaft wurde es ebenfalls Silber hinter Schweden.

Die ersten olympischen Goldmedaillen erkämpften die deutschen Vielseitigkeitsreiter dann 1936 in Berlin – dank eines gebürtigen Mecklenburgers.

Ludwig Stubbendorff, 1906 im mecklenburgischen Turloff/Dabel geboren, siegte auf „Nurmi“ vor dem Amerikaner Earl Foster Thomson und dem Dänen Hans Lunding. Auch die deutsche Mannschaft erkämpfte Gold vor Polen und Großbritannien.

Olympisches Team-Gold im Vielseitigkeitsreiten gab es für Deutschland dann noch 1988 und zuletzt 2008 in Peking.

Wieder sorgte, vor vier Jahren, ein Norddeutscher für Furore: Hinrich Romeike, 1963 in Hamburg geboren, errang sowohl im Einzel auch als mit dem Team 2008 Olympia-Gold.

Und nun setzte in London 2012 Michael Jung, der 1982 in Bad Soden am Taunus geboren wurde, diese Erfolgsgeschichte fort.

Nachgefragt bei Hans-Joachim Begall, Geschäftsführer des Pferdesportverbandes MV

„Michael Jung ist ein cooler Typ!“

Frage: Die ersten olympischen Entscheidungen im Pferdesport, im Vielseitigkeitsreiten, sind schon wieder Geschichte. Wie lautet Ihr Resümee?

Hans-Joachim Begall: Eine tolle Leistung unserer Busch-Reiter – sowohl in der Dressur, im Gelände als auch im Springen.

Frage: Wie bewerten Sie das Abschneiden der einzelnen Nationen?

Hans-Joachim Begall: Die britischen Gastgeber waren auch sehr stark, hatten sich wahrscheinlich Gold ausgerechnet. Vielleicht war der Druck für diese zu groß … Die Deutschen waren dagegen homogener in ihren Leistungen. Schade, dass die Schweden nur Vierter wurden. Auch sie hätten eine Team-Medaille verdient. So ging Bronze nach Neuseeland. Von den Australiern hatte ich mehr erwartet.

Frage: Was zeichnet Doppel-Olympiasieger Michael Jung aus Ihrer Sicht aus?

Hans-Joachim Begall: Der Michael Jung ist ein cooler Typ. Ich hatte ihn vor zwei Jahren live bei den Weltmeisterschaften in Kentucky erlebt und mich auch schon mehrmals mit ihm persönlich unterhalten. Nach WM- und EM-Titel nun auch Olympiasieger – das ist der Gipfel! Dazu noch an seinem 30. Geburtstag Doppelgold – ein besseres Geschenk gibt es nicht! Michael kann auch mit jungen Pferden gut umgehen und hat in diesem Jahr nach den vielen internationalen Siegen sich selbst gekrönt.

Vielen Dank und weiterhin bestes Schaffen für den Pferdesport in MV!

… Exkurs: M-V mit guter pferdesportlicher Tradition

Der erste Olympiasieger der Neuzeit für die heutige Region Mecklenburg und Vorpommern ist Carl-Friedrich von Langen, der in Klein Belitz bei Rostock 1887 geboren wurde, in Parow bei Stralsund lebte und auf „Draufgänger“ bei den olympischen Konkurrenzen (Einzel/Mannschaft) zweimal Gold erkämpfte. Dann folgte – reitsportlich-olympisch betrachtet – der bereits erwähnte Ludwig Stubbendorf 1936 im Vielseitigkeitsreiten.

Aber MV hatte in der Olympia-Historie nicht nur mit Carl-Friedrich von Langen und mit Ludwig Stubbendorff zwei exzellente Reitsportler, sondern auch weitere Reiter mit olympischen Ehren. Der 1938 in Röbel geborene Horst Köhler wurde 1968 Olympia-Fünfter im Einzel und Olympia-Vierter mit der DDR-Dressur-Equipe. In München 1972 konnte er mit dem DDR-Dressur-Team dann Rang fünf belegen. Unter anderem war er auch Vize-Europameister 1969 und WM-Dritter 1970 mit dem DDR-Team.

Aus Willershausen/Grimmen stammt Rudolf Beerbohm, Jahrgang 1941, der z.B. 1972 in München in der Military mit seinem Pferd „Ingolf“ Elfter im Einzel und Fünfter mit dem DDR-Team wurde. Ein weiterer Olympia-Reitsportler aus M-V ist Gerhard Brockmüller aus Darchau, der folgende Resultate bei Olympischen Spielen vorweisen kann: in Mexico-City 1968 / Dressur-Einzel (12.), Dressur-Team mit der DDR (4.) // in München 1972 / Dressur-Einzel (13.), Dressur-Team mit der DDR (Besetzung: mit Gerhard Brockmöller, Wolfgang Müller und dem in Röbel geborenen Horst Köhler/5.).

Übrigens: Der vor 80 Jahren, 1931, zwar nicht in M-V, aber in Hartendorf geborene Gerhard Schulz konnte mit dem gesamtdeutschen Team in der Military 1964 Bronze erkämpfen.

Marko Michels